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Flüchtige Wesen aus LichtDer Kölner Sven von Loga führt zu Orten, an denen Glühwürmchen schwärmen

Lesezeit 3 Minuten
Die Langzeit-Aufnahme zeigt, wie die Käfer schwärmen. Ehrfurcht gebietend ist, wieviel Licht sie in ihren winzigen Körpern produzieren.

Die Langzeit-Aufnahme zeigt, wie die Käfer schwärmen. Ehrfurcht gebietend ist, wieviel Licht sie in ihren winzigen Körpern produzieren.

In dunkler Nacht sieht man hunderte Lichtpunkte, die durch den Wald schwirren. Ein Phänom zum Innehalten. 

Mit Steinen, dauerhaften Zeugen der Erdgeschichte, haben diese flüchtigen Wesen nichts gemein. Sie sind so winzig wie vergänglich, zwei Wochen im Jahr kann man sie sehen, dann sterben sie. „Ein Hauch Romantik ist immer dabei, und tiefes Staunen, auch nach Jahren noch.“ Das sagt Sven von Loga. Er ist Geologe. Und Naturkundler aus Leidenschaft, Autor sowie kundiger Führer in den Wäldern der Stadt. Wenn es tiefdunkel ist, bringt er Menschen mit den faszinierenden Wesen zusammen, dann schwärmen sie, die Glühwürmchen.

In zwei Wochen rund um den Johannistag, den 24. Juni, führt er an Orte, an denen die Glühwürmchen auf der Suche nach einer Partnerin tanzen und schwirren. Nur die Männchen fliegen vollends lautlos zwischen den schwarzen Stämmen umher, manchmal zu hunderten bis weit in den Wald hinein. Die weiblichen Glühwürmchen funkeln als Lichtpunkte am Boden. Leuchtkäfer gibt es überall in Europa und in allen Ländern der Welt, nur in der Arktis nicht. Und es gibt sie schon sehr lange, in manchen Überlieferungen werden sie als ewig lebende Seelen von Verstorbenen angesehen.

Auch wenn es sehr hell leuchtet, wenn sich ein Glühwürmchen auf die Hand setzt, keine Panik. Sie sind die friedlichsten Tiere der Welt.
Sven von Loga, Naturkundler

Im Mittelalter konnten sich die Menschen nicht erklären, warum die winzigen Leuchtpunkte am Rand und bis tief in den Wald hinein tanzten. „Früher gab es keine Wege durch den Wald, nur Trampelpfade, die schnell wieder zuwuchsen. Da ging man nur zum nächsten, zehn Kilometer entfernten Dorf, wenn man unbedingt musste“, schildert der Geologe. Die Menschen glaubten noch an Gespenster, Hexen und Geister, und Glühwürmchen seien ihnen ganz sicher unheimlich gewesen.

„Heute sind die Menschen verzückt wenn sie die fliegenden Lichtpunkte sehen“, erzählt von Loga, selbst begeistert und gebannt, als er sich an sein erstes Erlebnis mit den leuchtenden Käfern erinnert. Als 24-jähriger Student war er zur Diplom-Kartierung einen Sommer lang in den Dolomiten. „Da haben wir in einem alten Sägewerk gelebt. Zur nächsten Gaststätte musste man lange durch den Wald gehen. In diesem Wald flogen Hunderttausende von Glühwürmchen. Diesen Anblick habe ich nie mehr vergessen.“

Noch nie ein Glühwürmchen gesehen hätten die meisten Menschen, die an seinen Exkursionen teilnähmen, so von Loga. „Wir stehen dann zusammen am Waldrand und warten. Man weiß nie, wann sie kommen. Dann entdeckt plötzlich einer aus der Gruppe ein winziges Leuchten. Dann das nächste, und plötzlich sind es ganz viele Leuchtpunkte. In ganz besonderen Nächten sogar mehrere hundert.“

Laubwälder und feuchter Mulch sind ihr Lebenselisxier

Zu finden sind die leuchtenden Käfer nicht immer an denselben Orten. Deshalb geht von Loga an viele Stellen, etwa im Grüngürtel, um die zu finden, an denen sie in diesem Sommer tanzen. Sie finden sich nur zwischen Laubbäumen. Feucht muss es dort sein, denn die Larven der Glühwürmchen leben drei Jahre lang in Totholz und im Mulch des Waldbodens und ernähren sich dabei wesentlich von Schnecken. Auch die Leuchtkäfer seien durch die Klimakrise bedroht, so der Naturkundler. Wenn es zu heiß ist und es nicht regne, können die Larven austrocknen.

Nach drei Jahren am Boden vollzieht sich die Metamorphose, aus der Larve wird ein Käfer, der Licht produzieren kann. Dieser Biolumineszenz liegt ein chemischer Prozess zugrunde, die dabei freigesetzte Energie wird nahezu verlustfrei als kaltes Licht abgegeben. Zum Vergleich führt Sven von Loga eine Glühbirne an: Die mache aus elektrischer Energie nur zu etwa fünf Prozent Licht und zu 95 Prozent Wärme.

„Auch wenn es sehr hell leuchtet, wenn sich ein Glühwürmchen auf die Hand setzt, keine Panik. Sie sind die friedlichsten Tiere der Welt“, sagt von Loga. Eine Stunde lang funkeln die kleinen Käfer in der Nacht. Eine Stunde, in denen die Teilnehmenden der Führung ihre Handys ausgemacht haben. In der sie den Anblick der fliegenden Glühwürmchen genießen.