Verkehrsversuch Venloer StraßeHändler vermissen Informationen zur Einbahnstraße

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Autos und ein Fahrradfahrer auf der Venloerstraße neben dem Schild, dass die geänderte Verkehrsführung ankündigt.

Mehr Platz fürs Fahrrad, weniger fürs Auto: Mit der Einbahnstraßenregelung auf der Venloer sind viele Händler und Gastronomen nicht einverstanden.

Teresa De Bellis und Niklas Kienitz von der CDU sprachen mit Händlern und Gastronomen an der Venloer Straße über den Verkehrsversuch.

Die einen wollen die Einbahnstraße, die anderen nicht. Die einen wollen dem Fahrrad den Vorrang geben, die anderen dem Auto. Die einen fordern auf Plakaten den Stopp des Verkehrsversuchs Venloer Straße, die anderen drängen sie, die Plakate wieder abzuhängen. Was ist da los?

Um sich selbst ein Bild zu machen, ist CDU-Politikern Teresa De Bellis  diesen Vormittag zusammen mit CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienietz, einem Ehrenfelder, auf der Venloer unterwegs. Nachdem Gastronomen und Einzelhändler Protestplakate gegen die Einbahnstraßenregelung in die Schaufenster gehängt hatten und andere sogar klagen wollen (die Rundschau berichtete), will  die verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Ratsfraktion nun mit den Geschäftsleuten reden.  „Wir sind nicht auf der Suche nach den Unzufriedenen“, sagt sie, „sondern wollen alle Meinungen hören“. Schließlich hat die CDU im Rat für den Versuch gestimmt. Sie interessiere besonders die Frage, ob die Leute im Vorfeld von der Stadtverwaltung informiert worden sind.

Es reicht nicht, eine Internetplattform zu machen. Da müssen Infostände her und Telefonnummern, an die die Leute sich wenden können.
Teresa De Bellis, Verkehrspolitische Sprecherin CDU

„Nein, ich nicht“, sagt ein Gastronom klar. Kein Besuch, kein Flyer, kein Brief - ein Stammgast habe ihm von einem Informationsabend erzählt, „aber das ist nicht der richtige Weg“. Auch die Einbahnstraße ist seiner Meinung nach nicht der richtige Weg. 50 Prozent Umsatzeinbußen habe er, seit diese zweite Phase des Verkehrsversuchs im Oktober gestartet sei. Denn viele seiner Gäste seien sonst mit dem Auto aus der Innenstadt auf die Venloer zum Einkaufen gekommen. In diese Richtung ist die Straße aber jetzt für den Kraftfahrzeugverkehr gesperrt. „Wer hier einfach nur was abgeben will, zum Friseur möchte oder sonst was, muss den Umweg über die Vogelsanger Straße fahren - das macht keiner.“

Ihm wäre etwas geholfen, wenn der Verkehr in die andere Richtung fließen dürfte - stadtauswärts. Aber De Bellis winkt ab: „Danach habe ich im Ausschuss gefragt. Aber man möchte weniger Verkehr hier durchschicken.“ Und das gelänge nur, wenn der Verkehr stadtauswärts unterbunden werde. Niklas Kienitz findet den Richtungswechsel jedoch einen Versuch wert:„ Ich würde die andere Richtung auch probieren.“ Schließlich befinde man sich in einer Versuchsphase. „Am Ende läuft es auf die Frage hinaus: Fahren wir die Einbahnstraße in diese oder in die andere Richtung.“

Viele Einzelkämpfer fühlen sich benachteiligt

Der Gastronom will seinen Namen nicht in der Zeitung sehen, sich nicht an die Spitze einer Protestbewegung stellen: „Ich spreche hier nur für mich.“ Aber das Plakat mit der Forderung „Verkehrsversuch Venloerstraße sofort stoppen“ hat er aufgehängt. Und sich von Anfeindungen deswegen nicht aus der Ruhe bringen lassen. Er sieht einen Konflikt zwischen Anwohnern, die es gerne ruhig haben möchten, und den Geschäftsleuten, die den Umsatz brauchen. Zwischen Fahrradfahrern und Autofahrern. Besonders die Einzelkämpfer, inhabergeführten Geschäfte und Lokale, nicht selten von Menschen mit Migrationshintergrund wie ihm, hätten das Nachsehen: „Und wir werden nicht gefragt.“

Doch es sind nicht nur diese Einzelkämpfer, die die Einbahnstraße kritisch sehen. „Das bringt nicht viel“, sagt Christoph Roeßler, Filialleiter bei Deichmann. Auf der Venloer gebe es Stau in der Verkehrsrichtung, auf der Vogelsangerstraße dann in die andere Richtung, wie er selbst auf dem Heimweg erlebt. „Es gibt Kunden, die sagen, dann fahren wir lieber direkt in ein Center, da haben wir auch Parkplätze.“ Er gibt als Anregung, den Verkehr zumindest bis zum Parkhaus im Barthonia Forum in beide Richtungen fahren zu lassen.

Einen Umsatzrückgang beklagt auch ein ansässiger Juwelier: Die Venloer Straße sei viel ruhiger geworden, die Kunden „wollen nicht diese Riesenrunde machen“. Aber auch die Umkehr der Einbahnstraßenrichtung würde seiner Meinung nach nichts ändern. Und auch keine bessere Information seitens der Stadtverwaltung. Er kann sich sogar an einen Flyer erinnern, der über die anstehende Maßnahme informierte, aber „ob sie mit uns reden oder einen Flyer verteilen, das macht keinen Unterschied“.

Einen differenzierten Blick auf die Lage vermittelt eine weitere Einzelhändlerin. Erstens sei sie nicht informiert worden und ja, sie hätte seit Oktober, als die zweite Phase des Verkehrsversuches gestartet wurde, weniger Umsatz gemacht. Zuerst hätte sie das auf die Einbahnstraße geschoben, aber mittlerweile denke sie: „Es kann auch das Wetter gewesen sein.“ Sie frage ihre Kunden jetzt immer, ob sie die neue Verkehrsregelung störe. Die, die kämen, sagten nein. Aber die, die nicht mehr kämen, „können wir ja auch nicht fragen“.

Was sie nicht verstehe: warum vor ihrem Geschäft nur noch Anwohnerparken sei. Für sie persönlich sei die ruhigere Venloer Straße gut, „ich komme immer mit dem Fahrrad“. Wenn sie allerdings von anderen Händlern höre, sie hätten 40 Prozent Einbußen, „das ist schon viel“. Um sich solidarisch zu zeigen, hatte sie das Plakat gegen den Verkehrsversuch zunächst aufgehängt. Aber dann gab es Proteste von Kunden. Und weil man die nicht verärgern will, kam das Plakat wieder ab.

Ein paar Momentaufnahmen von der Venloer Straße. „Das reicht mir“, sagt Teresa De Bellis. Was sie mitnimmt? „Das Thema Anwohnerparken, verstopfte Nebenstraßen und die Einbahnstraße eventuell in die andere Richtung. “ Auch der Lieferverkehr müsse anders geregelt werden. Ihr ist aufgefallen, dass die Lieferwagen immer noch an beiden Straßenseiten halten - Einbahnstraße hin oder her. „Und vor allem das Thema Kommunikation: Die einen haben einen Flyer bekommen, die anderen gar nichts. Es reicht auch nicht, eine Internetplattform zu machen. Da müssen Infostände her und Telefonnummern, an die die Leute sich wenden können.“


Wurden Händler informiert?

Das sagt die Stadt: „Wir haben im Oktober 2023 im Rahmen der Anwohnerinformation alle Geschäfte auf der Venloer Straße aufgesucht, Informationsmaterialien verteilt (beispielsweise Anschreiben an Lieferanten) und zur Teilnahme an den Diskussionen eingeladen (E-Mail Adressen Interessierter wurden aufgenommen). Gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer wurde im Vorfeld ein Verfahren zur Partizipation der betroffenen Gewerbetreibenden entwickelt, um die Auswirkungen der Einbahnstraße auch aus ihrer Sicht bewerten zu können. Mit dem in Kürze startenden Beteiligungskonzept bietet die Stadt demnächst ein Medium an, bei dem sich Betroffene vor Ort aktiv in die Diskussion einbringen können. Diese Einladung gilt ohne Einschränkungen, insofern auch für die Geschäftstreibenden vor Ort. “

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