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Rundschau-Debatte des TagesWie sieht die Zukunft der Pflegeversicherung aus?

3 min
Höhere Beiträge für die Pflegeversicherung waren bislang die Reaktion auf steigende Kosten in der Pflege. Damit die Spirale sich nicht immer weiter dreht, plant die Bundesregierung eine Reform. Können die Maßnahmen die drohenden Lücken stopfen?

Höhere Beiträge für die Pflegeversicherung waren bislang die Reaktion auf steigende Kosten in der Pflege. Damit die Spirale sich nicht immer weiter dreht, plant die Bundesregierung eine Reform. Können die Maßnahmen die drohenden Lücken stopfen?

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt immer weiter an. Auch in Zukunft wird der Bedarf kaum schrumpfen. Bund und Länder arbeiten deshalb an Reformplänen gegen die drohenden Milliardenlücken.

Die gesetzliche Pflegeversicherung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: immer mehr Pflegebedürftige, zu wenig Pflegekräfte und Milliardendefizite. Die schwarz-rote Bundesregierung plant deshalb „eine große Pflegereform“. Die Grundlage dafür soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe schaffen. Ein Überblick zur Pflegeversicherung und den Problemen:

Wie funktioniert die Pflegeversicherung in Deutschland?

Die Pflegeversicherung gehört wie die Kranken- und die Rentenversicherung zur Sozialversicherung. Dabei gilt eine Versicherungspflicht: Gesetzlich Versicherte sind automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert, privat Versicherte müssen eine private Pflegeversicherung abschließen. Arbeitgeber und Arbeitnehmern zahlen paritätisch Beiträge in die gesetzliche Pflegeversicherung ein: Dies sind bundesweit - bis auf Sachsen - jeweils 1,8 Prozent des Bruttolohns. Für Kinderlose gibt es noch einen Zuschlag von 0,6 Prozent, den nur die Arbeitnehmer zahlen.

Von der Versicherung bekommen Pflegebedürftige dann Leistungen bezahlt, die unter anderem vom Pflegegrad und der Art der Pflege abhängen. Die soziale Pflegeversicherung ist dabei explizit als Teilversicherung angelegt: Sie übernimmt nur einen Teil der Kosten zum Beispiel für die Unterbringung in einem Pflegeheim. Den Rest, die sogenannten Eigenanteile, müssen die Betroffenen oder deren Angehörige selbst bezahlen.

Welche Probleme gibt es konkret bei der Pflegeversicherung?

Dem Medizinischen Dienst des Bundes zufolge erhielten Ende 2024 rund 5,6 Millionen Menschen Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung. Die Zahl der Pflegebedürftigen hat sich damit in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Und der Anstieg dürfte noch weitergehen: Schätzungen des Statistischen Bundesamts gehen von bis zu 7,6 Millionen Pflegebedürftigen im Jahr 2055 aus.

Dafür verantwortlich sind sowohl die demografische Entwicklung als auch – nach einer Reform im Jahr 2017 – eine breitere Erfassung von Pflegebedürftigen. Die Folge sind enorm gestiegene Ausgaben der gesetzlichen Pflegeversicherung: Diese kletterten von rund 24 Milliarden Euro 2013 auf mehr als 59 Milliarden 2023.

Die Einnahmen können dem nicht folgen, sodass die Pflegeversicherung bereit mehrfach hohe Defizite verzeichnete. Im vergangenen Jahr lag dieses bei 1,65 Milliarden Euro. 2026 könnte es laut Bundesrechnungshof bereits bei 3,5 Milliarden Euro liegen, 2029 bei 12,3 Milliarden Euro. Zum ersten Januar stieg deshalb bereits der Pflege-Beitragssatz um 0,2 Prozentpunkte.

Immer mehr Bedürftige und gleichzeitig zu wenig Pflegekräfte: Bis 2034 könnten bis zu 500.000 Pflegerinnen und Pfleger fehlen, warnte schon der Deutsche Pflegerat. Zugleich stieg in den letzten Jahren die Bezahlung der Pflegekräfte. Unter anderem dies hat die Eigenanteile kräftig steigen lassen, die Betroffene oder deren Angehörige für die Unterbringung im Pflegeheim bezahlen müssen - auf teilweise bis zu 3000 Euro monatlich.

Was genau plant die Koalition, um die Probleme zu beheben?

Der Bund will die gesetzliche Pflegeversicherung kurzfristig mit Milliardendarlehen stabilisieren: 2025 mit 0,5 Milliarden Euro und 2026 mit 1,5 Milliarden Euro. Dadurch sollen Beitragserhöhungen verhindert werden. Trotz dieser Finanzspritzen werden aber Lücken in Milliardenhöhe erwartet. Die Darlehen seien deshalb nur Nothilfen, betonte Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bereits. Langfristig brauche es Strukturreformen. Als „eine Brücke“ zu langfristigen Lösungen sieht auch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) die Darlehen. Union und SPD wollen laut Koalitionsvertrag „eine große Pflegereform“ angehen. Die Grundlagen dafür soll die Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit dem Titel „Zukunftspakt Pflege“ erarbeiten. Ein entsprechendes Gesetz soll nach dem Jahreswechsel kommen. (afp)