23 NaturschutzgebieteWie grün und vielfältig unser Köln wirklich ist

Lesezeit 3 Minuten
In der Kiesgrube am Ginsterpfad in Weidenpesch finden seltene Arten Platz.

In der Kiesgrube am Ginsterpfad in Weidenpesch finden seltene Arten Platz.

Köln – Der Weg führt am Zaun eines Gebrauchtwagenhändlers entlang. Zwischen den Bäumen ragt ein Hochspannungsmast auf. Alle 20 Minuten rauscht die S-Bahn vorbei. Und auch der Verkehrslärm der Bundesstraße 506 ist nicht zu überhören. Nein, so stellt man sich nicht gerade ein Naturschutzgebiet vor. Und doch: Wer im Thielenbrucher Wald an der Grenze zwischen Dellbrück und dem Bergisch Gladbacher Stadtteil Paffrath spazieren geht, befindet sich in einem der ökologisch wertvollsten Gebiete Kölns. Die 59 Hektar große Fläche ist nicht nur Naturschutzgebiet (NSG), sondern trägt auch das weitaus seltener verliehene „Flora Fauna Habitat“-Siegel (FFH) der Europäischen Union.

Die dortige „Katharinenkammer“ ist das einzige Kalk-Niedermoor in NRW mit einer Vielfalt stark gefährdeter Tier- und Pflanzenarten. Das Breitblättrige Wollgras oder die Armblütige Sumpfbinse, die dort gedeihen, wird der normale Spaziergänger sicher kaum identifizieren können. Aber solche und andere Pflanzen bieten allein zwölf seltenen Libellenarten Lebensraum – und das macht ihren Wert aus.

So grün ist Köln: In der Altrheinschlinge am Worringer Broich

So grün ist Köln: In der Altrheinschlinge am Worringer Broich

Der Wald am östlichen Stadtrand ist typisch für die Naturschutzgebiete Kölns. Nur ein paar Schritte trennen oft die geschützten Areale mit ihrem Artenreichtum von den Nutzflächen der Großstadt. Immerhin: Köln hat 23 solcher Naturschutzgebiete. Sie erstrecken sich über 27 der 405 Quadratkilometer des gesamten Stadtgebietes. „Damit stehen wir eigentlich ganz gut da“, sagt Uwe Bracke von der Unteren Naturschutzbehörde, die für die Ausweisung und Pflege der Gebiete zuständig ist. Zum Vergleich: Düsseldorf hat zwölf solcher Gebiete, Hamburg und Umgebung 36.

Was in Naturschutzgebieten erlaubt ist

Es gibt kein generelles Betretungsverbot, Spaziergänger müssen aber auf den zugelassenen Wegen bleiben. Hunde müssen an der Leine geführt werden. Lärm sollte vermieden werden, um die Tiere nicht zu stören. Wassersport jeglicher Art ist auf den Wasserflächen veboten. Keinen Müll zu hinterlassen, versteht sich eigentlich von selbst. (sts)

Viele, aber nicht alle Naturschutzgebiete finden sich eher am Rande Kölns (siehe Karte). Es gibt aber auch Flächen mitten in der Stadt, etwa den Ginsterpfad im Stadtbezirk Nippes. In der alten Kiesgrube tummeln sich acht Amphibienarten, darunter die unter Schutz gestellte Wechselkröte oder der Kammmolch. Neun Kölner Naturschutzgebiete sind solche ausgekiesten Gruben . Rund um die Stillgewässer hat sich die Natur Lebensraum zurückerobert, Vogelarten wie der Habicht oder der Mäusebussard finden sich etwa am Hornpott in Dünnwald das ganze Jahr über, Fischadler oder Schwarzmilane sind seltenere Gäste. Bei der Pflege setzt die Stadt auf minimalinvasive Methoden: Wasserbüffel und Glanrinder sind als tierische Landschaftspfleger im Einsatz.

Naturschutzgebiete

Neben den Kiesgruben sind vor allem die Rheinauen als größere Gruppe der Kölner Naturschutzgebiete im Landschaftsplan festgeschrieben: In Worringen, Merkenich, Flittard und Langel bieten ihre Auenbereiche ebenfalls gefährdeten Vogelarten ein Domizil. Oft werden sie von Vögeln auf dem Flug in den Süden als Zwischenstopp oder als Überwinterungsbiotop genutzt. In Heidegebieten wie in Dellbrück (das jüngste NSG in Köln) finden sich auch Reptilien wie die Ringelnatter oder die wesentlich seltenere Zauneidechse. Über die Grenzen Kölns hinaus breiten sich Wahner Heide und Königsforst aus. Beide sind so wertvoll, dass sie als FFH-Gebiete eingestuft sind.

Am Hornpott in Dünnwald sorgen Wasserbüffel für minimalinvasive Pflege.

Am Hornpott in Dünnwald sorgen Wasserbüffel für minimalinvasive Pflege.

Die Festschreibung von Naturschutzgebieten sei auch „ein Hebel“, forstwirtschaftliche Eingriffe zu begrenzen, sagt Holger Sticht vom BUND. Für drei neue Areale sind deshalb bereits Anträge auf den Weg gebracht: für den östlichen Dünnwalder Wald, die Schluchter Heide an der Grenze zu Refrath und die Westhovener Aue. Mehr Schutzgebiete seien unbedingt nötig, findet der BUND-Mann. „Es geht darum, dem größten Artensterben, das wir je hatten, etwas entgegenzusetzen“. Dafür bedarf es allerdings mehr politischer Unterstützung. Denn obwohl die Grünen stärkste Fraktion im neuen Rat sind, sieht das Eckpunktepapier, das sie im Bündnis mit CDU und Volt vereinbart haben, gerade mal ein neues Naturschutzgebiet vor.

Rundschau abonnieren