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„Eine Liga mit München und Berlin“Der Film- und Fernsehstandort Köln soll weiter ausgebaut werden

Lesezeit 5 Minuten
Daniel Kölle im Porträt

Das Roxy am Chlodwigplatz gibt es nicht mehr. Wohl aber eine quicklebendige Film-, Fernseh- und Eventbranche in Köln, meint Daniel Kölle (43). Foto: Costa Belibasakis

Das Servicebüro Film- und Fernsehproduktion soll Köln als Medien- und Veranstaltungsort stärken und bei komplexen Produktionen helfen. Mit seinem Leiter Daniel Kölle sprach Tobias Wolff.

Wie haben Sie die Stadt Köln als Filmstadt kennengelernt?

Ich wohne seit mehreren Jahren in Köln und habe die Film- und Medienstadt dadurch kennengelernt, dass mir gleich Dreharbeiten begegneten – im Nachbarhaus, wo über viele Monate eine ZDF-Serie produziert wurde. Ich habe schnell festgestellt, wie viel hier gedreht wird.

Nicht immer zur Freude der Anwohner.

Wenn der Parkplatz vor dem Haus gesperrt ist, ist das ärgerlich. Die Stadt versucht, Beeinträchtigungen so klein wie möglich zu halten und Dreharbeiten zu regulieren. Wir wollen erreichen, dass sich die Drehs besser verteilen. Wir bauen gerade eine Datenbank für mögliche Locations auf. Dadurch wird das hoffentlich etwas entzerrt. Zudem wollen wir dafür sorgen, dass mehr Informationen für die Anwohnenden bereitgestellt werden. Aber man muss auch sehen, dass die Drehs etwas sehr Positives für die Stadt sind, auch in finanzieller Hinsicht.

Werden Alternativen von der Branche angenommen?

Manche Locations sind nun einmal einmalig. Aber wir hatten kürzlich erst den Fall, dass es ein bestimmtes Hochhaus sein sollte. Weil das schwierig war, haben wir eine Alternative angeboten, und das hat gut funktioniert.

Wo sehen Sie den Standort Köln im Moment?

Köln muss sich überhaupt nicht verstecken. Wir spielen in einer Liga mit München und Berlin, das kann man ganz selbstbewusst auch mal sagen. Kinoproduktionen mögen nicht ganz so ausgeprägt sein wie in den anderen Städten. Aber wir haben einen starken Fernsehstandort mit großen Playern, wir haben die MMC-Studios und die großen Film- und Serien-Festivals.

Fühlen Sie sich manchmal unter Wert verkauft in Köln?

Köln gibt sich gern als Underdog. Das ist sympathisch und etwas, das die Stadt auszeichnet. Aber vielleicht stellen wir gelegentlich unser Licht auch mal zu sehr unter den Scheffel.

Wie viele Dreh-Anfragen bekommen Sie über das Jahr?

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, da verschiedene Ämter involviert sind. Das ist einer der Ansätze, wo sich das Servicebüro engagieren wird. Als Lotse zu den zuständigen Stellen, wenn mehrere Ämter wie Grünflächenamt, Ordnungsamt, Gebäudewirtschaft oder Schulverwaltungsamt zuständig sind. Wir brauchen eine zentrale Stelle, wenn es komplex wird.

Auch für internationale Produktionen?

Das kann man über Politik und Verwaltung kaum steuern, das muss sich entwickeln. International gesehen ist Berlin als Hauptstadt sicher im Ausland bekannter und für viele der erste Standort. Aber wir werden dafür sorgen, dass Köln künftig an zweiter Stelle genannt wird.

Warum wird der Münsteraner Tatort zu großen Teilen in Köln gedreht?

(lacht) Das müssen Sie den WDR fragen. Aber es wird ja auch der Kölner Tatort hier produziert. Die Infrastruktur für Produktionen ist einfach vorhanden, und sie ist sehr gut.

Es gibt in Köln nicht nur Fernsehproduktionen. Viel tut sich auch im Image- oder Industriebereich. Welche Rolle spielt das?

Eine sehr große Rolle. Aber es ist ein Beispiel, dass sich im Medienbereich gerade ganz viel bewegt. Vieles ist gar nicht mehr sauber zu trennen, weil es immer mehr Überschneidungen gibt. Diese Entwicklung sehen nicht nur wir, sondern natürlich auch die Branche selbst. Es ist wichtig, dass man neue Entwicklungen annimmt und gestaltet. Nicht ohne Grund plant die Stadt deshalb, am Georg-Simon-Ohm-Kolleg einen Ausbildungsgang Gestalter für immersive Medien einzurichten, als eine der ersten Städte überhaupt. Da geht es um virtuelle Welten und die Menschen, die die Programmierarbeit dahinter leisten. Bereiche, die früher getrennt voneinander agiert haben, fließen heute immer mehr zusammen.

Wie wichtig sind Streaming-Dienste für Köln?

Streaming-Dienste sind neben den TV-Sendern die Haupt-Auftraggeber und Taktgeber in vielen Bereichen. Speziell, was Serien angeht. Köln ist hier ein interessanter Standort, das zeigt sich auch darin, dass das Seriencamp-Festival von München nach Köln umgezogen ist.

Was kann man tun, um Köln sichtbarer zu machen?

Oft erkennt man gar nicht, wo gedreht wurde. Es ist mein Ziel, die Medienstadt Köln in Produktionen noch sichtbarer zu machen. Es gibt konkrete Ideen, wie das möglich ist, aber letztlich ist das eine Entscheidung des Auftraggebers.

Wo liegen die Schwerpunkte der künftigen Arbeit?

Es gibt drei Punkte, wo wir als Servicebüro ansetzen werden. Erstens, die Branche besser zu vernetzen und weiter konkret zu unterstützen. Beispielsweise wollen wir weiter daran arbeiten, exzellente Rahmenbedingungen für die Branche zu schaffen. Zweitens, bei den Bürgerinnen und Bürgern für Aufklärung sorgen, sie informieren, Fragen beantworten und wo nötig auch um Verständnis werben. Weil Film- und Fernsehproduktionen eben auch eine enorme wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt haben. Und wir müssen auch von der Stadtverwaltung aus ein deutliches Signal senden: Wir wollen, dass hier in dieser Stadt produziert wird.

Das heißt für Sie, sich auch direkt an die zuständigen Fachverwaltungen zu wenden?

Wir arbeiten sehr gut mit unseren Kolleginnen und Kollegen zusammen und wenn es hakt, frage ich hartnäckig nach. Mein Ziel ist immer, gemeinsam mit allen Beteiligten bei Problemen eine Lösung zu finden.

Wie viele Menschen arbeiten in der Branche in Köln?

Allein im Produktionsbereich haben wir rund 8000 sozialversicherungspflichtige Jobs, zwei Drittel von ganz NRW. Dazu kommen aber noch die vielen Kreativen, Selbstständigen und Dienstleister, sodass noch sehr viel mehr Arbeitsplätze von der Medienbranche abhängen. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass die gesamte Kultur- und Kreativwirtschaft in Köln einen Umsatz von etwa 9,5 Milliarden Euro Umsatz macht im Jahr.

Köln ist und wird eine Eventstadt bleiben. Wo geht die Entwicklung hin?

Als Stadtverwaltung treten wir ja selten als Veranstalterin auf. Aber Köln ist international sehr bekannt als bunte, lebendige Stadt mit spannenden Kulturveranstaltungen. Das ist ein großes Pfund, mit dem die Stadt wuchern kann.

Sind die Grenzen erreicht oder sehen Sie weiteres Potenzial?

Auch große Events sind prägend für unsere Stadt. Es geht aber darum, die Qualität zu steigern und nicht die Quantität.

Fehlt Ihnen manchmal der Glamour in Köln?

Es ist nicht das erste, was mir zu Köln einfällt. Köln ist herzlich, liebenswert, tolerant, modern und eine tolle Medienstadt.