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Jusos unzufriedenKölner SPD streitet um Listenplätze für den Stadtrat

Lesezeit 4 Minuten
Delegierte der Kölner SPD bei einem Parteitag im Bürgerzentrum Chorweiler.

Rund 300 Delegierte der Kölner SPD werden am Samstag zur Wahlkreiskonferenz im Bürgerzentrum Chorweiler erwartet (Archivbild).

Die Kölner SPD stellt am Samstag ihren OB-Kandidaten und die Bewerber für den Stadtrat auf. Um die Reihenfolge auf der Ratsreserveliste gibt es Konflikte.

Auf einer Wahlkreiskonferenz im Bürgerzentrum Chorweiler will die Kölner SPD am Samstag Torsten Burmester (61) offiziell zu ihrem Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt wählen. Vor sechs Wochen hatten die rund 300 Delegierten ihn bereits mit einem einstimmigen Votum per Handheben unterstützt. Bei der offiziellen Nominierung wird jedoch in geheimer Wahl abgestimmt – man darf also gespannt sein.

Gegenkandidaten für das OB-Amt sind weiterhin keine in Sicht. Die wird es wohl aber bei der Abstimmung über die Kandidaturen für den Stadtrat geben. Denn der Vorschlag für die Ratsreserveliste, die von den Spitzen von Partei und Fraktion erarbeitet und vom Parteivorstand beschlossen wurde, stößt in Teilen der Partei auf scharfe Kritik.

Die Jusos sehen sich in der Liste unterrepräsentiert. „Wir haben uns einen Generationenwechsel gewünscht und sind sehr enttäuscht, wie wenig Mut die Partei hier bewiesen hat. Wir wollten auf jeden Fall mehr“, sagte die Juso-Vorsitzende Sami Berhane (23) der Rundschau. Sie verweist auf eine Vereinbarung der SPD, wonach drei der ersten zehn Kandidaten auf der Ratsreserveliste Jusos sein sollen – also Genossen, die jünger als 36 Jahre sind.

Kölner Juso-Vorsitzende rechnet mit Kampfkandidaturen

Tatsächlich ist mit der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Maria Helmis-Arend nur eine einzige Juso-Vertreterin unter den Top Ten, denn Pascal Pütz auf Platz 9 ist kürzlich 36 geworden. Als weitere Jusos sind der verkehrspolitische Sprecher Lukas Lorenz auf Platz 11, die frühere Kölner Juso-Vorsitzende Elisabeth Klein auf Platz 12 und der ehemalige Europawahlkandidat Lars Gemmer auf Platz 15 zu finden.

Co-Parteichefin Claudia Walther bestätigte auf Nachfrage die gewünschte 30-Prozent-Quote an jüngeren Bewerbern. Außerdem habe sich die SPD weitere Vorgaben gemacht, etwa zur Quotierung von Frauen und Männern sowie eine 20-Prozent-Quote für die Berücksichtigung von Menschen mit Migrationshintergrund unter den ersten zehn Listenplätzen. Darüber hinaus sollen in den Top Ten alle neun Kölner Stadtbezirke vertreten sein, für Platz 11 bis 20 gilt das analog. Zudem sollten die Kandidaten auf der Liste verschiedene Schwerpunktthemen sowie möglichst viele Bereiche der Gesellschaft widerspiegeln. „Wir wollen ein Angebot der Vielfalt machen“, sagte Walther.

Die Jusos kündigen Widerstand gegen den Listenvorschlag an. Sie rechne damit, dass es am Samstag Kampfkandidaturen von Juso-Vertretern geben werde, sagte Juso-Chefin Sami Berhane. Im Vorfeld hatten die Jusos bereits erreicht, dass Elisabeth Klein auf der Liste von Platz 14 auf Platz 12 vorrückte.

SPD-Fraktionschef Christian Joisten, der an der Aufstellung der Liste beteiligt war, selbst auf Platz 1 kandidiert und die Fraktion auch künftig führen will, sagte der Rundschau: „Ich war selbst mal Juso-Vorsitzender und habe Verständnis für die Forderungen der Jusos. Man muss aber auch sehen, dass die Ratsfraktion schon 2020 stark verjüngt wurde. Damals zogen vier Jusos in den Rat ein. Sie haben alle verantwortungsvolle Aufgaben in der Fraktion übernommen. Auch jetzt haben wir eine sehr junge Liste mit vier Jusos unter den ersten 15 Plätzen bei zwei Ü-60-Kandidierenden.“

Doch die Jungen sind nicht die Einzigen, die sich über manche Platzierung auf der Ratsreserveliste wundern. Während die beiden Joisten-Stellvertreter Helmis-Arend auf Platz 2 und Oliver Seeck auf Platz 5 aussichtsreiche Positionen bekleiden, findet sich die Joisten-Stellvertreterin und frühere Landtagsabgeordnete Lisa Steinmann auf Platz 16 wieder. Spitzenpositionen haben Bürgermeister Ralf Heinen mit Platz 3 sowie die Vize-Parteivorsitzende Berit Blümel auf Platz 4, die im Rat seit 2020 als sachkundige Bürgerin tätig ist. Dagegen wurde Elfi Scho-Antwerpes, langjähriges Ratsmitglied, frühere Bürgermeisterin und ehemalige Kölner Bundestagsabgeordnete überraschend nur auf Platz 18 gesetzt.

Homann will gegen Joisten antreten

Nicht mehr auf der Ratsliste steht der frühere SPD-Fraktionsgeschäftsführer Mike Homann. Wie berichtet, unterlag er bei der Wahl der Ratskandidaten in seinem Ortsverein Sürth gegen den dortigen Vorsitzenden Mirko Hertel. Gegenüber der Rundschau kündigte Homann an, dass er am Samstag eine Kampfkandidatur gegen Christian Joisten um Platz 1 der Ratsreserveliste plant: „Ich möchte der Partei eine personelle Alternative bieten“, sagte Homann.

Der Fraktionsvorstand um Joisten hatte Homann im März 2023 als Geschäftsführer fristlos entlassen. Nach einem Streit vor dem Arbeitsgericht einigte man sich auf einen Vergleich. Die Kündigung wurde zurückgenommen, im Gegenzug legte Homann sein Amt freiwillig nieder. Er blieb aber Mitglied des Stadtrats. Bei der Nominierung von Andreas Kossiski zum OB-Kandidaten der Kölner SPD hatte Homann im Februar 2020 auf dem Parteitag nach Kritik am Findungsverfahren spontan eine Gegenkandidatur angekündigt, diese aber in letzter Minute zurückgezogen.