Kölner TestzentrenSchluss mit der Test-Idylle – wie es nun weitergeht

Ein Testzentrum im Rheinauhafen.
Copyright: Simon Westphal
Köln – Ein DIN-A4-Zettel in Klarsichthülle verkündet an der Eingangstür einer Teststelle in Dom-Nähe die Neuigkeiten: „Keine kostenlosen Bürgertests mehr“. Damit keine Missverständnisse aufkommen, hat der Betreiber das Wort „keine“ mit einem gelben Textmarker hervorgehoben. Die Auswirkungen sind bereits spürbar. Es sei wenig los heute, berichtet die Mitarbeiterin. Seit Donnerstag ist die neue Corona-Testverordnung des Bundes wirksam. Tests sind damit nur noch für bestimmte Personengruppen kostenlos, andere Gruppen müssen drei Euro zuzahlen.
Viele Fragen, kaum Antworten
Der geringe Andrang ist die eine Sache, die bereits am ersten Tag der neuen Verordnung auch an anderen Stellen auffällt. Doch das viel größere Fragezeichen für die Teststellen: Wie setze ich auf die Schnelle eine Verordnung um, die der Bund erst am Vortag kommuniziert hat?
Eine mögliche Variante: erst mal alles so lassen, wie bisher. „Heute sind noch für alle kostenlose Tests möglich“, sagt eine Mitarbeiterin einer Teststation in der Südstadt. Die Chefs würden gerade beraten, wie man nun mit der neuen Situation umgehen werde. Eher eine Ausnahme. An vielen anderen Teststellen gelten die Regeln bereits, verbunden allerdings mit großen Unsicherheiten. Fragen gibt es viele. Glasklare Antworten eher weniger. Wie weist eine Person etwa nach, dass sie die Großmutter im Pflegeheim besuchen will? „Wenn du das sagst, dann vertrauen wir dir“, heißt es an der einen Stelle. Anderswo ist ein Formular notwendig. Auf dem einen muss die Einrichtung bestätigen, dass ein Besuch ansteht. Es ist das Muster-Formular, das das Bundesgesundheitsministerium online zur Verfügung stellt. Auf einem anderen Formular, das im Umlauf ist, trägt die Teststation die Angaben des Kunden ein, der dann wiederum mit einer Unterschrift versichern muss, dass er die Wahrheit sagt.
„Politische Sturzgeburt“ und „Bürokratie-Monster“ – Kritik von Ärzten und Apotheken
Kritik an der neuen Corona-Testverordnung kommt unter anderem von Ärzten und Apotheken. Die neue Verordnung sei eine „politische Sturzgeburt“, teilt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein auf Anfrage mit. Die KV kritisiert etwa „dass derart grundlegende gesetzliche Neuerungen zum Testgeschehen wieder extrem kurzfristig beschlossen und verkündet werden“.
Die neue Zuzahlungsregel von drei Euro in bestimmten Konstellationen könne zu Missverständnissen und Verwirrung in den Praxen und Teststellen führen. „Dies etwa mit Blick auf die konkrete Überprüfbarkeit der vorgelegten Nachweise.“ So könne etwa jedes Zusammenkommen von Menschen als Veranstaltung verstanden werden, argumentiert die KV. Der Gesetzgeber müsse hier dringend nachschärfen.
„Die neue Testverordnung kommt zur falschen Zeit und ist ein Bürokratie-Monster“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen. „Wir sehen in den Apotheken, dass die Menschen Sicherheit wollen und sich deshalb weiter testen lassen möchten.“
Viele Menschen seien verunsichert durch die neuen Regeln, bei vielen seien die Änderungen noch nicht angekommen, berichtet Preis von den ersten Stunden mit der neuen Verordnung. Auch das Personal in den Apotheken müsse sich noch darauf einstellen, Nachweise richtig anzufordern und zu kontrollieren. Oft sei dadurch mehr Geduld gefragt. Insgesamt werde der Aufwand nun größer. „Es muss mehr abgestimmt, mehr dokumentiert, mehr ausgedruckt und mehr gefragt werden“, sagt Preis.
Die meisten Apotheken würden ihr Testangebot vorerst weiterbetreiben und beobachten, wie sich die Nachfrage entwickele. (sim)
Und was ist mit einer Veranstaltung? Ein Konzertticket, das für den gleichen Tag gilt, berechtigt überall zu einem Drei-Euro-Test. Doch was ist mit der Hochzeit am Wochenende? „Gilt die Regelung auch für private Feiern?“, fragt sich eine Teststellen-Mitarbeiterin. Eine der Fragen, die der Bund klar mit „Ja“ beantwortet. „Natürlich ist es immer besser, wenn die Leute irgendetwas vorzeigen können, zum Beispiel eine Einladung“, heißt es an anderer Stelle. Und wenn nicht? „Dann machen wir den Test auf Vertrauensbasis trotzdem erst mal für drei Euro.“ So lange, bis die Regeln möglicherweise noch einmal nachgeschärft würden. Was viele andere an diesem Donnerstag vermutlich gedacht haben, spricht ein Teststellen-Mitarbeiter aus. „Die Verordnung ist für’n Arsch.“
Und dann gibt es noch die Personen, die keine Voraussetzung für einen kostenlosen Test oder die Drei-Euro-Variante erfüllen. Ob eine Teststelle einen solchen Test anbietet, ist eine individuelle Entscheidung. Dort wo ein solcher Test möglich ist, variieren die Preise: mal neun Euro, mal zwölf.
Entwicklung unklar
Wie sich das Testangebot durch die neue Verordnung entwickeln wird, werden die kommenden Wochen zeigen. Eine seriöse Einschätzung dazu sei noch nicht möglich, heißt es dazu von der Stadt. Bereits zu Beginn der Woche sagte Gesundheitsdezernent Harald Rau, er hoffe, dass ein breites Testangebot erhalten bleibe. Ein Teststellen-Betreiber, der anonym bleiben will, erklärt: „Wir müssen abwarten, wie viele Leute nun noch kommen und ob sich der Betrieb dann noch lohnt.“ Andere größere Anbieter mit mehreren Teststellen in Köln wollten sich am Donnerstag noch nicht dazu äußern, wie es nun weitergeht. Die Fragezeichen rund um die neue Testverordnung sind wohl noch zu groß, um die veränderte Situation zu bewerten.