Eine interaktive Internet-Karte der Stadt Köln soll Straßennamen erklären - ein Selbstversuch.
Internet-KarteUrsula und ihre Lage in der Stadt

Straßenschild "Unter Fettenhennen" Köln
Copyright: Frank Überall
Es ist ein steter Quell der Freude, vom Presseamt der Stadt Köln auf Neuerungen im Rathaus hingewiesen zu werden. Diesmal wird der Redaktion eine interaktive Karte im Netz angepriesen.
Das Ansinnen der Informations-Facharbeiter der Stadtverwaltung ist es, dass Medien über diese „übersichtliche Darstellung sämtlicher eingetragener Straßenbezeichnungen im Kölner Stadtgebiet“ informieren. Zu jeder Straße ließen sich Hintergrundinformationen abrufen – etwa zur „Herkunft des Namens, zur Benennungshistorie oder zu besonderen Ereignissen im Zusammenhang mit der Straße“.
Nun hätte man das schlicht vermelden können. Besser aber ist es, das moderne Tool im Internet dem redaktionellen Stresstest auszusetzen. Und siehe da: Die Neugierde wird schon nach den ersten Klicks rasant ausgebremst.
Fragen kann man die Karte nicht
Für die Ursulastraße in der Innenstadt wirft das Programm dürftige Resultate aus: „Bauwerk/Lage oder Gewannbezeichnung“. Dass Ursula ein Bauwerk sein soll, ist schon eigentümlich genug. Dass es sich bei dem weiblichen Vornamen in irgendeiner Weise um eine „Lage“ handeln soll, erscheint zumindest erklärungsbedürftig.
Aber Fragen kann man der digitalen Karte nicht stellen, so interaktiv ist sie nun auch wieder nicht. Weiter also zur Anschrift der Rundschau-Redaktion in der Stolkgasse. Da wird doch sicher Näheres zu erfahren sein. Es wird kaum überraschen, dass auch hier der Standardhinweis die Neugierde abrupt ersticken lässt.
Zeit also, über die Alternative nachzudenken, die als Grund für die Benennung angegeben wird. Eine „Gewannbezeichnung“ könnte es sein. Da dem Autor der Begriff nicht geläufig ist, wird der Duden zurate gezogen: Ein Flurstück oder Parzelle ist mit „Gewann“ gemeint, der Begriff kommt aus dem Mittelhochdeutschen.
"Unter Fettenhennen" ohne Angabe
Nun gut, die Stolkgasse mag eine nicht unwesentliche Parzelle unserer Stadt sein. Schlauer sind wir an dieser Stelle aber erstmal nicht. Für die Tunisstraße, die Trankgasse oder die amüsante Wegbezeichnung „Unter Fettenhennen“ werden wir leider auf der städtischen Karte auch im Ungewissen gelassen. Das ist schade, aber nicht dramatisch.
Dabei hätte man beim Walter-Pauli-Ring in Kalk sensibler sein und auf den Hintergrund hinweisen können, ja müssen: Schließlich wird hier bewusst und mit Unterstützung ausgerechnet der Stadt daran erinnert, dass der junge Polizist Walter Pauli in der Nähe im Jahr 1975 im Dienst getötet worden war.
An anderen Stellen wird man dagegen durchaus fündig und lernt etwas über die Stadt. Die Schildergasse heißt schließlich nicht wegen der vielen Reklameschilder so, sondern weil hier früher die Maler von Schildern mit Familienwappen ihr Quartier hatten.
Zwei Blicke auf die Goldgasse
Beim Klick auf den Neumarkt erfährt man, dass die Platzanalage „in novo mercato“ bereits 1076 erstmals urkundlich erwähnt wurde und dass 1823 hier der erste Rosenmontagsumzug stattgefunden hat.
Für die Goldgasse wird eine edle und eine weniger erbauliche Erläuterung als Alternative geboten: Entweder ging es demnach bei der Benennung im Jahr 1816 um einen Goldschmied oder um die Latrinenreiniger, die im Mittelalter „Goldgräber“ genannt wurden. Es muss also nicht immer fein zugehen, wenn in Köln Straßen benannt wurden.
Dieser Gedankengang lädt freilich dazu ein, die Straße virtuell zu überprüfen, an der ein gigantisches Eroscenter liegt: Ob die Hornstraße, die am 15. Mai 1895 so benannt wurde, mit den schlüpfrigen Dienstleistungen, die dort heutzutage angeboten werden, etwas zu tun hat, bleibt der Phantasie überlassen. „Benannt nach ihrer hornförmigen Gestaltung“, lautet die schlichte Erklärung der städtischen Straßenerklärer.