Norbert Fuchs ist seit 36 Jahren Bürgermeister in Mülheim – Bei der Wahl am Sonntag tritt er nicht mehr an.
Nach 36 JahrenMülheims Bürgermeister Norbert Fuchs geht in den Ruhestand

Norbert Fuchs, Bezirksbürgermeister von Köln-Mülheim.
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Der Wiener Platz ist für Norbert Fuchs immer noch etwas Besonderes. Als er vor 41 Jahren zum ersten Mal in die Bezirksvertretung Mülheim gewählt wurde, war der Platz das Thema seines ersten Antrags, den er für die SPD-Fraktion stellen durfte. Damals hatte Fuchs nicht damit gerechnet, wie nachhaltig sich seine lokalpolitische Karriere entwickeln würde. Mit 36 Jahren im Amt ist er der dienstälteste Bezirksbürgermeister der Stadt. Nun geht der 76-Jährige in den politischen Ruhestand.
Vor vier Jahrzehnten hat der Wiener Platz ganz anders ausgesehen: Viel Beton, viel Verkehr und eine oft verschmutzte öffentliche Toilette, zu der Mutter Fuchs dem jungen Norbert auf den Weg gegeben hatte: „Da gehst du mir auf keinen Fall drauf!“ Sein Mandat im Bezirk brachte es mit sich, dass Fuchs im Laufe der Jahre etliche Jury-Sitzungen zur künftigen Gestaltung des Platzes begleitete. In den 1990er-Jahren entstand dann der neu gestaltete Wiener Platz mit dem ebenfalls neu errichteten Bezirksrathaus. Das durfte Norbert Fuchs dann quasi schon als Hausherr einweihen.
1982 zur SPD gekommen
Zur SPD war er 1982 gekommen, weil viele aus seinem Bekanntenkreis dort Mitglied waren. Er arbeitete als Pharmareferent, viele seiner Kolleginnen und Kollegen kamen eher aus der Arbeiterschaft und den Betriebsräten. „Da musste man sich seine Position schon erkämpfen“, erinnert er sich im Gespräch mit der Rundschau. Letztlich habe er in den ersten Jahren der kommunalpolitischen Tätigkeit viel gelernt, was ihm später zugutegekommen sei.
Ihm ging es als Bezirksbürgermeister immer darum, pragmatisch zu handeln. Parteipolitische Grenzen waren für ihn nicht wichtig, es ging stets um die Sache. Das merkte man auch daran, dass der Großteil aller Beschlüsse in der Bezirksvertretung unter seinem Vorsitz einstimmig oder zumindest mit großer Mehrheit gefasst wurden.
Die politischen Konstellationen waren dabei durchaus bunt: Mal war der SPD-Politiker Norbert Fuchs mit seiner Partei in einem Bündnis mit den Grünen, mal mit der CDU. Verhandlungen hätten nie lange gedauert, sagt er: „In einem Fall haben wir noch am Wahlabend mündlich das Bündnis abgesprochen und schon am Tag danach einen entsprechend ausformulierten Vertrag unterschrieben.“
Die Jahrzehnte im Mülheimer Rathaus möchte Norbert Fuchs nicht missen. „Es gibt viele Projekte, die ein wenig in Vergessenheit geraten sind“, meint er. Durch die Anbindung mehrerer Veedel an die S-Bahn oder die Entwicklung des Gebietes an der Schanzenstraße zum angesagten Szeneviertel habe sich in Mülheim viel getan. Der traditionelle Arbeiter-Stadtbezirk Mülheim hat sich in der Ära von Norbert Fuchs tatsächlich vielfältig entwickelt. Industriebetriebe schlossen ihre Tore, es entstanden zuweilen riesige Brachflächen. Die Folgen mussten politisch abgearbeitet werden. Sanierungssatzungen oder Bebauungspläne heißen die formellen Stichworte. Fuchs hat sie mit Leben gefüllt, hat pragmatisch organisiert, dass Politik und Verwaltung zusammenarbeiten, um Investoren anzulocken. „Deshalb bin ich auch heute noch sehr gut in der Wirtschaft vernetzt“, resümiert er.
Manches ging nicht voran
In manchen Bereichen jedoch sei es nicht wirklich vorangegangen, in all den Jahren. Dass die Bergisch Gladbacher Straße immer noch so stark vom Autoverkehr belastet ist, treibt ihn um. Es hatte Ideen gegeben für Entlastungsstraßen oder Tunnel. Getan hat sich wenig. In den letzten Jahren seien auch einige Bauprojekte ins Stocken geraten. Das ehemalige KHD-Gelände hätte gut entwickelt werden können, für Wirtschaft und Wohnen, betont Norbert Fuchs. Aber irgendwie klappt das nicht mehr so zügig wie in früheren Zeiten. Auf dem Böcking-Areal zum Beispiel, wo inzwischen Wohnungen und ein ansehnlicher Park entstanden sind. Es sei ärgerlich, so Fuchs, dass die Verwaltung oft nicht mehr schnell genug arbeite.
Stillstand bei großen Grundstücken regt den sonst so ruhigen Sozialdemokraten genauso auf wie das Stocken kleinerer Projekte. So sei die Neugestaltung des Marktplatzes in Dellbrück seit zehn Jahren beschlossen, es gehe aber einfach nicht voran. Das Exempel zeigt: Mülheim ist nicht nur die Mitte des Stadtbezirks, sondern auch eine Ansammlung vieler Veedel, die zum Teil fast dörflichen Charakter haben. Norbert Fuchs war für all diese Orte zuständig und überall präsent. In seine Amtszeit fiel aber auch der Nagelbomben-Anschlag auf die Keupstraße im Jahr 2004. Oder die bundesweite Diskussion über ein Alkoholverbot für den Wiener Platz. Norbert Fuchs war auch in diesen Fällen stets der unaufgeregte Erklärer, der Vermittler, der Pragmatiker. Ihm ging es darum, auch überregional den Ruf von Mülheim zu retten, sich gegen pauschale Vorverurteilungen im Namen der Bürgerinnen und Bürger zu wehren.
Ein Großteil seiner politischen Arbeit bestand darin, mit Menschen zu sprechen, sich auf Veranstaltungen blicken zu lassen. Zeitlich sei dieses Ehrenamt anspruchsvoll gewesen, erzählt er. Zum Glück hätten seine Frau und seine drei Kinder Verständnis dafür gehabt, und auch sein Arbeitgeber, für den er zuweilen nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch in Österreich und der Schweiz unterwegs war. Sobald er dann wieder im heimischen Mülheim war, widmete er sich wieder ganz überwiegend der Politik.
Viel Unterstützung durch seine Frau
„Meine Frau hat immer mitgemacht, wenn es um Termine ging“, erzählt Norbert Fuchs. Seit 55 Jahren ist er mit ihr zusammen, seit 46 Jahren sind die beiden verheiratet. Ob Karnevalssitzungen oder Krönungsbälle der Schützen – stets war seine Gattin dabei: „Hätte sie irgendwann gesagt, dass ihr das mit mir zu viel wird, hätte ich mit dem politischen Engagement aufgehört.“
Zu seinem Abschied gab es in der Bezirksvertretung Mülheim stehenden Applaus. Mehr als 300 Sitzungen hatte er zu diesem Zeitpunkt schon absolviert, einen Großteil davon als Bürgermeister geleitet. So ganz wird ihn die Kommunalpolitik aber noch nicht loslassen. Er bleibt derzeit noch Vorsitzender der SPD Mülheim, und sollte seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger im Rathaus einen Ratschlag brauchen, steht er gerne zur Verfügung. Darüber hinaus möchte er mehr Zeit haben, um sich um seine erkrankte Frau zu kümmern. Und natürlich weiter mit den Menschen in Mülheim zu sprechen – auch ohne formalen Posten in der Politik.