Die Stadt Köln wollte das Autonome Zentrum Tür an Tür mit einem Busunternehmen unterbringen. Jetzt gibt es neue Pläne.
Stadt verkauft GrundstückBus-Firma macht Platz für Autonomes Zentrum in Köln

In der ehemaligen RGW-Zentrale in Kalk will die Stadt das Autonome Zentrum unterbringen. Auf dem Gelände hat auch eine Bus-Firma ihren Sitz.
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Mehr als sechs Monate nach dem Beschluss des Stadtrats zum Umzug des Autonomen Zentrums (AZ) nach Kalk residiert das linke Politik-, Kultur- und Selbsthilfeprojekt weiterhin im ehemaligen Kanalbauamt an der Luxemburger Straße 93. Nutzungskonflikte am geplanten neuen Standort will die Stadt jetzt mit einem Grundstücksverkauf auflösen.
Am 14. November 2024 hatten Grüne, Linke, Volt und Klimafreunde in nichtöffentlicher Sitzung entschieden, dass die Stadt Köln den Umzug mit fast 1,2 Millionen Euro unterstützen wird. CDU und SPD enthielten sich, FDP und AfD stimmten dagegen. Wie die Rundschau exklusiv berichtete, erhält das AZ einen Erbpachtvertrag über 80 Jahre für ein städtisches Gebäude im Gewerbehof „In den Reihen 16“ in Kalk.
Die jährliche Erbpacht beträgt 3442,50 Euro. Das sind 286,88 Euro im Monat für ein 2700 Quadratmeter großes Grundstück, auf dem die einstige Zentrale der Rechtsrheinischen Gas- und Wasserversorgung AG (RGW) steht. Die Bauten stammen aus den 50ern und 60ern und sind laut Stadt so marode, dass das AZ einen Baukostenzuschuss in Höhe von 855.000 Euro erhält. Hinzu kommen 310.000 Euro für Architektenhonorare, Abbruchkosten und eine neue Zaunanlage. Das AZ soll Eigenleistungen im Wert von 209.000 Euro beisteuern.
Autonomes Zentrum: Stadt Köln unterstützt Umzug mit 1,2 Millionen Euro
Über den Umzug hatte es jahrelang Debatten gegeben. Die Verwaltung will, dass das AZ sein bisheriges Domizil neben dem Historischen Archiv aufgibt, damit dort eine Grünfläche angelegt werden kann. Am geplanten Standort „In den Reihen 16“ hat seit über 25 Jahren das Unternehmen Piccolonia Bus-Reisen seinen Firmensitz, die Räume sind von der Stadt gemietet. Zudem waren dort Gewerbetreibende und Künstler ansässig. Sie würden durch das Autonome Zentrum verdrängt, kritisierte die Bezirksvertretung Kalk. Vor sechs Monaten gab es noch rund 30 Mietverhältnisse. Laut Liegenschaftsamt sind diese inzwischen „größtenteils beendet“.
Nach Rundschau-Informationen will die Stadt nun auch den Busbetrieb umsiedeln. Ursprünglich sollte sich die Firma das Grundstück mit dem AZ teilen – getrennt durch einen Zaun. Jetzt bietet man Piccolonia Bus-Reisen ein 10.101 Quadratmeter großes unbebautes Grundstück am Herkenrathweg im Gewerbegebiet Ostheim zum Kauf an. Der Rat soll den Verkauf am 27. Mai in nicht-öffentlicher Sitzung beschließen, der Liegenschaftsausschuss hat bereits zugestimmt.
Eine Teilung des Grundstücks in Kalk zwischen AZ und Piccolonia lasse sich „aufgrund der Expansionspläne des Unternehmens nicht mehr realisieren“, heißt es in der Beschlussvorlage. Piccolonia wolle sich in Richtung E-Mobilität weiterentwickeln und benötige dafür mehr Platz, als in Kalk vorhanden sei. Die Firma beschäftige 60 Vollzeit- und zehn Teilzeitkräfte, verfüge über mehr als 25 Fahrzeuge und fahre sei 15 Jahren auch im Auftrag der KVB.
Auf dem Grundstück in Ostheim ist laut Stadt „ein Busbetriebshof mit Waschanlage, Tankstelle, Werkstatt, Verwaltung sowie Sozialräumen und Stellplätzen“ geplant. „Für die schrittweise Elektrifizierung der Busse mit dem Ziel, bis 2030 emissionsfrei zu sein, soll eine Ladeinfrastruktur mit E-Ladesäulen errichtet werden.“ Piccolonia-Geschäftsführer Markus Klein bestätigte auf Anfrage sein Kaufinteresse. „Wir benötigen aber zuerst die entsprechenden Genehmigungen der Stadt Köln für einen neuen Busbetriebshof und haben dazu eine Bauvoranfrage gestellt.“ Wenn die Baugenehmigung vorliege, gehe er von rund einem Jahr Bauzeit aus.
Autonomes Zentrum an Luxemburger Straße soll Grünfläche weichen
Fragen der Rundschau, wann das AZ umzieht und welche Auswirkungen die Verlagerung der Bus-Firma auf die Nutzung der Immobilie durch das AZ hat, wollte die Stadt mit Verweis auf „laufende Verhandlungen“ nicht beantworten. Liegenschaftsdezernent William Wolfgramm erklärte, der Rat habe „den Beschluss eines Erbbaurechtes gefasst, damit auf einer Teilfläche des Grundstückes In den Reihen 16 in Köln-Kalk eine soziokulturelle Nutzung dauerhaft bestehen und das Autonome Zentrum an diesen Standort verlagert werden kann. Hierdurch kann die Herstellung des Grünzugs am Eifelwall im Rahmen des städtebaulich bedeutsamen Stadtentwicklungsprojektes Parkstadt Süd erfolgen.“
Zu den beendeten Mietverträgen sagte Wolfgramm, die Flächen seien „zu sehr günstigen Konditionen“ an Nutzer vermietet worden, denen „immer bekannt war, dass es sich um eine Zwischennutzung handelt“.
Dass die Stadt trotz eines Haushaltsdefizits von 399,3 Millionen Euro in diesem und 443,8 Millionen Euro im nächsten Jahr den Umzug des AZ mit fast 1,2 Millionen Euro unterstützt, stößt in Teilen des Rats auf Kritik. Er halte dies angesichts der Haushaltslage für „nicht vermittelbar“, so FDP-Fraktionschef Volker Görzel. Im Verfassungsschutzbericht NRW wird das AZ als Treffpunkt von „Vorfeldorganisationen der linksextremistischen Kommunistischen Linke Köln“ bezeichnet.