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ArachnophobieAngst vor Spinnen ist „verlernbar“

Lesezeit 3 Minuten

Jetzt im Herbst sind sie einfach überall, im Wald, im Garten, im Park, im Hausflur, im Keller und vielleicht sogar schon in der guten Stube. Es gibt Menschen, die an dieser Stelle schon eine Gänsehaut bekommen - allein beim Lesen des Wortes Spinne. Wer unter Spinnenangst (Arachnophobie) leidet, ist Arachnophobiker - und denen ist es unmöglich, die kleinen Achtbeiner, die es sich mit ihrem Netz im Haus gemütlich gemacht haben, kurzerhand wieder an die frische Luft zu setzen.

Vielmehr bekommen sie Panikattacken, Schweißausbrüche, Übelkeit, Schwindelgefühle, Herzrasen und vieles andere mehr. Da helfen auch keine gut gemeinten Ratschläge wie „Das Tierchen hat mehr Angst vor dir als du vor ihm“ oder „Die tun doch nichts“.

Biss eines Dornfingers

Logisch, dass so die Lebensqualität erheblich leidet. Rein rational betrachtet, gibt es überhaupt gar keinen Grund, sich vor Spinnen zu fürchten, denn hierzulande kommen gar keine gefährlichen Arten vor. Das schmerzhafteste, was uns hierzulande passieren kann, ist der Biss eines Dornfingers (Cheiracanthium punctorium), der in etwa einem Bienenstich ähnelt. Diese Tiere leben aber in der freien Natur, wie Wiesen und Uferregionen, nicht aber im feuchten Keller oder auf dem dunklen Dachboden und schon gar nicht unter der warmen Bettdecke. Aber woher kommt dann die überzogene Angst vor den Spinnentieren?

Wissenschaftler haben lange gerätselt, ob die Spinnenangst vielleicht schon in unseren Genen angelegt ist oder ob manche Menschen sich einfach nur schütteln und "pfui Spinne!" sagen, weil die Achtbeiner einfach überhaupt nicht niedlich sind und auch über keinerlei Mimik verfügen, die uns ihre Absichten kundtun könnte. So unterschiedlich die einzelnen Erklärungsmodelle auch sind, so haben sich gerade bei der Arachnophobie einige ganz konkrete Therapiemöglichkeiten gut bewährt. Verhaltensforscher sind nämlich der Überzeugung, dass die Spinnenangst erlernt wird, meist schon im Kindesalter. Wenn kleine Kinder beobachten, wie Mama oder Opa sich vor den flinken Achtbeinern ängstigt, dann übernehmen sie dieses Verhalten ungefragt.

Der Angst begegnen und sie bewältigen

"Lernen am Modell" nennen Psychologen das dann. Interessanterweise kann dieses erlernte Verhalten unter Anleitung eines Psychologen auch wieder verlernt werden. Nach einführenden Gesprächen erlernt der Arachnophobiker in einem ersten Schritt in der Regel professionelle Möglichkeiten, seiner Angst zu begegnen und sie zu bewältigen, wie etwa spezielle Entspannungstechniken. Später dann, in einem weiteren Schritt, setzt das ein, was Psychologen "systematische Desensibilisierung" nennen, also eine Art Konfrontationstraining. Schritt für Schritt wird der Phobiker so mit den Angst machenden Objekten, hier also den Spinnen, unter Anleitung des Psychologen konfrontiert. Zuerst sind es meist nur Bilder von Spinnen, später dann schaut man sich gemeinsam bei einem Zoobesuch eventuell schon einmal lebende Spinnen an, bis dann am Schluss der Therapie vielleicht sogar eine Berührung der Tiere stehen kann. So eine Therapie braucht Zeit.

Schneller ist da in der Regel eine andere Therapieform, die aber vielleicht nicht jedermanns Sache ist, obwohl auch hier die Resultate ebenfalls ordentlich sind: das sogenannte Flooding, die Reizüberflutung. Der Arachnophobiker wird dabei mit den angstmachenden Reizen geradezu überflutet. Er wird also nicht langsam und schrittweise an die Spinnen gewöhnt wie beim systematischen Desensibilisieren, sondern ganz im Gegenteil schnell und mannigfaltig - das hört sich ein bisschen nach "Dschungelcamp" an, hat aber Erfolge. Gesprächstherapien können ebenfalls gute Ergebnisse hervorbringen und werden so auch oft mit anderen Therapieformen kombiniert. Aber nicht jeder, der sich beim Anblick einer Spinne schüttelt oder sie nicht zum Kuscheln mit ins Bett nehmen möchte, leidet auch unter einer echten Arachnophobie. Spinnen muss man nicht mögen.