„Wahnsinnsgottesdienst“ in Köln-Bickendorf100 Musiker machen Mitsingmesse op Kölsch zu einem Ereignis

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Blick von den voll besetzten Kirchenbänken zum Altar, wo ein Pfarrer und ein Diakon stehen, dahinter ein Chor, bestehend aus circa 50 bunt angezogenen Männern und Frauen.

Diakon Horst Eßer und Pfarrer Jürgen Behr bei der Mess op Kölsch in St. Dreikönigen in Bickendorf

Musiker und Chöre machen die Mess op Kölsch in Köln-Bickendorf zu einem mitreißenden Erlebnis. Auch die Worte des Diakons zum Aufleben rechten Gedankenguts bewegen. 

Wat e Theater, wat e Wahnsinnsgottesdienst- das war das Fazit des Rocholomäus-Präsidenten Benedikt Conin am Ende der Mess op Kölsch in der Kirche St. Dreikönigen, die nicht nur von strahlendem Sonnenschein erhellt wurde, sondern auch von einigen Scheinwerfern, die eine makellose Übertragung des Gottesdienstes ins Internet möglich machen sollte. Denn zu feiern gab es einiges: Neben dem 75-jährigen Bestehen der KG Rocholomäus stand auch die Volljährigkeit der Rochusmusikschule auf der Feier-Agenda. Seit 18 Jahren gibt es die Musikschule, deren Leiter Norbert Krämer das Musikschulorchester und eine Band mitgebracht hatte, die den Gesang der Sängerinnen und Sänger des Jugendchors St. Rochus und des Rochuschors eindrucksvoll untermalten. „Wir fahren heute alles auf, was Spaß macht, Power bringt und Klang“, versprach Wilfried Kaets, Kantor der Rochus-Gemeinde. Fast 100 aktive Musiker hatten im Kirchenraum Aufstellung genommen.

Hits im Liedheft und auch das „Vatter unser“ op Kölsch für Text-Unsichere

Mit Karnevals-Evergreens wie „Heimat es“ (Paveier) , „Die schönste Stadt“ (Höhner), „Stammbaum“, „Hätz für Kölle“, „En unserm Veedel“ und „Du bess die Stadt“ (alle Bläck Fööss) packten die Musiker die Gottesdienst-Besucher von Anfang an: Nicht mitsingen war keine Option.  Gegen Textunsicherheiten oder mangelhafte Beherrschung der kölschen Sproch half das Liedheft, in dem auch das „Vatter unser“ op Kölsch ausbuchstabiert war. Auch Diakon Horst Eßer bezog sich in seiner in makellosem Kösch vorgetragenen Ansprache auf das diesjährige Sessions-Motto „Wat e Theater- wat e Jeckespill“ und geißelte das eine oder andere politische Jeckespill, ob auf der großen Weltbühne oder direkt vor der Haustür, etwa auf der Venloer Straße. 

Ein Mann im Anzug mit Narrenkappe auf dem Kopf, steht an einem Rednerpult, hinter ihm sind Musiker und Chormitglieder zu sehen.

Benedikt Conin, Präsident der KG Rocholomäus, dankt den Aktiven, die den Gottesdienst vorbereitet und gestaltet haben.

Auch auf die aktuelle Gefahr von Rechtsaußen ging Eßer ein. Er blickte zurück auf die Zeit, als alle „einem Schnäuzer hinterherrannten“ und erinnerte daran, dass es vor zehn Jahren mit„ Kögida“ auch in Köln schon einmal rechte Tendenzen spürbar waren. Damals hätte er die Abkürzung als „Kölns größte Idioten des Abendlandes“ frei übersetzt, heute sei die AfD nichts anderes als der „Abgrund für Deutschland“. „Eine Alternative wäre einzig eine vernünftige Politik“, so Eßer, der auch an die Geschichte der KG Rocholomäus einging, die Mitglieder der beiden Pfarrgemeinden St. Rochus und St. Bartholomäus, im Jahr 1949 gründeten. Die erste Pfarrsitzung fand im selben Jahr im Zeichensaal der damaligen Schule an der Rochusstraße statt. Die Rocholomäer wollten in Köln nach dem Krieg wieder Optimismus verbreiten und den Karneval feiern.

Rocholomäus-Präsident Benedikt Conin gab Pfarrer Jürgen Behr, der aus Wuppertal stammt und als einziger beim Hochdeutsch geblieben war, in seiner Dankesrede am Ende des Gottesdienstes, noch den Tipp mit auf den Weg, dass es mit dem Kölsch-Lernen am besten klappt, wenn man unermüdlich kölsche Lieder singt und dazu das eine oder andere Kölsch trinkt.  Sprach's und lud die Gemeinde noch zum After-Gottesdienst-Kölsch auf den Platz vor der Kirche ein. Dort gaben die „Kallendresser“ bei noch immer herrlichem Sonnenschein ein Platzkonzert - ein strahlender Sonntag op Kölsch in Bickendorf.

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