Ausgezeichnete LebensrettungKrankenhaus in Kalk bietet optimale Versorgung

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EVKK

Dr. Frank Eberhardt, Frank Schmitz und Markus Redmann, pflegerischer Intensiv-Bereichsleiter mit Reanimationspuppe Tom

Vor ein paar Wochen hat Frank Schmitz eine Gratulation zum ersten Geburtstag bekommen. Die Gratulantin des 58-Jährigen vom Niederrhein war seine Gattin. Denn es hätte ja alles ganz anders kommen können, als Frank Schmitz am 15. September 2021 im Flughafen Köln/Bonn beim Einchecken zusammenbrach. „Wenn das nur fünf Minuten früher im Parkhaus passiert wäre, dann wäre ich heute wohl tot. Da hält sich ja niemand auf.“

Herzdruckmassage war lebensrettend

So aber führte jemand aus der Warteschlange der Mitreisenden eine Herzdruckmassage durch und reanimierte den klinisch Toten rechtzeitig. Denn: „Wenn keine Wiederbelebungsmaßnahmen einsetzen, treten nach zwei, drei Minuten die ersten Hirnschädigungen auf“, erklärte Privatdozent Dr. Frank Eberhardt, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin im Evangelischen Krankenhaus Kalk (EVKK), als sein Patient kürzlich zur Nachuntersuchung an die Buchforststraße gekommen war. Ein anderer aus der Schlange hatte damals den Notarzt gerufen, und der war in acht Minuten zur Stelle. „Optimalst“ sei das für Frank Schmitz gelaufen, so Eberhardt. Der Notarztwagen hatte den Bewusstlosen ins EVKK gebracht, das auf solche Fälle spezialisiert ist.

„Cardiac Arrest Center“

Erst einen Monat zuvor war das EVKK vom Deutschen Rat für Wiederbelebung als „Cardiac Arrest Center“ zertifiziert worden, eine Auszeichnung für Kliniken, die besonders erfolgreich bei der Behandlung von Patienten mit Herz- oder Kreislaufstillstand („Cardiac Arrest“) sind. „Neben der Uni-Klinik im Linksrheinischen ist das EVKK stadtweit das einzige Krankenhaus mit diesem Zertifikat“, so Eberhardt. Das Zertifikat bedeutet auch, dass betroffene Patienten hier besonders gute Chancen haben. Allgemein liege ihre Chance auf ein selbstständiges, selbstbestimmtes Leben nach der Entlassung bei etwa zehn Prozent, mit der Einlieferung in ein „Cardiac Arrest Center“ steige sie auf immerhin bei 30 Prozent.

Schockraum im Erdgeschoss

Laut Chefarzt Eberhardt hat das nichts mit besonderen ärztlichen Tricks oder Kniffen, und auch nichts mit teuren Apparaten zu tun. „Man muss die Strukturen und Abläufe innerhalb des Krankenhauses entsprechend organisieren.“ Das beginnt schon mit der baulichen Anlage. So liegt im EVKK etwa der Schockraum für die Erstversorgung des Patienten im Erdgeschoss unweit der Tür, in dem die Notfallpatienten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Eine Tür weiter befindet sich das Herzkatheter-Labor, wo dünne Plastikschläuche zur genauen Diagnose in die Herzkammern eingeführt werden. Auch die Röntgenabteilung ist gleich nebenan, eine Computertomografie kann gleich in der Nähe durchgeführt werden, falls nötig. Das müsse alles reibungslos ineinandergreifen.

„Es beginnt aber schon mit der Telefonnummer“, erzählt der Chefarzt. Häufig wüssten die Notärzte nicht genau, welche Abteilung sie anrufen müssen. „Bei uns erfährt der Arzt in einer Minute, ob wir Kapazitäten frei haben.“ Aber auch die Betreuung der Angehörigen inklusive Seelsorge gehöre zur Aufgabe des Krankenhauses. Insgesamt sieben Kliniken und Bereiche des EVKK sind auf dem Zertifikat aufgeführt, das nun im Eingangsbereich des Krankenhauses hängt, neben Kardiologie und Radiologie beispielsweise auch Anästhesie oder Neurologie.

Regelmäßige Fortbildungen für Pfleger und Ärzte

Frank Eberhardt betont, dass ohne das Personal gar nichts geht. Finanzielle Vorteile bringe die Auszeichnung weder für das Krankenhaus noch für einzelne Angestellte. „Aber es ist ungeheuer motivierend für die Mitarbeiter, wenn sie die Verbesserungen für die Patienten sehen.“ Etwa 50 Ärzte und Pflegefachkräfte müssten regelmäßig Fortbildungen besuchen. Alle zwei Jahre werde nun von unabhängigen Gutachtern geprüft, ob das Krankenhaus die Voraussetzungen für die Auszeichnung erfüllt. „Eineinhalb Tage dauern diese Fortbildungen, das ist nicht sehr viel, aber angesichts des Pflegenotstands und unter Pandemie-Bedingungen ist es doch spürbar.“

Reanimationspuppe „Tom“ zum Üben

Man habe aber kein Personal abziehen müssen, um das Zertifikat zu bekommen, sagt Eberhardt. Auch größere Anschaffungen seien nicht notwendig gewesen, abgesehen von den rund 12.000 Euro für Reanimationspuppe „Tom“. Die kann lebensecht einen Patienten mit Herz- oder Kreislaufstillstand simulieren und wird bei hausinternen Fortbildungen eingesetzt. Der Chefarzt will gedanklich unbedingt noch einmal zurück zum Flughafen und Frank Schmitz’ Zusammenbruch. Die Ursache sei Kammerflimmern gewesen, eine lebensgefährliche Herzrhythmusstörung, die besonders häufig bei einem akuten Herzinfarkt, aber auch bei Herzmuskelerkrankungen auftritt.

Blutversorgung des Gehirns unterbrochen

Folge sei ein akuter Kreislaufstillstand, bei dem der Organismus und insbesondere das Gehirn nicht mehr mit Blut versorgt wird. Im Notfall müssten zufällig anwesende Familienmitglieder, Freunde oder Passanten die Herzdruckmassage anwenden, sonst verstrichen die wichtigen ersten Minuten und auch das beste „Cardiac Arrest Center“ könne nicht mehr helfen: „Leider haben viele Laien Angst, dass sie etwas kaputtmachen. Oft brechen dabei ja auch einige Rippen, aber das ist das kleinere Übel.“ Nichtstun und Warten jedenfalls sei keine Alternative, denn der Notarzt komme häufig zu spät: „Der Notfalldienst ist in Köln von der Feuerwehr hervorragend organisiert, aber aufgrund des Verkehrs oder baulicher Gegebenheiten – in welcher Etage befindet sich der Patient, hat das Gebäude einen Aufzug? – brauchen die Rettungssanitäter mindestens fünf bis zehn Minuten.“

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Frank Schmitz, der an einem Freitag im EVKK ankam und das Krankenhaus am nächsten Montag schon wieder verlassen konnte, weiß, was er seinem Retter vom Flughafen schuldig ist: „Ich würde mich so gern bedanken, aber ich kann den Namen nicht herauskriegen: Datenschutz.“ Er trägt nun einen Defibrillator, einen speziellen Herzschrittmacher, der bei Kammerflimmern einen Elektroschock abgibt. Schmitz ist wieder berufstätig und fliegt sogar wieder: „Aber nicht vom Flughafen Köln/Bonn aus, den konnte ich bislang meiden.“

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