Inklusion in KölnStadt soll neuen Plan für Kreuzfeld machen

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Kinder mit Plakaten fordern Ausbau der Inklusion.

Lautstark protestierte eine Klasse der Gesamtschule Rodenkirchen vor dem Ausschuss für Schule und Weiterbildung.

Zwei neue Förderschulen für Kinder mit geistigen Einschränkungen möchte die Stadt bauen. Der Verein Mittendrin protestiert. 

Die 5. Klasse der Gesamtschule Rodenkirchen, in die Emilio (Name geändert) geht, steht hinter dem Jungen mit geistigen Einschränkungen. Geschlossen sind die Kinder am Montagnachmittag zum Theo-Burauen-Platz gekommen, um dafür zu demonstrieren, dass die Stadt den Schulweg-Transport ihres Mitschülers übernimmt. Der wohnt weit weg von Rodenkirchen hoch oben im Kölner Norden. Organisiert hat die Demo der Verein Mittendrin, der sich für die Inklusion von Kindern mit Behinderung einsetzt. 

„Wir wollen keine Schonräume in Förderschulen, sonst sind die Kinder den Rest ihres Lebens auf Schonräume angewiesen“, begründet Ute Berger von Mittendrin ihren Einsatz für Inklusion. Emilios Familie sieht das ähnlich und hat sich deshalb gegen eine Förderschule entschieden. Doch eine Teilbewilligung für die Beförderung in die Gesamtschule stellt Emilios Familie vor ein unlösbares Problem. „Sie sollen in Vorleistung gehen und das Taxi selbst zahlen, was bestimmt 100 Euro am Tag kostet, und am Ende jedes Monats nachweisen, an welchen Tagen der Junge in der Schule war und wann der Vater, der im Schichtdienst arbeitet, bei der Arbeit war“, erläutert Berger. Dann werde geprüft, welche Tage erstattet würden.

Das Problem: Die Familie kann es sich nicht leisten, in Vorkasse zu gehen, und der Aufwand für die Nachweise wäre immens. „Interessanterweise hat der Bruder des Jungen, der die Förderschule Geistige Entwicklung in Vogelsang besucht, vom ersten Schultag an die Beförderung bekommen“, sagt Berger.

Die Frage der Kostenübernahme im Schülerspezialverkehr zum Gemeinsamen Lernen ist dem Verein Mittendrin  ein Dorn im Auge. Er prangert an, dass die Stadt die Kostenübernahme für den Transport in Förderschulen leichter bewillige als den Transport ins Gemeinsame Lernen. Zahlen belegen, dass die Ablehnungsquote beim Gemeinsamen Lernen höher ist. Die Gründe dafür seinen „vielfältig“ hatte die Stadt mitgeteilt. 

Tatsache ist, dass die Kölner Förderschulen Geistige Entwicklung aus den Nähten platzen. Zwei neue Förderschulen möchte die Stadt deshalb bauen, eine im Rechtsrheinischen und eine im geplanten Stadtteil Kreuzfeld. Dort sahen die Pläne der Stadt vor, die Förderschule abseits des Bildungscampus zu isolieren. Mittendrin und Stadt Arbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik legten (wie berichtet) ihr Veto ein - und fanden Gehör in der Politik: In einem gemeinsamen Änderungsantrag an den Schulausschuss setzen sich sämtliche Fraktionen jetzt dafür ein, dass eine neue Förderschule, wenn überhaupt, dann auf dem Bildungscampus entstehen soll.

Isolierte Förderschule in Kreuzfeld vom Tisch

Die Verwaltung soll eine Planung mit und eine ohne Förderschule auf dem Bildungscampus in Kreuzfeld erstellen, heißt es im Antrag. „Bei der Variante mit Förderschule soll keine räumliche Trennung der Förderschule zu den anderen Schulen erfolgen. In allen Varianten sind gemeinsam genutzte Räumlichkeiten zu entwickeln“, fordern die Fraktionen. Damit meinen sie beispielsweise eine Bibliothek, eine Mensa oder Veranstaltungsräume. „Das ist ein großer Erfolg“, kommentiert Berger den Änderungsantrag.

Grundsätzlich stehen alle Parteien der Inklusion positiv gegenüber. Mit Verweis auf den Elternwillen wollen aber CDU und FDP Förderschulen beibehalten. „Sollten wir feststellen, dass Förderschulen von Eltern gar nicht mehr gewollt sind, würden wir hier unser Vorgehen entsprechend ändern“, sagt Stefanie Ruffen (FDP). Helge Schlieben (CDU) merkt an: „Beim Bau neuer Förderschulen wäre es wünschenswert, diese in das Veedel zu integrieren und gemeinsame Angebote mit benachbarten Bildungseinrichtungen zu schaffen.“

Die CDU spricht sich zusätzlich für die „Umsetzung der umgekehrten Inklusion“ aus. „Wir wollen die Öffnung der Förderschulen auch für Kinder ohne Einschränkungen forcieren“, sagt Schlieben und verweist darauf, dass das nur zusammen mit dem Land NRW gehe. „Die Inklusion in Köln und insgesamt in NRW ist - personell und finanziell - unterfinanziert. Hier benötigen wir eine deutlich stärkere Unterstützung seitens des Landes, um die Inklusion zum Erfolg zu führen“, sagt Schlieben.

Die schulpolitische Sprecherin der Grünen, Bärbel Hölzing, teilt mit: „Wir wollen nach wie vor gemeinsames und längeres gemeinsames Lernen unterstützen. Deshalb setzen wir auch verstärkt auf die Schaffung von Gesamtschulplätzen.“ Eine Position, die die SPD teilt. „Zurzeit gibt es keine echte Wahlmöglichkeit für die Eltern“, findet Oliver Seeck (SPD) mit Blick auf die aktuelle Situation und verweist auf die Schwierigkeiten bei der Schülerbeförderung ins Gemeinsame Lernen. Die hebt auch Heiner Kockerbeck (Linke) hervor. „Die Beförderung mit Bussen muss für Kinder mit Behinderung in der Inklusion genauso gut sein wie bei den Förderschulen. Das Geld, das für eine neue Förderschule ausgegeben wird, wäre hier besser angelegt“, sagt Kockerbeck.

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