„Ohne Gummilippe geht es nicht“Tipps vom Profi zum richtigen Fensterputzen

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Großflächige Scheiben an Bürogebäuden werden häufig von Profis gereinigt. Auch zu Hause können diese für Durchblick sorgen.

Großflächige Scheiben an Bürogebäuden werden häufig von Profis gereinigt. Auch zu Hause können diese für Durchblick sorgen.

Köln – Über die richtige Technik beim Fensterputzen und das dazugehörige Material sprach Christina Rinkl mit dem Reinigungsprofi Joachim Hasler aus Köln Bickendorf, der seit 25 Jahren Scheiben  zum Glänzen bringt.

Herr Hasler, was sind die häufigsten Fehler beim Fensterputzen?

Viele nehmen das falsche Putzmaterial, die falschen Schwämme. Topfschwämme zum Beispiel fügen den Fenstern Kratzer zu, die dann nie wieder rausgehen. Ich rate immer dazu, mit einem Abzieher zu arbeiten. Das ist das einzige Instrument, das wirklich schlierenfrei reinigt. Ohne Gummilippe geht es nicht, weil sie am Glas viel dichter aufliegt als ein Lappen.

Das finden aber viele in der Handhabung schwierig.

Klar, am Anfang macht man Schlieren, das passiert jedem. Aber die lassen sich dann ja nachwischen. Ohne die Gummilippe zu arbeiten, ist meiner Meinung nach sinnlos.

Was ist das ideale Wetter zum Fensterputzen?

Es sollte sonnig sein, aber nicht zu sonnig. Wenn die Sonne zu stark scheint, verdunstet das Wasser auf den Scheiben zu schnell, dann entstehen Flecken. Und bei bewölktem Himmel bleiben Schlieren manchmal unsichtbar auf den Scheiben zurück. Wenn dann tags darauf die Sonne scheint, staunt man, wo man die Schlieren dann doch übersehen hat. Daher sollte die Sonne beim Fensterputzen optimalerweise ein wenig scheinen.

Und im Winter?

Nicht ideal. Bei kalten Temperaturen klebt alles an den Scheiben. Deswegen nehme ich zum Putzen immer warmes Wasser, so 40 bis 50 Grad sollte das schon haben.

Was halten Sie von Hausmitteln für die Fenster?

Sie meinen Salmiak, Alkohol und Essig? Muss man nicht nehmen. Ich persönlich nehme ein spezielles Fensterreinigungsmittel, das ist bio. Wichtig ist, dass das Mittel nicht zu sehr schäumt. Schaum stört bei der Arbeit, der ist oft schwierig weg zu kriegen. Ein Universalreiniger aus dem Drogeriemarkt tut es auch, oder ein wenig Spüli im Wasser.

Welche Schwämme sind denn gut geeignet?

Es gibt spezielle Padschwämme aus der Drogerie mit einer rauen Seite, die sind gut. Wichtig ist, dass drauf steht: Für Glas geeignet. Die sind meist weiß oder blau. Diese Schwämme sind ideal, um die Scheiben erst einmal vom groben Dreck zu befreien. Vogelrückstände zum Beispiel bekommt man mit einem normalen Lappen gar nicht weg.

Was halten Sie von Zeitungspapier zum Fensterputzen?

Das kann man vergessen. Früher war noch Blei in der Druckerschwärze, das soll damals für Glanz gesorgt haben. Mit den Haushalts-Papiertüchern zu putzen klappt viel besser. Mikrofasertücher sind die erste Wahl, und wirklich zu empfehlen weil sie nicht fusseln. Am besten ist es, sich vor der Arbeit mehrere davon zurecht zu legen und in Stufen zu arbeiten.

Wie meinen Sie das, in Stufen?

Sie nehmen ein Tuch, um erstmal nur den Schmutz runter zu ziehen. Mit dem zweiten Tuch bearbeiten Sie die Ecken, nachdem Sie mit dem Abzieher gearbeitet haben. Und das dritte Tuch kommt nur zum Polieren am Schluss zum Einsatz. Dieses Tuch kommt im Idealfall nie mit Wasser in Kontakt und wird auch nicht in der Waschmaschine gewaschen. Denn auch Mikrofasertücher leiden sonst irgendwann. So bekommt man die Scheiben streifenfrei sauber.

Dann brauche ich den Abzieher also doch nicht unbedingt?

Doch, den brauchen Sie. Denn nur mit der Gummilippe kann ich rückstandslos alles abziehen. Beim Putzen mit dem Tuch entstehen immer Wischbewegungen und die kann man sehen.

Was ist die beste Technik, wenn ich also profimäßg mit dem Abzieher arbeite?

Anfänger sollten nicht schwingen, sondern immer nur konsequent von links nach rechts wischen. Oder von oben nach unten bei bodentiefen Scheiben. Erst der Profi beherrscht das Schwingen. Als Anfänger ist man einfach nicht locker genug im Handgelenk. Enorm hilfreich ist es für Anfänger, die Gummilippe des Abziehers nach jedem einzelnen Zug mit einem Lappen wieder trocken nach zu wischen. Wenn sie zu nass ist, zieht sie sonst Wasserstreifen hinter sich her.

Was ist das eigentlich alles genau für ein Dreck auf unseren Fenstern?

Viel kommt von den Autoabgasen. Bei meiner Arbeit ist mir aufgefallen, dass die Fenster in der Innenstadt viel stärker verschmutzt sind als die auf dem Land oder in den äußeren Stadtteilen. Wenn man außerhalb wohnt, reicht es meist, wenn man zwei bis dreimal im Jahr die Fenster putzt. In der City ist sechsmal putzen ganz normal.

Wie putzt man am besten die Rahmen?

Die Rahmen werden immer zuerst geputzt, sonst kann sich der Dreck schnell wieder auf den sauberen Scheiben absetzen. Das geht gut mit dem Padschwamm aus der Drogerie. Mit seiner Reibefläche ist er ideal dafür, kratzt aber nicht an den Fenstern. Insektendreck und Fingertapsen gehen damit gut weg. Wer möchte, kann einen Kunststoffreiniger für die Rahmen nehmen, muss diesen dann aber überall verwenden, sonst wird das Ergebnis ungleichmäßig.

Wie geht man bei Falzen und Dichtungen vor?

Dafür nehme ich ein Kunstleder. In die kleinen Ecken und Falzen kommt man besonders gut, wenn man das Fensterleder um einen Schraubenzieher wickelt und dann damit arbeitet.

Welche Tipps haben Sie sonst noch auf Lager?

Einen Ceranfeldschaber kann man auch gut gegen Fensterflecken einsetzen. Er ist so konzipiert, dass er nicht auf Glas kratzt. Trotzdem muss man damit vorsichtig arbeiten. Wenn einmal Kratzer in der Scheibe sind, kann man nichts mehr dagegen machen. Diese werden übrigens oft erst nach dem Putzen sichtbar. Noch ein Tipp: Fensterputzen ist eine heilsame und Energie ausgleichende Tätigkeit – mental und körperlich. Für Rücken- und Hüftleiden ein ausgezeichneter Ausgleich. So bin ich damals Berufsumsteiger geworden. Von Rückenschmerzen am Arbeitsplatz geplagt, bin ich durchs Fensterputzen gesund und fit geworden.

Auf Ihrer Webseite steht: „Die Frau von heute managt so viel, und so viel besser als ein Mann, aber eine Frau, die gerne Fenster putzt, habe ich noch nicht gesehen.“ Wie kommt das?

Ich muss den Spruch heute ein wenig korrigieren. Er ist schon 20 Jahre alt. Inzwischen kenne ich tatsächlich ein paar Frauen, die gerne Fenster putzen, aber es sind in der Tat wenige. Viele machen gerne sauber, aber nicht die Fenster.

Wie kommt das?

Fensterputzen ist eine anstrengende Tätigkeit. Beim Staubwischen kann man schummeln, da fällt nicht direkt auf, wenn es nicht gründlich gemacht wurde. Beim Fensterputzen geht das nicht.

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