Gezielte Überfälle in KölnWie die Masche der falschen Autobahnpolizisten funktioniert

Das ist die richtige Polizeikelle: Mit falschen Kellen und Marken stoppen Trickdiebe Autofahrer und rauben sie aus.
Copyright: picture alliance / dpa
- Am 11. Januar 2019 wurde zum ersten Mal auf dem Kölner Autobahnring ein Autofahrer mit ausländischem Kennzeichen Opfer von falschen Polizisten.
- Bis zum Jahresende 2019 kam es zu 42 weiteren Taten.
- Im Jahr 2020 registrierte die Polizei bisher 15 Trickdiebstähle.
Köln – Kriminelle, die sich mit Uniform und falschen Papieren als Polizisten ausgeben, beschäftigen die Ermittler schon lange. Nun versuchen die Gauner, auf Autobahnen Geld zu erbeuten. Der Schaden ist immens. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Seit wann gibt es das Phänomen „Falsche Polizisten auf der Autobahn“?
Am 11. Januar 2019 wurde zum ersten Mal auf dem Kölner Autobahnring ein Autofahrer mit ausländischen Kennzeichen Opfer von falschen Polizisten. Bis dahin kannten die Ermittler in Köln diese kriminelle Masche nicht. Es wird vermutet, dass sich Wohnungseinbrecher ein neues Betätigungsfeld gesucht haben, weil Einbrüche mittlerweile härter bestraft und von der Polizei konsequent bekämpft werden.
Bis zum Jahresende 2019 kam es zu 42 weiteren Taten. Im Jahr 2020 registrierte die Polizei bisher 15 Trickdiebstähle – geht aber von wesentlich mehr versuchten Überfällen aus. Mittlerweile werden die Fälle wegen der Häufung der Taten zentral beim Düsseldorfer Landeskriminalamt erfasst. Der vorerst letzte Fall im Kölner Raum geschah am 4. Juli. Dabei wurden einem Autofahrer in Bocklemünd von falschen Polizisten 7500 Euro geraubt.
Warum gelingt es den falschen Ermittlern, so häufig Geld zu erbeuten?
Die Täter suchen sich ausschließlich Opfer aus dem Ausland aus. Der Grund: Die Menschen aus dem Ausland kennen die Arbeit der deutschen Polizei nicht und können nicht unterscheiden, ob es sich bei der Kontrolle um echte oder falsche Ermittler handelt. Die Diebe treten überzeugend auf, lotsen die Autofahrer mit einer Polizeikelle von der Autobahn und zeigen eine falsche Polizeimarke. Dann fordern die Täter die Autofahrer auf, ihr Bargeld zu zeigen.
Sie täuschen eine Falschgeld- oder auch eine Drogenkontrolle vor. Hat das Opfer die Geldbörse herausgeholt, greift der falsche Polizist zu und fährt mit einem Fahrzeug samt Komplize davon. Damit die Diebe nicht verfolgt werden können, werden die Schlüssel des Autos auf der Autobahn ins Gebüsch über die Leitplanke geworfen. Besonders wenn der Angriff nachts geschieht, finden die Autofahrer den Schlüssel zunächst nicht mehr.
Reisen die „Polizisten“ gezielt auf Autobahnen umher und suchen ihre Opfer?
Ja. Die Polizei geht davon aus, dass die Täter die Opfer gezielt auf Raststätten, an Tankstellen oder an anderen Orten beobachten und für die Überfälle auswählen. Die Angreifer stammen laut Polizei vornehmlich aus Bulgarien oder Rumänien, sie sprechen bei den Überfällen Deutsch, damit die Opfer aus dem Ausland nicht misstrauisch werden.
Trickdiebe
Die Kölner Polizei warnt fast täglich vor Trickbetrügern. Allein im Jahr 2019 haben in Nordrhein-Westfalen Täter einen Schaden von mehr als elf Millionen Euro angerichtet. Im Zuständigkeitsbereich der Polizei Köln betrug der Schaden im Jahr 2019 mehr als eine Million.
Beim Enkeltrick etwa bittet der Betrüger am Telefon um finanzielle Unterstützung. Die Opfer sind häufig betagte Menschen, die glauben, ein Enkel würde sie anrufen.
Bei der Masche des falschen Polizisten am Telefon gaukeln die Täter ihren Opfern vor, dass in Kürze bei ihnen eingebrochen wird. „Sie stehen auf einer uns vorliegenden Liste, die wir bei Einbrechern beschlagnahmt haben“, sagen sie. Die Täter überreden ihre Opfer, das Geld vor dem Haus abzulegen.
Alleine im Juni 2020 haben falsche Trickbetrüger rund 200 Mal versucht, ältere Menschen um ihre Ersparnisse zu bringen. In 90 Prozent der Fälle scheiterten die Täter an der Wachsamkeit der Senioren. Doch wenn der Diebstahl funktioniert, fällt oft sehr viel Geld in die Hände der Täter. (ta)
„Wenn die Täter merken, dass die Opfer Deutsch sprechen, beenden sie sofort ihre Kontrolle“, sagt ein Ermittler. Vermutlich werben Auftraggeber die Täter für die Trickdiebstähle in Deutschland an.
Was ist über die Opfer bekannt?
Es sind oft Touristen, die zufällig auf den Autobahnen in Köln unterwegs sind. Menschen aus Kiew wurden bestohlen, genauso wie Autofahrer aus Bulgarien oder Rumänien oder Großbritannien. Unter den Opfer sind aber auch Spargelstecher aus Osteuropa, die nach Wochen harter Arbeit nach Hause wollen und dann gezielt der falschen Kontrolle unterzogen werden.
„Die Menschen wollen ihr Geld den Familien geben und ihnen helfen und werden dann bestohlen. Die Opfer sind regelrecht aufgelöst. Da hängen Existenzen dran. Es sind perfide Taten“, sagt Jens Gerke vom Kriminalkommissariat 74. Weil die Spargelstecher in Kleintransportern gemeinsam nach Hause fahren, erbeuten die Täter oft mehrere tausend Euro.
Wie hoch ist die Schadenssumme?
Bei jedem Fall geht die Polizei von einer erbeuteten Summe in vierstelliger Höhe aus. Allein in diesem Jahr erbeuteten die Trickdiebe bisher im Kölner Raum annähernd 100 000 Euro. „Touristen haben in der Regel viel Bargeld dabei“, betont Gerke.
Handelt es sich um eine Bande oder Einzeltäter ?
Die Polizei spricht von „unzähligen Gruppen“, die auf den Autobahnen unterwegs sind. „Es gibt diverse Täter, mehrere Täterfahrzeuge, die unterschiedliche Kennzeichen haben“, sagt der Ermittler. Dies mache die Arbeit für die Polizei schwierig. Es habe aber auch schon Festnahmen gegeben.
Welche Hinweise können zur Prävention gegeben werden?
Auf jeden Fall den Ausweis zeigen lassen, genau anschauen und bei Verdacht die „110“ wählen. Die gezeigten Ausweise und Marken seien primitiv gemacht. „ Diese Marken können in jedem Karnevalsgeschäft gekauft werden“, betont Gerke. Manchmal tragen die Trickdiebe auch unechte Polizeimützen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Außerdem würden in Deutschland in der Regel bei einer Kontrolle immer zwei Polizisten an ein Fahrzeug herantreten und nicht wie bei den falschen Ermittlern nur ein Beamter. Wenn Autofahrer auf Kölner Autobahnen eine Kontrolle von falschen Polizisten vermuten, sollten sie zum Handy greifen und die „110“ wählen.