Ein AfD-Verbot birgt gesellschaftliche Risiken; Demokratie und Rechtstaatlichkeit müssen bei all dem gewahrt bleiben.
Zum Umgang mit der AfDMit fragwürdigen Schnellschüssen gewinnt man nichts

Fähnchen mit dem Logo der AfD liegen auf einem Tisch.
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Die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Partei schlägt Wellen. Nicht nur, dass die Debatte um ein Verbot neu entflammt ist. Auch Forderungen nach Konsequenzen für die Förderung der AfD durch die staatliche Parteienfinanzierung werden laut. Und einige Bundesländer liebäugeln gar damit, Parteimitglieder im Staatsdienst zu überprüfen und gegebenenfalls zu entfernen. Klingt vor allem Letzteres nicht ein wenig nach Gesinnungsprüfung und „Hexenjagd“?
Mag sein, dass man die AfD zu lange hat gewähren lassen, dass man den Rechtsschwenk in Teilen der Partei unterschätzt hat. Mit fragwürdigen Schnellschüssen wird man der Entwicklung aber sicher nicht Herr.
Über die Frage der Verfassungswidrigkeit sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung entscheidet laut Artikel 21 Grundgesetz allein das Bundesverfassungsgericht; entsprechende Anträge könnten Bundestag, Bundesrat oder die Bundesregierung in die Wege leiten.
Die AfD will dem vorbeugen. Sie hat Klage gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz und dessen Bewertung der Partei eingereicht und nutzt damit die Möglichkeiten des freiheitlich-liberalen Rechtssystems, das so manchem ihrer Funktionäre und Mitglieder doch ein Dorn im Auge ist. Das ist ihr gutes Recht. Der Verbotsdebatte entgehen wird sie dadurch nicht.
Eine Partei zu verbieten, die von rund zehn Millionen Menschen in die Rolle der stärksten Oppositionspartei gewählt wurde, könnte erhebliche Verwerfungen in der Gesellschaft nach sich ziehen. Drohte nicht ein bedeutender Teil der Bürger – ähnlich wie bei der Corona-Pandemie – den Glauben an das System zu verlieren? Ein solches Verfahren einzuleiten sollte also gut überlegt sein; es wäre nicht ohne Risiko.
Gelänge es nicht, der AfD nachzuweisen, dass sie aggressiv verfassungsfeindlich ist und kämpferisch daran arbeitetet, Rechtsstaat und Demokratie abzuschaffen, ginge der Schuss wohl nach hinten los.
Ansichten als rechtsextrem einzustufen ist etwas völlig anderes, als die Verfassungsfeindlichkeit juristisch wasserfest festzustellen. Das Wählerpotenzial der AfD wäre damit ohnehin nicht verschwunden; extreme Ansichten gibt es inzwischen leider bis in die bürgerliche Mitte hinein. Gesinnung aber lässt sich nicht verbieten. So bleibt es die vorrangige Aufgabe der neuen schwarz-roten Bundesregierung, jene Anlässe zu beseitigen, die Menschen sich von den Parteien der Mitte abwenden lässt.