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Feuerwehr in Köln warnt„Gegen die Strömung im Rhein hat man keine Chance“

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Die Einsatzkräfte stellten  die Rettung von Personen im Rhein nach. 

Das Rentner-Ehepaar am Rheinufer in Rodenkirchen glaubte am Mittwochmittag bei dem Auflauf von Feuerwehr, Fernsehkameras und Fotografen an einen neuen Dreh für den „Tatort“ in der ARD. Dies musste die Feuerwehr verneinen. Aber es ist tragischerweise nicht auszuschließen, dass das Rheinufer in den kommenden Wochen Schauplatz eines echten „Tatortes“ wird – mit Wasserschutzpolizei, Polizei, Feuerwehr und einer wirklichen Leiche.

Keine Chance gegen die Strömung

Und genau darum ging es bei der Aktion am Rhein. Es soll unbedingt verhindert werden, dass es in diesem Sommer noch mehr Badetote gibt. Damit die Gefahr auch dem letzten klar wird, wählten die Beteiligten deutliche Worte: „Eine halbe Stunde unter Wasser wird nur in Einzelfällen überlebt“, sagt Notarzt Marco Strohm. Oder: „Gegen die Strömung hat man keine Chance“, stellt der stellvertretende Feuerwehrchef Dr. Volker Ruster klar. Darum warnt die Feuerwehr Köln erneut die Menschen vor dem Baden im Rhein. „Wir schätzen die Gefahr sehr hoch ein und raten dringend davon ab, im Rhein zu schwimmen“, sagte Ruster. Der Rhein sei ein Fluss, eine große Wasserstraße, mit einer hohen Strömungsgeschwindigkeit, mit Strudeln an Buhnen oder an vorbeifahrenden Schiffen.

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Geschafft: Feuerwehrkräfte holen einen Menschen in großer Not auf dem Rhein.

Feuerwehrleute zeigten in Rodenkirchen, wie Rettungsaktionen im Fluss ablaufen. In diesem Jahr seien allein im Kölner Stadtgebiet bereits zwei Menschen im Rhein ertrunken – dabei habe die Sommersaison erst begonnen. Neun Menschen konnten aus dem Rhein gerettet werden.

Strömungen im Rhein machen den Fluss so gefährlich

Die starken und unberechenbaren Strömungen machen den Rhein besonders gefährlich. Durch Wasserwirbel kann man bis auf den Grund gezogen werden. „Selbst als geübter Schwimmer hat man keine Chance, gegen die Strömung zu arbeiten“, sagte Ruster. Werde man in den Rhein gezogen, sei es wichtig, sich mit der Strömung treiben zu lassen und den Kopf über Wasser zu halten. „So hat man wahrscheinlich noch die größte Überlebenschance.“

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Das Rettungsboot Ursula im Einsatz

Sieht man einen ertrinkenden Menschen im Rhein, sollte schnellstmöglich ein Rettungsring geworfen und der Notruf gewählt werden, um den genauen Standort durchzugeben. „Unsere Botschaft ist: Nicht unkontrolliert hinterher springen und versuchen, der Held zu sein“, sagte ein Feuerwehrsprecher. Je schneller ein Mensch gerettet wird, desto höher seien auch die Überlebenschancen. Nach sechs bis zwölf Minuten sinken die Überlebensaussichten jedoch bereits deutlich – danach sind die Chancen geringer. „Zeit ist ein entscheidender Faktor“, erklärt Notarzt Strohm, der in den vergangenen Jahren mehrere Einsätze unter dem Stichwort „Person im Rhein“ geleitet hat. Bei einem Notruf dieser Art wird eine Alarmkette in Kraft gesetzt. Vom Wasser, Land und aus der Luft wird nach der Person gesucht.

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Geschafft: Feuerwehrkräfte holen einen Menschen in großer Not auf dem Rhein.

Taucher gehen an der Unglücksstelle in den Fluss oder „Strömungsretter“, wenn die gesuchte Person noch über Wasser ist. Die Wasserschutzpolizei informiert auch Binnenschiffer in der Region, dass ein Mensch im Wasser treiben könnte, sie vorsichtig fahren sollen und Hinweise geben möchten. So wurden auch schon einige Zeit später die Vermissten gefunden.

Einsätze

22 Alarmierungen wegen im Rhein treibenden Personen gingen bereits in diesem Jahr bei der Kölner Feuerwehr ein. Neun Personen konnten aus dem Rhein gerettet werden. „Für zwei Menschen konnten wir nichts mehr tun“, sagte Vize-Feuerwehrchef Volker Ruster. Bei den 22 Alarmierungen seien auch einige Fehlalarme gewesen. Es gab Notrufe, weil Anrufer Treibgut als Menschen in Not angesehen hatten.

Im gesamten Jahr 2021 sind 14 Personen aus dem Rhein gerettet worden. Es sei zu befürchten, dass die Zahlen im Sommer ansteigen, teilte die Feuerwehr weiter mit. (ta)

Kaum Zeit um Hilfe zu rufen

Wie die Einsatzkräfte mitteilten, bekämen viele Schwimmer einen Temperaturschock, weil das Wasser nur bis knapp unter der Oberfläche erwärmt sei. „Der Kreislauf kann zusammenbrechen oder Muskelkrämpfe können auftreten“, erklärt Ruster weiter. Dann sei möglicherweise der Kopf schon unter Wasser und der Mensch verliert komplett die Kontrolle. „Ertrinken ist ein stilles Ereignis“, sagt Notarzt Strohm. Die Menschen seien oft überhaupt nicht mehr in der Lage „Hilfe“ zu rufen und würden untergehen. „Manche Einsätze vergisst man nicht“, berichtet der Notarzt.