Heimatgeschichte erhaltenStiftung will Filmschätze aus Köln retten

Seinen Sohn Heinz filmte Wilhelm Born vor der Hohenzollernbrücke
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Köln – Haben Sie es in Ihrer Familie auch schon erlebt, dass auf einem Dachboden, im Keller oder in Schränken versteckt alte Filmrollen zum Vorschein kommen, die längst vergessen waren? Super-8-Rollen, Doppel-8 oder gar 16 Millimeter? Was Vater oder Mutter, die Großeltern oder andere Verwandte vor langer Zeit auf Zelluloid gebannt haben, liefert oft faszinierende Einblicke in die Geschichte Kölns. Doch solche Filmschätze aus Privatbesitz verschwinden häufig auf Nimmerwiedersehen, kaum dass sie gefunden wurden.
Ein Stück visuelle Heimatgeschichte droht verloren zu gehen
„Oft habe ich erlebt, dass alte Filmrollen das Erste sind, was bei einem Umzug entsorgt wird“, sagt der Journalist und Filmemacher Hermann Rheindorf. „Zum einen, weil die Geräte fehlen, um die Filmszenen anzuschauen, aber auch, weil die privaten Aufnahmen in ihrer Bedeutung für die Stadtgeschichte oftmals unterschätzt werden. So droht ein Stück visueller Heimatgeschichte verloren zu gehen.

Neben der Brücke war früher ein Parkplatz
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Seit rund 20 Jahren sammelt Rheindorf Filmmaterial über Köln, er hat mehr als 20 filmische Dokumentationen über Köln und den Rhein herausgebracht – von der Kaiserzeit bis in die 80er Jahre. Zuletzt präsentierte er mit „Köln nach dem Krieg in Farbe“ ein beeindruckendes filmisches Zeugnis der Wiederaufbau- und Wirtschaftswunderjahre (wir berichteten).
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Jetzt führt Rheindorf seine Arbeit in der neu gegründeten Kölner Filmerbe-Stiftung fort, die im Jahr 2019 von der Psychologin Georgia Friedrich (siehe Infotext) ins Leben gerufen wurde. Friedrich starb 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie, die Stiftung stellt sich heute bei einem Kinoabend im Rheinauhafen erstmals öffentlich vor.
Die Stifterin

Georgia Friedrich
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1943 kam Georgia Friedrich in Berlin zur Welt, sie starb am 5. März 2020 in Köln. Die Gründerin der Kölner Filmerbe Stiftung hat in Bonn Psychologie studiert und lebte ab 1969 mit ihrem Mann, dem Pastor Helmut Friedrich, im Pfarrhaus in Bickendorf.
Ihre beruflichen Anfänge hat sie in der evangelischen Familienberatung in Köln, wo sie mit Anfang 30 zur Amtsleiterin aufsteigt. Schon früh knüpft sie mit ihrem Mann Kontakte ins Ausland, organisiert Exkursionen nach Frankreich und Israel und unternimmt ausgedehnte Reisen durch die Türkei und den Nahen Osten. 1994 wird Georgia Friedrich von der Gossner Mission für drei Jahre nach Nepal und Indien berufen. Später reist sie auf den Balkan und nach Osttimor. In mehr als vier Jahrzehnten sind Filmkamera und Fotoapparat ihre ständigen Begleiter, sie dokumentiert ihre Reisen in mehr als 100 Länder in mehr als 60 000 Dias und zahlreichen Filmen. Die Gründung der Kölner Filmerbe Stiftung wird zu ihrem letzten Projekt. (fu)
Als Beauftragter der gemeinnützigen Stiftung sammelt Rheindorf künftig Filmdokumente über Köln aus Privatbesitz, um sie dauerhaft für die Nachwelt zu erhalten. Dabei geht es darum, die Filmschätze vor der Entsorgung zu retten, sie zu archivieren und sie langfristig durch Digitalisierung wieder für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. „Bis in der 80er-Jahre war die Filmerei ein weit verbreitetes Hobby und zeigte oft das, was im Fernsehen kaum zu sehen war, nämlich wie wir gelebt haben und wo: in den Stadtvierteln und Dörfern, wohin sich kaum ein Fernseh-Team verirrte“, erläutert Rheindorf.Solche filmischen Schätze gelte es zu erhalten, deshalb rufe er alle, die auf altes Filmmaterial aus Köln stoßen dazu auf, sich bei der Stiftung zu melden. „Ob es sich um ein Einzelstück handelt, um eine größere Sammlung oder eine ganze Familienchronik: Wir freuen uns über jeden Neuzugang.“
Im Fundus der Stiftung befinden sich zum Beispiel sämtliche Aufnahmen des Hobbyfilmers Wilhelm Born, der nach 1945 immer wieder mit seinem Sohn Heinz durch die Altstadt zog, um den Wiederaufbau zu dokumentieren, etwa an der Hohenzollernbrücke (siehe Foto). Auch die Sammlung des Filmamateurs Hermann Nick ist kürzlich an die Stiftung gegangen. Ein weiterer Filmschatz, der die Stiftung vor Kurzem erreichte, enthält nie gesehene Aufnahmen des Lindenthaler Arztes Wilhelm Pick, geistesgegenwärtig vom Sperrmüll gerettet von Rollo Gabler. Für die am Projekt Beteiligten ein Zeichen, dass es noch viel zu entdecken gibt.

In den 50-ern kehrten Lebensfreude und Wohlstand zurück
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Am Freitag präsentiert sich die Kölner Filmerbe-Stiftung um 21 Uhr im Open Air Kino am Rheinauhafen. Mitglieder von Vorstand und Kuratorium sprechen über das Vorhaben, das private Kölner Filmerbe zu retten. Dabei sind u. a. Prof. Friederike Bing von der Medienhochschule HMKW, der Kölner DGB-Vorsitzende Witich Roßmann sowie die Sänger Ludwig Sebus und JP Weber. Nach dem Rahmenprogramm wird der Film „Köln nach dem Krieg in Farbe“ gezeigt. Karten kosten an der Abendkasse 15 Euro.