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Inklusive Kunst-AkademieKalk bekommt Deutschlands erste inklusive Kunstakademie

4 min
Ein Industriebau mit dem Schriftzug „Kunsthaus Kalk“.

Ecke Dillenburger Straße / Christian-Sünner-Straße liegt das Gebäude, das das „Kunsthaus Kalk“ nutzt.

Im ehemaligen KHD-Gebäude wächst ein einzigartiges Projekt: Ab September sollen hier Künstler mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam studieren. Ein Besuch bei den Vorreitern der inklusiven Kunstausbildung.

Das Logo ist schon fertig. In großen weißen Buchstaben prangt über dem Eingang des ehemaligen KHD-Verwaltungsgebäudes im verlassenen Industriekomplex der Hallen Kalk der Schriftzug „Kunsthaus Kalk“. Die gläsernen Eingangstüren sind mit Ornamenten verziert, großflächige weiße Porträts sind auf die Fensterscheiben gemalt. Innen wird auf vier Etagen renoviert und ausgebaut.

Rund 2000 Quadratmetern umfasst das „Kunsthaus Kalk“. Darin eingebettet entsteht etwas deutschlandweit Einmaliges: die erste inklusive Kunstakademie. Die dreijährige Testphase beginnt im September. Schritt für Schritt soll die Akademie in einem organischen Entwicklungsprozess Form gewinnen. Das Ziel ist bereits klar: „Hier werden künstlerisch Begabte unabhängig von ihren kognitiven Fähigkeiten zusammen lernen“, sagt Jan Liesegang. Der Professor für Architektur gehört zum Kollektiv raumlaborberlin. Gemeinsam mit dem Kölner Verein KUBiST setzt sich raumlaborberlin seit Jahren für eine inklusive Kunstakademie ein.

Vier Menschen vor dem Modell eines großen Gebäudes.

Macher vor Modell: (v.l.) Jan Liesegang, Buket Isgören, Filip Mijo Livaja und Jutta Pöstges.

„Im Prinzip ist das eine Weiterentwicklung dessen, was wir im KAT18 machen“, sagt Jutta Pöstges. Sie ist künstlerische Leiterin im KAT18, dem Kunsthaus in der Südstadt, in dem 20 Künstlerinnen und Künstler mit Beeinträchtigungen seit nun elf Jahren Kunstwerke erschaffen.  Zusammen mit Liesegang hat Pöstges  auch die künstlerische Leitung für den Testbetrieb der inklusiven Akademie. Entwickelt wird das Modellprojekt gleichberechtigt und mit vielfältigen Impulsen. Auch die Künstler sind am Entwicklungsprozess beteiligt. Bei einer „Sommer School“ im vergangenen Jahr ist viel Input zusammengekommen. Detailreiche Modelle und eine Menge an Zeichnungen zeugen von dem Elan und der Begeisterung, die das Projekt antreibt. 

Porträts mit weißer Farbe auf Fensterglas.

Zeichnungen an den Fenstern im „Kunsthaus Kalk“.

„Ich habe mir Gedanken über einen guten Arbeitsplatz gemacht“, sagt Filip Mijo Livaja und zeigt auf eine Schwarz-Weiß-Skizze. Der 29-jährige Künstler will auf jeden Fall bei der Testphase im September an Bord sein. „Mit anderen Studenten zusammenzuarbeiten, bedeutet mir ganz viel. Ich will Anregungen und ich möchte mich weiterentwickeln als Künstler. Man muss sich verbessern und so ein Umfeld ist einfach etwas Besonderes“, sagt Livaja.

Ein junger Mann und eine Zeichnung eines Fußballspielers.

Künstler Filip Mijo Livaja vor einem seiner Bilder.

Gemeinschaft ist auch der Künstlerin Buket Isgören (33) wichtig. Die 33-jährige Kölnerin, die ein Atelier im KAT18 hat, hat in der Kunstwelt durchaus schon einen Namen, ihre Bilder waren im Museum Kolumba und bei der Akademie der Künste der Welt ausgestellt. Sie war für den renommierten Hans-Purrmann-Preis nominiert. „Zusammen arbeiten ist viel besser“, sagt Isgören. 

Eine junge Frau neben Schwarz-Weiß-Zeichnungen.

Künstlerin Buket Isgören neben Porträts, die sie gemalt hat.

Dass auch Menschen ohne Beeinträchtigung von der inklusiven Akademie profitieren können, steht für die Initiatoren außer Frage. Sie sind sicher, dass Inklusion keine Einbahnstraße ist, sondern sich alle Ausdrucksformen gegenseitig bereichern.  Langfristig soll die inklusive Akademie im Kunsthaus Kalk eine Außenklasse der Kunstakademie Düsseldorf werden. 

Modellprojekt in Köln: Vieles ist noch offen

„Die erste Idee ist, dass es in der Testphase eine gemeinsame Professur gibt, die dann hier in Köln lehrt, aber über die Kunstakademie Düsseldorf angestellt ist, eine Gastprofessur und dass man das dann organisch weiterentwickelt“, skizziert Liesegang die nähere Zukunft. Vieles in der Entwicklung der inklusiven Akademie ist noch offen. Die Initiatoren haben ihren Entwicklungsprozess mit„ Zukunftsarbeit“ überschrieben - darin spiegelt sich die Ergebnisoffenheit. Immerhin ist sich Liesegang jetzt schon sicher: „Mit der Akademie sind wir auf einem guten Weg.“ 

Die Kulturstiftung des Bundes fördert das Modellprojekt in den Jahren 2025 bis 2028 mit einem Betrag von 700.000 Euro. Die Stadt Köln fördert zudem den Ausbau neuer Atelierflächen. Auch NRW-Kulturministerin Ina Brandes unterstütze das Konzept. „Außerdem ist das Projekt aufgenommen in den NRW-Aktionsplan Inklusion“, sagt Pöstges und betont, dass während des dreijährigen Testbetriebs ein reger Austausch mit dem Ministerium stattfinden solle. 

Ein Raum, in dem ein Lüftungsschlauch wie eine Schlange aus der Wand kommt.

Environment oder work in progess? Ein Raum im Kunsthaus Kalk.

Während des Testbetriebs sind vier aufeinander aufbauende Phasen geplant, die Labore genannt werden. Das erste läuft von September 2025 bis April 2026. Das erste Labor nennen wir die aufsuchende Bewerbung. Da wollen wir uns erst mal bekannt machen bei Menschen mit Beeinträchtigung und ohne Beeinträchtigung. Und auch die hier vor Ort die Infrastruktur aufbauen, das Team aufbauen, sagt Liesegang. Ab April 2026 soll es dann den Vorkurs Freie Kunst geben. Der dient dann dafür, sich an der inklusiven Kunstakademie oder an anderen Akademien zu bewerben.