Fuss e.V. gründet OrtsgruppeFußgänger in Köln wollen künftig mehr mitreden

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  • Der Fußgängerverkehr in Köln wird stiefmütterlich behandelt, findet Anne Grose.
  • Sie ist Sprecherin von Fuss e.V. und will den Fußgängern in Köln eine Stimme geben.

Köln – Sie sind die Mauerblümchen im Kölner Verkehrsmix: die Fußgänger. Zwar betont die Stadtverwaltung, den Fußgängerverkehr denke sie bei jeder Verkehrsmaßnahme mit. Aber so etwas lässt sich leicht postulieren in dem Wissen, dass keiner protestieren wird. Denn während die Fahrradfahrer sich über eine lautstarke Lobby in Köln Gehör verschaffen und die Autofahrer in der „Autostadt“ Köln traditionell ein breites Kreuz haben, gab es bisher keine Interessenvertretung für die Fußgänger. Damit soll jetzt Schluss sein. Der bundesweit agierende Lobbyverband Fuss e.V. hat nun eine Ortsgruppe Köln gegründet. „Wir möchten jetzt mit beteiligt werden“, sagt deren Sprecherin Anne Grose.

Es geht immer nur um Räder und Autos

Sie hat einen Abstieg hinter sich. Mit Blick auf die Bürgersteige. „Ich bin von Mülheim nach Nippes gezogen“, erzählt Anne Grose. Von Mülheim war sie breite Wege gewohnt. In Nippes angekommen, nahm sie an einer Führung durch das Viertel teil. „Die Bürgersteige sind teilweise so eng, wir mussten als Gruppe hintereinander gehen.“ Missstände, die ihrer Meinung nach den alltäglichen, auch hitzigen Debatten über den Verkehr in Köln zumeist hinten runter fallen. „Es geht dabei doch immer nur um das Verhältnis vom Rad- zum Autoverkehr.“ Trotz aller Lippenbekenntnisse des Verkehrsdezernats: „Der Fußgängerverkehr in Köln wird stiefmütterlich behandelt“, urteilt die überzeugte Fußgängerin.

Kölner sind ein Fußvolk auf kurzer Distanz

Faktisch sei das ein klarer Fehler. Wie eine Studie für die Domstadt kürzlich belegte und die Rundschau berichtete: Bei Wegen bis fünf Kilometer sind die Fußgänger in Köln führend. Auf diese Distanz benutzen die Kölner am liebsten ihre Füße (40 Prozent). Das Rad folgt erst mit einem Anteil von 23 Prozent. Und auch das Auto kann mit 25 Prozent Nutzungsanteil nicht dagegen anstinken. Allein, das schlage sich nicht im Straßenbild nieder, kritisiert die Sprecher des Kölner Fuss e.V. Andere Städte seien da viel weiter. Allen voran Kölns großes Verkehrsvorbild Wien. Dort gibt es schon länger eine Fußgängerbeauftragte. Regelrechte Alleen wurden in der Alpenmetropole für Gehende geschaffen – mit Pausenbänken und expliziter Ausschilderung. „Auch Leipzig hat einen Fußgängerbeauftragten“, sagt Grose. Und Köln?

Nachdem vor allem die SPD-Politikerin Regina Börschel Druck in diese Richtung gemacht hatte, immer wieder auf die Belange der Fußgänger und die Defizite in der Innenstadt hinwies, hat auch Köln gehandelt. Halbherzig. Der stellvertretende Fahrradbeauftragte der Stadt ist nun auch so etwas wie ein Fußgängerbeauftragter. Zu 50 Prozent (siehe nächste Seite). „Das geht gar nicht“, sagt dazu Anne Grose. „Als Fahrradbeauftragter hat man einen ganz anderen Blick auf den Verkehr und die Stadt. Das lässt sich nicht miteinander vereinbaren.“

Fußgängerlobby hinkt hinterher

Die Fußgängerlobby hinkte in Köln stets hinterher. Einen Landesverband gibt es schon lange, ein reger Bundessprecher sitzt in Berlin. Doch für die waren die speziellen Probleme in der Domstadt weit weg. Zudem: Während bei Runden Tischen zum Thema Verkehr selbstverständlich auch immer die Fahrradlobby vertreten ist und schon große Erfolge einfahren konnte, blieben die Fußgänger mangels Ansprechpartner stets  außen vor.

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Dass soll sich nun ändern. „Wir möchten beteiligt werden“, sagt Grose. Noch werde es etwas brauchen, um als Ortsverband in die Spur zu kommen. Die Gründung war nicht leicht. Menschen, die bereit sind, sich zu engagieren, mussten erst einmal gefunden werden. Als sie gefunden waren, brach die Corona-Krise mit ihren Kontaktverboten aus. Doch Anne Grose ist sich sicher, die Fußgänger in Köln sind nicht mehr aufzuhalten, denn: „Zu Fuß geht jeder.“

Neuer Fußgängerbeauftragter gesucht

Für Unverständnis hatte es gesorgt, als im vergangenen Jahr die Verwaltung auf Drängen aus der Bevölkerung und der Politik den stellvertretenden Fahrradbeauftragten zusätzlich zum Fußgängerbeauftragten  der Stadt Köln berief. 50 Prozent seiner Arbeitszeit sollte er sich weiterhin um den Radverkehr kümmern, die restliche Zeit sollte den Fußgängern zugute kommen. Das wurde von vielen als eine halbe Sache empfunden, zumal die beiden Themen im Alltag durchaus konkurrierend sind.

Nun gibt die Stadt  auf Nachfrage der  Rundschau bekannt: Es wird ein neuer Fußgängerbeauftragter gesucht. Die Stelle soll im Laufe des kommenden Sommers ausgeschrieben werden – zunächst verwaltungsintern.  Die Aufgabe wird beim Amt für Straßen und Verkehrsentwicklung angebunden werden und unabhängig vom Ressort Fahrrad sein.

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