Erster PublikumstagSo kommt Kölns neues Stadtmuseum an

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Die vier Studenten Max (26), Marcel (24), Daniel (31) und Marius (22) sind positiv von der Ausstellung überrascht.

Die vier Studenten Max (26), Marcel (24), Daniel (31) und Marius (22) sind positiv von der Ausstellung überrascht.

Erstmals öffneten sich die Türen des ehemaligen Modehauses Sauer für alle Besucher. Und das Meinungsbild über das neue Stadtmuseum war überraschend einhellig.

Trotz Regens und Hagels standen die Menschen am Samstag Schlange, um das neue Zuhause des Kölnischen Stadtmuseums kennen zu lernen. Schon von außen ist der vorübergehende Sitz im ehemaligen Modehaus Franz Sauer eine ganz neue Erfahrung – dezenter, zurückhaltender und moderner als das Historische Zeughaus. Passte jener robuste Renaissance-Bau mit seinen rot-weißen Fensterläden noch gut zum gemütlichen Köln von früher, ist das moderne Modehaus in der Minoritenstraße deutlich angemessener für ein Stadtmuseum im 21. Jahrhundert. Das empfanden auch viele Besucher so, welche am Samstag am ersten Tag nach der offiziellen Eröffnung dabei waren.

Besucher standen Schlange

Dr. Wibke Becker, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit, freute sich über den großen Andrang: „Schon vor 10 Uhr standen hier über 20 Menschen an der Tür und wollten rein. Auch im Laufe des Tages standen die Menschen immer wieder zwischendurch Schlange“, betonte die Marketing-Chefin des Museums. „Wir erzählen Köln mit der Eröffnung neu – unkonventionell und anders als früher. Den geringeren Platz haben wir kompensiert, indem wir auch mehr digitale Technik eingebaut haben - so zum Beispiel Augmented-Reality-Stationen (erweitere Realität).“ Die Besucher erhalten kostenlose Tablet-Computer beim Eintritt und nutzen diese unter anderem, um virtuelle Zeitreisen zu unternehmen. Ab Sommer sollen gemeinsam mit der Stadtgesellschaft Kurzzeit-Ausstellungen zu aktuellen Themen im Foyer gezeigt werden.

Es gibt viele Gelegenheiten zum Aktivwerden - analog wie digital.

Das gefällt auch Ingrid (70) aus Bonn: „Ich kenne noch das alte Museum – da war der Ansatz viel stärker im Bereich Folklore und Kölner Lokalgeschichte. Allerdings war das Museum natürlich größer – und ich vermisse das Auto von HA Schult auf dem Dach“, stellt die Rentnerin lachend fest. Anstelle von der üblichen chronologischen Geschichtsdarstellung appelliert das Museum an unsere Emotionen und stellt Fragen, die alle Menschen betreffen: „Was lieben wir?“, „Was macht uns Angst?“, „Was verbindet uns?“ Im ersten Saal erwartet die Besucher die Büste von Kaiserin Agrippina oder Kölns erste Stadtverfassung.

„Einiges spannender geworden“

Michael Günther staunt: „Mit den digitalen Hilfsmitteln ist hier einiges übersichtlicher und spannender geworden.“ Der Kölner steht vor dem berühmten historischen Stadtmodell von Köln im Jahr 1571, welches dank Augmented Reality ganz neue Informationen bereithält. „Ich konnte hier gerade auf dem Tablet simulieren, wie sich das Müllaufkommen der Stadt über die Jahrhunderte entwickelt hat. Und anschließend können Kids auf dem Tablet Kamelle regnen lassen – echt irre“, schmunzelt Günther. 350.000 Objekte sind in der Sammlung des Museums – so manches verrückte Exponat ist vorhanden, wie zum Beispiel Überreste des letzten Koteletts, das 2004 im Lommerzheim serviert wurde, oder eine klassische FC-Kutte eines Stadiongängers. Petra aus Köln steht mit ihren Freunden davor: „Toll, wie hier auch scheinbar unwichtige Details in einen größeren Kontext eingebettet werden – der Fußball ist ja auch eine Art Glaube“, lacht die 57-Jährige. „Ich bin zwar kein Fußballfan, aber so mancher junge und alte Fan wird sich hier wohlfühlen.“

Die Ausstellungsfläche ist klein, wird aber optimal genutzt.

Auf der anderen Seite greift das Museum ernste Fragen auf: Religion, Politik, Korruption oder Ausgrenzung sexueller Minderheiten sind ebenso vorhanden wie Angst und Gewalt. Im Raum „Worauf haben wir Lust?“ geht es um Sexualität und Moralvorstellungen. Die vier Studenten Max (26), Marcel (24), Daniel (31) und Marius (22) lassen alles auf sich wirken – und können kaum glauben, dass der Boulevard in den siebziger Jahren noch Prostitution beworben hatte und Tipps für „leichte Mädchen“ gab. „Ich finde das Museum super – wir hatten nicht damit gerechnet, dass hier so moderne Aspekte angesprochen werden“, gibt Max aus Bonn zu. Marcel kommt aus Koblenz und findet „vieles sehr gelungen – normalerweise gehen wir nicht so oft in Museen.“ Und Daniel ist überzeugt, „dass das Museum viele Generationen erreichen wird. Allerdings ist man spätestens in einer halben Stunde hier durch.

Eintritt ist erschwinglich

Manche Museen bieten deutlich mehr Ausstellungsfläche.“ Mag es auch kleiner sein, der Genuss ist dennoch groß. Michael Günther aus Köln ist bis zum Schluss geblieben: „Es hat sich total gelohnt – ich bin begeistert und komme auf jeden Fall wieder. Man hat das Gefühl, dass das alte Stadtmuseum aus dem Zeughaus komplett umgekrempelt wurde und hier ein moderner Komplex entstanden ist.“ Der Eintritt ins Interim-Stadtmuseum im ehemaligen Modehaus in der Minoritenstraße 13 kostet 5 Euro – ermäßigt 3 Euro.