„Es war der Horror“Sternekoch Maximilian Lorenz im Gespräch über Fitness-Sport

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In diesem Jahr startete Lorenz ebenfalls in der Johannisstraße mit seiner „ML Straßenküche“.

In diesem Jahr startete Lorenz ebenfalls in der Johannisstraße mit seiner „ML Straßenküche“.

In unserer Serie im „anderen Gespräch“ dürfen Prominente das Thema wählen. Nur die eigene Profession ist tabu. Simon Westphal unterhielt sich Maximilian Lorenz.

Heute schon trainiert?

Lorenz: Ja. Wir hatte ein paar Mobilitäts-Übungungen, dann Schulterdrücken, Ausfallschritte, Rudern mit der Kurzhantel und – meine Hassübungen – alles für den Bauch.

So schlimm?

Ja, das ist schwierig, wenn du dick bist. Wenn normale Leute mit zehn Kilo trainieren, trainierst du direkt mit 30 oder 40, weil du einfach selbst viel mehr Gewicht hast.

Wie oft pro Woche trainieren Sie?

Ich probiere sechs Mal in der Woche zu trainieren. Zweimal in der Woche mit einem Athletiktrainer, mit Arne Greskowiak. Und vier Mal in der Woche trainiere ich Zuhause.

Warum haben Sie damit angefangen?

Vor zweieinhalb Jahren hatte ich witzigerweise bei der Kölnischen Rundschau eine Podiumsdiskussion zum Thema „Gesund durch den Winter“.

Zur Person

Maximilian Lorenz (31) absolvierte seine Ausbildung im Restaurant „Zur Post“ in Odenthal. In Köln übernahm er 2012 im Alter von 21 Jahren das „L’escalier“, vier Jahre später holte er dort als Inhaber und Küchenchef seinen ersten Michelin-Stern.

Im Mai 2018 eröffnete Lorenz das „Restaurant Maximilian Lorenz“ und das „Weinlokal Heinzhermann“ auf der Johannisstraße nahe des Breslauer Platzes. Der Michelin-Stern folgte 2019. Schräg gegenüber befindet sich der „Weinladen Maximilian Lorenz“.

In diesem Jahr startete Lorenz ebenfalls in der Johannisstraße mit seiner „ML Straßenküche“. Dort verkauft er gesunde und ausgewogene Streetfood-Gerichte, aktuell unter anderem Bowls und Sushi. (sim)

Da war unter anderem Arne Greskowiak dabei. Zwei Wochen später klingelte dann mein Handy. Arne war dran und hat gesagt: „Du bist ganz schön dick. Wir sehen uns nächste Woche in meinem Club.“ Da haben wir uns dann unterhalten und ein Modell für mich entwickelt.

Und dann sind Sie durchgestartet?

Die ersten zwei, drei Monate waren echt ekelig. Es war der Horror, da jeden Morgen um 6.30 Uhr anzutanzen. Dann habe ich einen Trainer bekommen, Chris. Ich war sein Projekt. Mittlerweile ist zu Arne und Chris eine Freundschaft entstanden.

In was für einer Verfassung waren Sie damals?

Ich habe auf jeden Fall den kulinarisch wertvollsten Lebensstil gepflegt. Wenn ich nachts nach Hause gekommen bin, habe ich mir eine Flasche Rotwein aufgemacht, ein kleines Baguette aufgebacken, ein bisschen Camembert dazu, ein bisschen Salami, ein bisschen Ziegenkäse. Und dann ist die Flasche Rotwein leer.

Und das jeden Tag?

Sagen wir fünf, sechs Mal in der Woche. Ich habe nicht getrunken, weil ich besoffen sein wollte. Ich habe getrunken, um mich zu belohnen. Rückblickend ist das so, wie wenn ein Fußball-Profi, der sich etwas Gutes tun möchte, sagen würde: „Wenn ich ein Tor schieße, haue ich mir zur Belohnung mit einem Hammer gegen das Schienbein.“ Wenn ich mich nicht für den neuen Weg entschieden hätte – ich weiß nicht, wie es mir heute gehen würde.

Wie radikal war dann der Wandel?

Drei Monate habe ich fast keine Kohlenhydrate und nur weißes Fleisch gegessen, keinen Alkohol getrunken. Ich habe Gemüse, Fleisch und sogar Salz abgewogen.

Was hat sich seitdem verändert?

Ich fühle mich besser mit meinem Körper. Deswegen würde ich das jedem empfehlen. Ich brauche weniger Schlaf, ich bin morgens nicht so verklatscht und funktioniere. Und das muss ich auch. Unproduktivität kann ich mir nicht leisten.

Wie hat sich ihr Körper verändert?

Nach drei Monaten haben sich, obwohl ich immer noch dick war, auf einmal zwei Bauchmuskeln abgezeichnet. Da habe ich erstmal gedacht: Kann das überhaupt sein oder habe ich mir vielleicht eine Rippe gebrochen, die da jetzt raus steht? Aber nein. Leute mit großem Bauch können auch sehr große Bauchmuskeln bekommen. Und der Leistungsfortschritt motiviert natürlich. Am Anfang bin ich 100 Meter gelaufen, da dachte ich, meine Lunge fliegt raus. Heute laufe ich 15 Kilometer. Und das, obwohl ich noch rauche und immer noch über 100 Kilo wiege.

Sind Sie beim Sport so ehrgeizig wie in der Küche?

Für mich war klar, wie beim Kochen auch: Ich möchte in einer gewissen Liga mitspielen. Ich möchte besser sein als viele andere. Wenn meine Trainer mir sagen, ich muss mit einer 25-Kilo-Kurzhantel trainieren, dann will ich direkt 40 Kilo haben. Der Ehrgeiz aus meinem Berufsleben entwickelt sich auch auf mein Privatleben. Dennoch schaffe ich es, dort abzuschalten.

Was sind jetzt Ihre Ziele?

Ich möchte athletischer werden, ich möchte im Sport einen Ausgleich finden und generell einen gesünderen Lebensstil pflegen. Wenn ich genieße, möchte ich kompromisslos genießen. Wenn ich mir schon ein richtiges Kalorien-Schlachtbrett reinziehe, dann muss das auch geil sein. Deswegen sollte man viel häufiger in ein richtig gutes Restaurant gehen, aber dafür fast gar nicht mehr in Convenience-Läden. Tüte auf und frittieren – das ist es nicht. Aber dafür vielleicht mal ein richtig geiles cremiges und warmes Schokoladen-Soufflé, völlig übersättigt mit Sahne, Butter und Kouvertüre. Das berührt dich. Da denkst du noch in vier Wochen dran.

Haben Sie manchmal auch noch Probleme mit der Motivation?

Ich habe eine negative Eigenschaft: Ich bin ein Suchtmensch, ich bin sucht-affin. Ich dürfte niemals in eine Spielhalle gehen und auch gewisse Produkte niemals ausprobieren. Ich wusste schnell, dass ich mehr will, wenn ich das mit dem Sport drei Monate durchziehe. Ich würde es jetzt eine gesunde Sportsucht nennen.

Mit welcher Musik motivieren Sie sich?

Beim Kraftsport höre ich gerne richtig harten Techno auf vollem Anschlag. Bei langen Trainingseinheiten gerne alten deutschen Rap: Fanta Vier, Freundeskreis, Blumentopf, da darf auch mal Sido dabei sein. Eko Fresh geht immer, der ist ganz weit vorne.

Beschäftigen Sie sich auch mit der sportwissenschaftlichen Theorie?

Dafür habe ich gar keine Zeit. Was ich aber festgestellt habe, und das ist leider bei vielen das Problem: Du kannst trainieren wie ein Hornochse, aber 70 Prozent ist die Ernährung.

Haben Sie einen Ernährungsplan?

Nein. Ich habe eine Kalorienanzahl, die ich am Tag esse, ich habe eine Kohlenhydrate-Anzahl und eine Protein-Anzahl. Am Anfang war das alles sehr schwer abzuschätzen.

Über die breiten „Pumper“ in den Fitnessstudios gibt es das Klischee, dass sie jeden Tag nur Hähnchen, Brokkoli und Reis essen. Geht das nicht auch kreativer?

Erster Punkt: Variier mit dem Gemüse. Warum nicht Blumenkohl, Romanesco, Kohlrabi, Spargel oder Steckrübe? Die sind fast gleich von den Nährwerten. Bei den Kohlenhydraten ist man limitiert auf Reis oder Kartoffeln. Reis ist schneller zu verdauen, Kartoffeln dauern länger, halten dafür aber auch länger satt. Beim Geflügel ist die Marinade Trumpf. Einen Tag Barbecue, einen Tag Kräuter, einen Tag indisch, einmal groß geschnitten, einmal klein geschnitten, oder lass’ es dir vom Metzger deines Vertrauen zu Hackfleisch verarbeiten. Das ist immer was Anderes, obwohl es das gleiche Produkt ist.

Was isst Maximilian Lorenz an einem klassischen Tag?

Morgens 250 Gramm Skyr, 50 Gramm Haferflocken und 100 bis 150 Gramm Obst – Blaubeeren, Himbeeren oder Heidelbeeren. Dazu zwei hartgekochte Eier und eine Scheibe Putenschinken. Dann mittags meistens hier in der Straßenküche eine Bowl mit 50 Prozent Reis weniger und 50 Prozent Gemüse mehr.

Abends gibt es dann meistens Reis oder Kartoffeln mit Hühnerbrust und Gemüse. Das macht dann ein Azubi. Für die ist es was Besonderes und die legen sich ins Zeug.

Wie sieht der perfekte Cheat Day bei Ihnen aus?

Da entfällt das Frühstück, dann kann ich ein bisschen länger schlafen. Mittags dann Eier Benedict und ein Glas Champagner. Abends eine geile Pasta mit Pfifferlingen in einer Speck-Rahm-Soße oder eine Spaghetti Carbonara. Und dann der Rest der Flasche Champagner.

Ein heißt diskutiertes Thema sind Nahrungsergänzungsmittel. Braucht man sowas?

Wenn du dich vollwertig ernährst, auch vegetarisch, dann hast du eigentlich alles was du brauchst. Das einzige, was ich mir künstlich zufüge, ist Vitamin B12 und Whey Protein (Proteinpulver), um meinen Proteinhaushalt zu füllen. Aber irgendwelche Booster oder leistungsfördernde Mittel – ne.

Regeneration ist ein wichtiges Thema. Wie viel Schlaf schaffen Sie bei Ihrem Beruf?

Ich sollte eigentlich acht Stunden am Tag schlafen. Bei 15 Stunden Arbeit, Hin- und Rückfahrt, Essen und Körperpflege versuche ich auf sechs Stunden zu kommen. Aber in der Regel sind es viereinhalb. Es ist dadurch natürlich schwierig, meine sportlichen Ziele einzuhalten. Aber: Ich lebe für meine Restaurants. Ich lebe dafür, Gäste glücklich zu machen. Da trete ich dann gerne einen Schritt zurück.

Zum Abschluss: Ihr Top-Tipp gegen Muskelkater?

Drei Sachen: Eine Magnesium-Tablette, sehr, sehr viel Wasser und absolut keinen Alkohol mehr an dem Tag trinken.

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