Fristlos gekündigtSPD-Fraktion Köln entlässt ihren Geschäftsführer

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Mike Homann 2020 beim SPD-Parteitag in Chorweiler.

Mike Homann 2020 beim SPD-Parteitag in Chorweiler.

Die SPD-Ratsfraktion hat ihrem seit zwei Wochen freigestellten Geschäftsführer Mike Homann fristlos gekündigt. Die Entscheidung traf der Vorstand um Fraktionschef Christian Joisten, die Fraktion stimmte nicht darüber ab.

Hauen und Stechen in der SPD-Ratsfraktion: Nach Rundschau-Informationen hat Fraktionschef Christian Joisten (51) am Dienstag dem freigestellten Fraktionsgeschäftsführer Mike Homann (47) fristlos gekündigt. Begründet wurde die Kündigung dem Vernehmen nach mit „Vertrauensverlust“.

Der Rundschau liegt ein Schreiben von Homann an die Mitglieder der SPD-Fraktion vor, in der es heißt: „Der Fraktionsvorsitzende hat mit einer fadenscheinigen Begründung meinen Vertrag, der befristet, aber ordentlich nicht kündbar ist, fristlos gekündigt.“ Und weiter: „Mit der fristlosen Kündigung verbunden ist für mich nicht nur der sofortige Entzug des Lebensunterhalts für mich und meine Familie, sondern auch eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, das heißt, ich erhalte zwölf Wochen auch kein Arbeitslosengeld.“ Das sei in seiner Situation als alleinerziehender Vater „eine Katastrophe“.

Weiter schreibt Homann: „Der Fraktionsvorsitzende und der geschäftsführende Vorstand scheinen zu erwarten, dass ein Fraktionsmitarbeiter seinen Job jederzeit aufgibt, damit der geschäftsführende Fraktionsvorstand neue Vorstellungen eines Teams umsetzen kann.“ Der Vorgang sei gerade bei einer Partei, die sich „Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf die Fahnen geschrieben hat, besonders enttäuschend“.

Fristlose Kündigung erfordert gewichtige Gründe

Die fristlose Kündigung ist ein bemerkenswerter Schritt. Denn für die sofortige Beendigung eines Arbeitsverhältnisses brauchen Arbeitgeber einen gewichtigen Grund. Im Falle von Mike Homann soll es dem Vernehmen nach keinerlei Gründe geben, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen würden. In der Fraktion ist gar von Rufschädigung die Rede. Homanns Arbeitsvertrag ist auf fünf Jahre befristet und gilt bis zum Ende der laufenden Wahlperiode im Jahr 2025.

Die Entscheidung, Homann mit sofortiger Wirkung zu kündigen, wurde nicht von der SPD-Ratsfraktion per Abstimmung getroffen, sondern im geschäftsführenden Vorstand um Fraktionschef Christian Joisten. Die Fraktionsmitglieder wurden lediglich darüber informiert, am Mittwochabend diskutierte man in der Fraktionssitzung darüber. Joisten habe eine Abstimmung gescheut – aus Angst, sie könnte zu Gunsten von Homann ausgehen, so ein Fraktionsmitglied.

Der Rechtsanwalt und frühere Rodenkirchener Bezirksbürgermeister Mike Homann war 2020 erstmals in den Stadtrat gewählt worden. Im Oktober 2020 hatte ihn die SPD-Fraktion mit breiter Mehrheit von 88 Prozent zum hauptamtlichen Fraktionsgeschäftsführer gewählt. Vor zwei Wochen hatte Joisten ihn von seinen Aufgaben entbunden und freigestellt (wir berichteten). Seine Aufgaben übernahm der bisherige Vize-Geschäftsführer Hubertus Tempski. Sein Ratsmandat will Homann behalten.

Zu internen Dingen äußern wir uns nicht.
Christian Joisten, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion Köln

In der SPD-Fraktion wurde der Vorwurf laut, Joisten wolle den Posten des Geschäftsführers ab Herbst selbst übernehmen – zusätzlich zu seiner Funktion als Fraktionschef. Ende September läuft die bisherige Regelung aus, wonach Joisten seit 1. Oktober 2022 in Teilzeit bei der SPD-Fraktion angestellt ist. Auf diese Weise hatte er sich ein finanzielles Auskommen als Berufspolitiker gesichert, nachdem sein Plan, Landtagsabgeordneter zu werden, durch seine Niederlage bei der NRW-Wahl im Mai 2022 gescheitert war.

Gegenüber der Rundschau hatte Christian Joisten vor zwei Wochen den Vorwurf zurückgewiesen, er strebe zusätzlich zum Fraktionsvorsitz das Amt des Geschäftsführers an. „Das trifft nicht zu“, sagte er. Gestern wollte er keine Fragen zur Kündigung von Mike Homann beantworten. „Zu internen Dingen äußern wir uns nicht.“ Auch Homann lehnte auf Anfrage eine Stellungnahme ab: „Kein Kommentar.“

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