Vor 1700 Jahren wurde in Nicäa um den Glauben gerungen – auf Marktplätzen wie in Konzilssälen. Was damals entstand, verbindet Christen bis heute.
Wort zum SonntagEin Glaubensbekenntnis, das bis heute verbindet

Jesus von Boticelli
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Bevor Papst Leo XIV. kürzlich den Libanon besuchte, reiste er unter anderem ins heutige türkische Iznik, um am ökumenischen Treffen anlässlich des 1700. Jubiläums des Konzils von Nicäa teilzunehmen. Im Jahr 325 hatte Kaiser Konstantin I. eine große Versammlung einberufen. Er erkannte in dem sich ausbreitenden Christentum einen Stabilitätsfaktor des römischen Reiches, vorausgesetzt, die kirchliche Einheit konnte (wieder-) hergestellt werden. Denn es wurde heftig gestritten. Mehrere Konzilien behandelten die Frage, wie der eine Gott in drei Personen (Vater, Sohn und Heiliger Geist) zu verstehen sei. Daraus entwickelte sich ein Bekenntnistext, das Nizäno-Konstantinopolitanische Credo. Wie schon sein Name andeutet, kommt es sehr kompliziert daher.
Doch ich kann es auch als verschriftetes Ringen um den Glauben der Kirche betrachten. Faszinierend finde ich, dass damals Glaubensfragen nicht nur unter Gelehrten und Bischöfen verhandelt, sondern von Gläubigen auf den Marktplätzen heftig diskutiert wurden! Übrigens soll sich ein gewisser Bischof Nikolaus von Myra in Nicäa vehement für das Credo ins Zeug gelegt haben. Der Text gilt heute als wichtige ökumenische Basis. Während eines Treffens mit evangelischen, katholischen und orthodoxen Seelsorgenden konnten wir alle das Glaubensbekenntnis miteinander sprechen; einzelne Abweichungen zeigten ehrlich auf, dass wir die Einheit noch nicht erreicht haben.
Das Entscheidende: Dieses so theologisch ausgefeilte Glaubensbekenntnis bleibt angesichts des unbegreiflich-wunderbaren Geheimnisses, das wir Gott nennen, dann doch nur ein menschliches Gestottere… Und gerade deshalb ist es mir sehr sympathisch.
