Akribisch hat sich die Polizei auf die Silvesternacht vorbereitet. Desgleichen die Kölner und Kölnerinnen - sie kauften Böller und Feuerwerk wie selten zuvor.
Kölner Polizei vorbereitet, Feuerwerk begehrt wie selten„Ich kaufe auch für Freunde ein“

Mithilfe von Drängelgittern soll der Zustrom zur Schutzzone reguliert werden.
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Die Drängelgitter und Absperrungen stehen bereit rund um den Dom. Köln bereitet sich vor auf einen großen Ansturm von Feiernden. Zum ersten Mal seit Jahren steht nicht die Gefahrenabwehr (Corona) im Vordergrund, sondern der freudige Jahreswechsel. Und gerade deshalb plant die Polizei ihren Einsatz auf den Feiermeilen wie dem Ring, der Zülpicher Straße, aber auch rund um den Dom akribisch (siehe Infotext). Nicht untätig sind auch die Kölnerinnen und Kölner – seit dem Verkaufsstart am Donnerstag sind Böller und Feuerwerk die Renner in den Discountern.
„Alligator“ ist schon ausverkauft, „Parzival“ nicht minder. Von „Goldfinger“ harren noch vier der Dinge, hinter dem Plastik-Label von „Gladiator“, 19,99 Euro, herrscht gähnende Leere. Macht nichts, dann landet eben der Raketen-Mix „Dragon Fire“ im Einkaufswagen. So ausgesucht wie sonst erst an Silvester seien die Aufsteller für Feuerwerk und Böller schon am Mittag des zweiten Verkaufstages, stellt der Leiter einer Kölner Lidl-Filiale fest. „Die Menschen freuen sich einfach sehr, dass sie nach den Coronajahren wieder feiern können. Und das merkt man!“

„Sehr!“ freuen sich José, Jonathan und Mike (Namen geändert) auf Silvester. Schwesterchen Lily ist jetzt schon happy.
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Sehen kann man es auch. Im Einkaufswagen von Enzo (52) türmen sich Böller und Raketen, obenauf thront die Königin der Leuchtkörper-Batterien. „Pure Magic“ Brenndauer 85 Sekunden, Effekthöhe 70 Meter, 135 Schuss, für 69,99 Euro. „Ich kaufe auch für unsere Freunde mit“, wirft der 52-Jährige ein. Mit denen will er das neue Jahr in Lindenthal begrüßen. Söhnchen Lorenzo schiebt kräftig mit, abfeuern darf der Sechsjährige aber „noch gar nichts. Das ist viel zu gefährlich“, sagt sein Papa.
Wir konnten jetzt zum ersten Mal selber Feuerwerk kaufen.
Das allerdings haben sich die Brüder José (15) – „ich feiere mit Freunden“ – und Jonathan (12) fest vorgenommen, die Raketenbündel im Einkaufswagen werden aufgeteilt. Der achtjährige Mike (Namen geändert) favorisiert die langen Wunderkerzen im Mixpack, während sich Schwesterchen Lily, die im Einkaufswagen sitzt, gerade mächtig freut – so spannende Sachen landen sonst nicht im großen Korb. „Ganz und gar nichts“ hält dagegen die Mutter der vier „von der ganzen Böllerei“. Ihr Sehnsuchtsort an Silvester ist ein Ferienhaus an der französischen Küste. Da hat die Familie „schon einige friedliche Silvesternächte verbracht. In Frankreich gelten die Raketen als Waffen und dürfen nicht verkauft werden“.
Ein Verkaufsverbot galt auch in Deutschland in den beiden Coronajahren. Deshalb haben die Freundinnen Leah (20) und Sina (19) gerade eine Premiere hinter sich. „Wir konnten jetzt zum ersten Mal selber Feuerwerk kaufen“, freuen sie sich. Entschieden haben sie sich für das gleiche Mixpack aus Höhenraketen. „Auf Böller haben wir null Bock.“ Die hat auch der 31-jährige Alikhah nicht gekauft; er will das neue Jahr gemeinsam mit seinen Freunden und einem Bündel bunter Raketen im Belgischen Viertel begrüßen.
Deutlich weniger Schäden
Silvesterraketen und Böller sind groß rot durchgestrichen wie auf einem Verkehrsschild. Absolutes Feuerwerksverbot im Domumfeld, das hat die Stadt auch in diesem Jahr ausgesprochen. Doch warum eigentlich? Oberste Priorität hat vermutlich der Schutz des Doms. Was kleine Funken an Wahrzeichen alles anrichten können, hat zuletzt der Brand in der Kathedrale Notre Dame gezeigt, der die französische Nation bis ins Mark erschüttert hat.
Ein viel entscheidender Grund sind jedoch die Sachschäden, die in einer Metropole wie Köln in der Silvesternacht entstehen können. Häuser, die Feuer fangen, Motorhauben, in denen sich Silvesterraketen einbrennen – all das ist möglich bei Massen an privat gezündetem Feuerwerk in den Straßen. Versicherer Zurich hat eine Statistik veröffentlicht, die den Rückgang der Sachschäden in den größten Städten Deutschlands in den Pandemiejahren aufzeigt. Köln ist dort Spitzenreiter.
43 Prozent weniger Gebäude- und Sachschäden gab es zu den Jahreswechseln 2020 und 2021 im Vergleich zu den drei Jahren davor. In keiner der anderen sogenannten „A-Städte“ wie Hamburg, Berlin oder Frankfurt gingen die Zahlen stärker zurück.
Polizei und Feuerwehr sind in Alarmbereitschaft. Mehrere hundert Polizisten werden im Einsatz sein. Zudem befürchtet der Chef des Rettungsdienstes, Alex Lechleuthner, dass aufgrund des Krankenstands zu Ausfällen einzelner Rettungswagen kommen kann. (rom)