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Anschluss durch SportKölner Verein stärkt Gemeinschaft durch Fußball und mehr

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13 Personen unterschiedlicher kultureller Herkunft tragen bunte Sport-Kleidung und stehen in Form eines Mannschaftsfotos vor einem Fußballtor.

Das Fußballteam des Vereins „Grenzenlos in Bewegung“ mit Trainer Jonas Blankenagel (vorne links).

Der Verein „Grenzenlos in Bewegung“ bietet Fußballtraining und andere Sportangebote für geflüchtete Menschen in Ehrenfeld und stadtweit an.

Gerade gab es einen ungeplanten Wechsel: Ein junger Mann hat kurz das Einverständnis seiner weiblichen Begleitung eingeholt und ist nun in Jeans und mit Feuereifer auf dem Bolzplatz an der Schönsteinstraße unterwegs. Mitspieler Simon Blankennagel legt dafür eine Pause im Fußballmatch ein. Der neue Mann mit den dunklen Haaren könnte Wurzeln in südlicheren Gefilden haben. „Wir sind keine klassische deutsche Fußballmannschaft“, erläutert Blankenagel. „Deswegen ist die Hemmschwelle für Menschen mit Migrationshintergrund niedriger, einfach mitzuspielen.“ Blankenagel ist Mitglied des Vereins „Grenzenlos in Bewegung“, der jeden Dienstagabend das Fußballtraining anbietet. Es ist bunt, im besten Sinne: Männer und auch Frauen mit verschiedener Hautfarbe, aus unterschiedlichsten Herkunftsländern kicken hier zusammen, so wie es vom Verein auch angestrebt ist.

Männer und Frauen unterschiedlicher kultureller Herkunft spielen gemeinsam Fußball.

Auf dem Bolzplatz in Ehrenfeld spielen Männer und Frauen unterschiedlicher kultureller Herkunft gemeinsam Fußball.

Vereinsgründung vor zehn Jahren

Der Verein wurde gegründet, als die erste große Welle von Geflüchteten 2015 nach Europa kam, und ging aus einem Seminar an der Kölner Sporthochschule zum Thema „Diversitykompetenz“ hervor. Vereinsvorstandsmitglied Juliane Mödder erläutert die damalige Aufgabe: Die Studierenden sollten entweder ein Referat halten oder Projekte mit Randgruppen oder Minderheiten organisieren. Einige hätten die Idee gehabt, den vielen geflüchteten Menschen, die gerade in Turnhallen hausten, etwas Abwechslung zu bieten und Sport mit ihnen zu treiben.

Das Projekt startete mit Spielen und Bewegung in der Nähe der jeweiligen Flüchtlingsunterkünfte. Zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner waren begeistert dabei und auch den Sportstudentinnen und -studenten gefiel das Miteinander. Das Team wurde größer und der Verein gegründet, mit dem erklärten Ziel, den geflüchteten Menschen Bewegungsmöglichkeiten zu bieten, den interkulturellen Austausch zu fördern, dabei zu helfen, Vorurteile abzubauen und die Neuankömmlinge in eine Gemeinschaft aufzunehmen, die sich gemeinsam weiterentwickelt.

Training, Teams und ein eigenes Turnier

Der Verein, der mit der Sporthochschule und dem Deutschen Roten Kreuz kooperiert, ist mittlerweile etabliert und 250 Mitglieder groß. Sein Programm ist breit gefächert und bietet Sportmöglichkeiten überall in der Stadt. Es gibt ein Volleyballtraining, an dem sehr viele ukrainische Geflüchtete teilnehmen, zwei Laufgruppen, Yoga, Kinderschwimmen – und vor allem Fußball. Die Sportart bildet eine besonders gute Basis für Gemeinschaft. „Fußball ist international. Jeder kennt die Regeln“, sagt Mödder. „Man muss nicht die gleiche Sprache sprechen.“

Viele Kicker sind allerdings bereits seit Jahren dabei und sprechen gut deutsch. Einige sind auch Deutsche mit Wurzeln in anderen Kulturen, wie Deutsch-Iraner Majid – genannt „Magic“. Man kennt und versteht sich. Neuzugänge sind aber stets willkommen. Mittlerweile haben die Vereinskicker auch ein Team, das an der „Bunten Liga“ teilnimmt, genannt „Inter Abwehrenfeld“. Einmal im Jahr organisiert der Verein den „Grenzenlos-Cup“ für alle Fußballteams, die Lust haben, um den Cup-Sieg zu kämpfen.

Kicken für Wurzeln und gegen den Stress

Beim Training steht aber spürbar der Spaß im Vordergrund. Muhammed, der vor vier Jahren aus Nigeria kam, ist seit drei Jahren dabei und beschreibt seine Bedeutung. „Das hier hat mir sehr dabei geholfen, Wurzeln zu fassen und Freunde zu finden“, sagt der 26-Jährige. Sein Mitkicker Aziz stammt aus Guinea-Conakry, hat dort in der zweiten Liga gespielt und möchte auch in Deutschland nicht auf Fußball verzichten: „Wenn ich viel Stress habe und Fußball spiele, ist er weg“, sagt der 29-Jährige.

Der 18-jährige James aus Sierra Leone hat über den Verein sogar einen Übungsleiterschein erworben und kann mittlerweile andere Kicker trainieren. Trainer Jonas Blankenagel betont, dass auch die deutschen Vereinsmitglieder profitieren: „Das ist eine wunderbare Gruppe mit tollen Menschen verschiedener Geschlechter und unterschiedlichster Herkunft. Sie bringen einen eigenen Blick auf die Welt und ihr Verständnis mit. Ich habe hier mehr gelernt als ich gegeben habe.“


www.grenzenlosinbewegung.de