Widerstand als KunstJugendliche nehmen an Workshops im Kölner Museum teil

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Koop Jugendwerkstatt RJM (1)

Kamil Rachwal und Michelle Vietz leiteten die Teilnehmer ihres Workshops im Linoldruck an.

Chorweiler/Innenstadt – Eigentlich ist die Jugendwerkstatt sehr in Chorweiler verwurzelt. Hier, im Gebäude des Jugendfreizeitwerk e.V. am Athener Ring, nehmen die jugendlichen Teilnehmer an berufsvorbereitenden Maßnahmen teil, in deren Rahmen sie neben dem Besuch einer Berufsschule auch praktischen, werkpädagogischen Unterricht in Holz- und Metallbearbeitung, sowie in Drucktechnik erhalten. Dank einer Kooperation mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum (RJM) finden sich die Teilnehmer der Maßnahme jedoch im Moment regelmäßig an einer ungewöhnlicheren Wirkungsstätte wieder – nämlich im Rahmen der Ausstellung „Resist! Die Kunst des Widerstands“ in den Räumen des Museums am Neumarkt.

Jugendliche drucken Gedanken und Gefühle künstlerisch aus

Dabei hat die Ausstellung eigentlich den Widerstand der Menschen im globalen Süden gegen ihre meist europäischen Besatzer während der fast 500 Jahre währenden Epoche des Kolonialismus zum Thema. Doch Widerstand ist auch für Kölner Jugendliche heutzutage ein Thema, wie Kamil Rachwal zu berichten weiß. „Viele unsere Jugendlichen müssen tagtäglich Kämpfe bestehen, in denen es ganz oft um ihre Selbstwahrnehmung geht – darum, wie sich ihre eigene Sicht auf sich selbst von der der anderen unterscheidet“, sagt er. Rachwal ist Fachbereichsleiter der Druck- und Mediengestaltung und einmal in der Woche mit Teilnehmern der Jugendwerkstatt im Museum vor Ort, um mit Jugendlichen anderer Einrichtungen das Thema Widerstand zu reflektieren. Ihnen steht dort ein eigener „Prozessraum“ zur Verfügung, den sie in Eigenverantwortung gestalten konnten und in dem sie die Möglichkeiten der Drucktechnik nutzen, um Gedanken und Gefühle zum Thema Widerstand kreativ zu gestalten und auszudrücken. „Dieser Raum ist für uns so etwas wie ein Schaufenster der Jugendwerkstatt, mit dem wir uns auch einmal außerhalb von Chorweiler präsentieren können“, sagt Sophia Willms, die Leiterin der Jugendwerkstatt.

Der Kampf für Gleichberechtigung

Dieses Mal ist Rachwal etwa mit Michelle Vietz im Museum vor Ort, um einen Workshop mit einer Gruppe des Interkulturellen Zentrum In-House e.V. aus Kalk durchzuführen. „Womit seid ihr in eurem Alltag nicht einverstanden, wofür wollt ihr kämpfen?“, fragt er.

Aus der überwiegend weiblichen Gruppe heraus wird etwa das Thema Gleichberechtigung genannt. „Das ist ein oft genannter Punkt, ebenso wie Fragen der Sexualität – das Coming-Out ist etwa bei Jugendlichen der LGBTIQ-Community ein großes Thema“, sagt Rachwal. „Auch das sind Fragen der Wahrnehmung, die einen Widerstand erzeugen, dagegen, wie sie von der Gesellschaft gesehen werden.“

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Für das Museum sind die gemeinsamen Projekte mit den Jugendlichen eine große Bereicherung, findet Iris Kaebelmann, Veranstaltungsmanagerin am RJM. „Museen gelten einfach immer noch als Elfenbeintürme, Jugendliche erreichen wir darum kaum“, sagt sie. Die Workshops funktionierten daher nicht nur für die Jugendwerkstatt als Schaufenster, sondern auch für das Museum. „Wir freuen uns natürlich, wenn sie zuhause vom Museum erzählen, vielleicht stolz darauf sind, dass nun ein Bild von ihnen bei uns im Museum hängt, und so eben auch unsere Themen nach Chorweiler bringen.“

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Die im Linoldruck-Workshop entstandenen Bilder bleiben im Museum und zieren die Wände des Projektraums.

Um sich selbst mit einem Bild an der Wand des Prozessraums zu verewigen, müssen diese jedoch erst einmal gedruckt werden. Heute kommt dafür eine Linol-Drucktechnik zum Einsatz, bei der das Motiv zunächst möglichst sauber aus einer Linolplatte geschnitten werden muss. Hier ist Michelle in ihrem Element: Die 16-Jährige leitet ihre Altersgenossen so professionell an, als hätte sie nie etwas anderes getan. Dank ihres Zeichentalents verfolgt sie ein ganz konkretes Berufsziel. „Ich will Tätowiererin werden“, sagt sie. „Auf dem Weg dahin bekomme ich von der Jugendwerkstatt viel Unterstützung.“ Kaeppelmann zum Beispiel hat bei ihrer Wahl keine Bedenken. „Seit ich gesehen habe, wie akkurat sie Linoleum schneiden kann, vertraue ich ihr da voll und ganz“, lacht sie.

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