Bevölkerung schrumpft deutlichWarum immer mehr Familien Köln verlassen

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Blick auf Köln und seinen Dom 

Köln – Im vergangenen Jahr ist die Einwohnerzahl Kölns so stark zurückgegangen wie zuletzt in den 1980ern. Das stellt die Stadtverwaltung in einem neuen Bericht zur Bevölkerungsentwicklung fest. Vor allem Jüngere und junge Familien kehren der Stadt verstärkt den Rücken.

Im April hatte das Amt für Stadtentwicklung und Statistik bereits erklärt, dass Ende 2021 exakt 1.079.301 Menschen mit Haupt- und Nebenwohnsitz in Köln gemeldet waren – 8739 Personen weniger als ein Jahr zuvor (minus 0,8 Prozent). Nun hat das Amt die Gründe, warum die Bevölkerung das zweite Jahr in Folge geschrumpft ist, genauer analysiert. Hauptursache ist demnach, dass mehr Menschen aus Köln wegzogen als neu in die Stadt kamen. Die Zahl der Zuzüge sank das dritte Jahr in Folge.

Köln verliert Einwohner ans Umland

Verlegten von 2012 bis 2018 jährlich noch rund 60 000 Menschen ihren Wohnsitz nach Köln, so waren es voriges Jahr nur noch 47205 (minus 934). Dagegen stieg die Zahl der Wegzüge mit 56797 in etwa wieder auf das Vor-Corona-Niveau.

In den Jahren 2014 bis 2019 war Köln stetig gewachsen, mit 1091819 Menschen erreichte die Einwohnerzahl Ende 2019 ihren bisherigen Höchststand. Prognosen sagten voraus, dass 2040 in Köln 1,23 Millionen Menschen leben werden.

Doch voriges Jahr zeigte sich ein anderes Bild. Alle neun Kölner Stadtbezirke verloren Einwohner, am meisten die Innenstadt mit 1852 Personen – ein Minus von 1,4 Prozent (siehe Grafik). Zwar wurden mehr Kinder geboren: Die Geburtenzahl stieg um 406 auf 11 127. Aber das Plus wurde weitgehend durch eine Zunahme der Sterbefälle um 383 auf 10 563 ausgeglichen.

Kölner Bevölkerung ist 2021 kräftig geschrumpft 

Noch immer profitiert Köln stark vom Zuzug junger Menschen, doch dieser Trend hat sich weiter abgeschwächt. In der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen, in der Singles stark vertreten sind, kamen 6461 Menschen mehr in die Stadt als aus ihr wegzogen. Dieser positive Wanderungssaldo fiel fünf Prozent geringer aus als im Jahr 2020.

Auffällig war, dass voriges Jahr weitaus mehr Personen zwischen 30 und 44 Jahren die Stadt verließen als zuzogen. Hier gab es unterm Strich ein Minus von 7578 Einwohnern. Dieser Verlust war 58 Prozent höher als im Vorjahr – ein klares Indiz, dass noch mehr junge Familien aus Köln wegziehen als bisher.

Der Grund dafür sind häufig hohe Mieten und zu kleine Wohnungen. Ein Trend, der sich auch in anderen deutschen Großstädten bemerkbar macht. „Die Familien verlassen mit wehenden Fahnen diese Städte“ – zu diesem Schluss kam ein im Februar vorgestelltes Marktgutachten des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA). Viele Familien fänden in der Stadt keine passende Wohnung, dann bleibe nur der Ausweg, in die Vororte oder aufs Land zu ziehen.

Mehr Zuzüge durch Geflüchtete aus der Ukraine

Diese Erfahrung musste auch die Ex-Kölnerin Nadine T. (44) machen. Mit ihrem Partner wohnte sie glücklich auf 56 Quadratmetern in einer Altbauwohnung in Nippes. Dann kam der Nachwuchs. „Nach der Geburt unseres Sohnes haben wir in Köln eine größere Wohnung gesucht, aber nichts gefunden. Keine Chance“, erzählt Nadine. Jetzt leben die drei auf dem Land in Bergheim-Fliestedten, wo die Mieten günstiger sind.

Neu war 2021 auch, dass erstmals mehr Nichtdeutsche Köln verließen als neu hierherkamen, der Wanderungsverlust betrug 746 Personen. Mehr als ein Drittel (37,8 Prozent) der Zuziehenden waren Menschen ohne deutschen Pass, die meisten von ihnen kamen aus der Türkei (1406), Syrien (1079) und Bulgarien (1060). Die Abwanderung ins Umland verstärkte sich. So zogen 3264 mehr Kölner in den Rhein-Erft-Kreis als von dort in die Stadt. An den Rheinisch-Bergischen Kreis verlor Köln unterm Strich 1665 Einwohner, an den Rhein-Sieg-Kreis 1088.

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Nach den Rückgängen in 2020 und 2021 steigen die Zuzugszahlen laut Stadt derzeit aber wieder. Ein Grund sei, dass von März bis Mai 2022 rund 5700 Menschen aus der Ukraine wegen des Krieges nach Köln kamen.

Die Zahl der Eheschließungen in Köln fiel 2021 auf ein Rekordtief von 5844. 2020 waren es 6268 Trauungen, im Jahr davor 7513 und 2018 exakt 7813.

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