Lynchmob in HöhenbergLebenslange Haft für tödlichen Racheakt in Köln gefordert

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Bamberger Straße, Schläger attackieren Smart-Fahrer

Ermittler am Tatort auf der Bamberger Straße

Die Staatsanwaltschaft fordert im Prozess um den Lynchmob von Höhenberg lebenslange Freiheitsstrafe für den 32-jährigen Angeklagten wegen „gemeinschaftlichem, heimtückischem Mord aus niedrigen Beweggründen“.

Im März 2022 attackiert ein Mob aus rund 30 Männern in Höhenberg einen Autofahrer am helllichten Tag auf offener Straße und schlägt so lange auf ihn ein, bis er reglos in seinem eigenen Blut auf der Straße liegen bleibt. Bei der Gewalttat sollen auch ein Hammer und ein Messer zum Einsatz gekommen sein. Wenige Tage später erlag der 37 Jahre alte Vater von zwei kleinen Töchtern in einem Krankenhaus seinen Verletzungen. Der mutmaßliche Grund für den Angriff: Der Bruder des Opfers – beide hatten kaum Kontakt zueinander, mochten sich dem Vernehmen nach nicht einmal – hatte in der Nacht vor der Tat per Live-Stream im Internet die Familie der späteren Angreifer massiv bedroht und deren Ahnen geschmäht.

Im ersten Prozess um den sogenannten Lynchmob von Höhenberg hat die Staatsanwaltschaft am Montag auf eine lebenslange Freiheitsstrafe für den 32 Jahre alten Angeklagten plädiert. Nach 24 Verhandlungstagen stehe zweifelsfrei fest, so der Staatsanwalt, dass der Angeklagte sich an einem „gemeinschaftlichen, heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen beteiligt“ habe. Weil die Tat „besonders verwerflich“ sei, beantragte der Ankläger zudem die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Würde das Gericht diese feststellen, wäre eine Aussetzung der Haftstrafe zur Bewährung nach 15 Jahren ausgeschlossen. Besonders betonte der Staatsanwalt, dass der Geschädigte völlig willkürlich ausgewählt wurde. Allein der Umstand, dass er der Bruder des Urhebers des Beleidigungsvideos gewesen sei, habe ihn zum Ziel der Rache der Täter-Großfamilie gemacht. Die Beleidigungen in dem Video habe die Familie des Angeklagten als „Kriegserklärung“ aufgefasst, das Familienoberhaupt habe eine „angemessene Reaktion“ verlangt.

Zentrales Beweismittel in dem Prozess ist ein Video einer Überwachungskamera am Tatort Kreuzung Miltenberg Straße/Bamberger Straße in Höhenberg, auf dem der Angriff aufgezeichnet worden war. Das Video zeigt deutlich, dass der Angeklagte, zu keinem Zeitpunkt selbst Hand an das Opfer angelegt hatte. Der 32-Jährige habe jedoch gewusst, dass eine „gezielte und geplante Racheaktion“ stattfinde, was ihn zum Mittäter mache, so der Staatsanwalt.

Die Verteidigung bezeichnete die Ausführungen des Anklägers als „abstrus“. Ob es einen Tatplan gegeben habe und wie sich der Angeklagte dazu verhalten habe, sei völlig unklar. Der 32-Jährige hatte in seiner Einlassung angegeben, dass er Gewalt gegen den 37-Jährigen habe verhindern wollen, worauf Verteidigerin Lara M. Gaber hinwies. Der Angeklagte habe über Stunden versucht, seine Familienangehörigen von einer Gewalttat gegen das spätere Opfer abzuhalten. Das Gegenteil sei dem 32-Jährigen nicht bewiesen worden, was aber die Aufgabe der Staatsanwaltschaft gewesen wäre. „Der Angeklagte muss hier nicht seine Unschuld beweisen.

In der kommenden Woche soll noch der weitere Verteidiger Abdou Gabbar plädieren. Danach wird das Urteilerwartet.

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