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Familie Othman aus Köln-OstheimSyrische Familie wartet drei Jahre auf Einbürgerung

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In ihrer Wohnung in Ostheim im Februar diesen Jahres: Sameer, Monna, Rahf, Raghed und Hala Othman (v.l.) leben seit zehn Jahren in Köln.

In ihrer Wohnung in Ostheim im Februar diesen Jahres: Sameer, Monna, Rahf, Raghed und Hala Othman (v.l.) leben seit zehn Jahren in Köln.

Die aus Syrien geflüchteten Familie Othman lebt seit zehn Jahren in Köln und hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Trotzdem hat ihre Einbürgerung drei Jahre lang gedauert - eine Tochter muss weiter warten.

Eigentlich sollte es ein Tag der größten Freude werden. Vor drei Jahren, an 21. September 2022, haben Sameer und Monna Othman Einbürgerungsanträge für sich und ihre drei Kinder gestellt. Da lebte die aus Syrien geflohene Familie schon seit sieben Jahren in Deutschland. Sameer Othman hat hier seine Meisterprüfung als Zahntechniker abgelegt, seine Frau kümmert sich um die Töchter, die jüngste ist beeinträchtigt, die anderen beiden gehen auf die Realschule und aufs Gymnasium.

Am 10. September 2025 teilte die Stadt ihnen mit, dass ihre Einbürgerungsurkunden fertig sind. Aber nicht für alle Mitglieder der Familie. Weil die Bearbeitung ihrer Anträge drei Jahre gedauert hat, ist die älteste Tochter Rahf mittlerweile 14 Jahre alt. „Daher mussten für dieses Kind Sicherheitsanfragen gestellt werden“, so die Mitteilung der Stadt an die Familie. So soll sichergestellt werden, dass der Antragstellende keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt. Eine verlässliche Auskunft darüber, wann „mit der Rückmeldung der Sicherheitsanfrage zu rechnen ist“, können man nicht geben, teilte die Stadt auf Anfrage der Rundschau mit.

Familienvater hat Meisterabschluss als Zahntechniker

„Als Rahf das gelesen hat, hat sie sehr geweint“, sagt Othman. „Als wir geflohen sind, war sie vier Jahre alt. Sie ist hier aufgewachsen.“ Die lange Zeit der Unsicherheit darüber, ob die Familie in Zukunft in Deutschland leben kann, habe sie bewusst miterlebt, so Othman. „Die Sicherheitsüberprüfung von Rahf ist gesetzlich vorgesehen und muss gemacht werden. Aber sie ist nur notwendig geworden, weil unsere Einbürgerung drei Jahre gedauert hat. Obwohl wir alles tun, was von uns erwartet wird und uns gut integrieren.“

 Der Zahntechniker Sameer Othman wiederholte seine hier nicht anerkannte Ausbildung, neben seiner Arbeit als Zahntechniker machte er in der Abendschule den Ausbilderschein, dann eine kaufmännische Zusatzausbildung und im September 2024 den Meisterabschluss. Die beiden älteren Töchter sind laut Othman „gut in der Schule“, beide spielen Fußball beim TuS Köln rrh.. Der frühere syrische Fußball-Nationalspieler ist seit April diesen Jahres DFB-Basis-Coach. 

Rückkehr nach Syrien ist für die Familie keine Option

Als er und seine Frau im September 2022 ihre Einbürgerungsanträge stellten, teilte die Stadt ihnen mit, dass die Bearbeitung sechs bis acht Monate dauern werde. Othman schickte rund 20 Dokumente ein, im Januar 2023 wurden einige Schriftstücke nachgefordert, die er nachreichte. Acht Monate später, Mitte Oktober, musste er erneut die dann aktuellen Schulbescheinigungen und Gehaltsnachweise vorlegen. Sobald die verpflichtenden „behördlichen Anfragen“ — gemeint waren laut Stadt die Sicherheitsanfragen  — vorlägen, könnten die Urkunden ausgefertigt werden, heißt es in dem Schreiben. „Neun Monate lang, bis Juli 2024 haben wir nichts mehr vom Ausländeramt gehört“, erinnert sich Othman. Da waren fast zwei Jahre seit der Antragstellung vergangen.

Diese Situation, die Unsicherheit, war für unser ganze Familie sehr belastend. Wir können das einfach nicht verstehen, weil wir nichts falsch gemacht haben.
Sameer Othman

„Diese Situation, die Unsicherheit, war für unsere ganze Familie sehr belastend“, sagt er. „Wir können das einfach nicht verstehen, weil wir nichts falsch gemacht haben.“ Nach Syrien zurückzugehen ist für die Familie undenkbar. „Unsere Kinder sollen in Frieden und Sicherheit aufwachsen“, sagen die Eltern. Sie fürchten, dass dort die Islamisten die Macht übernehmen, „weil es keine Kräfte gibt, die das auf Dauer verhindern. Und dann wird es noch schlimmer als unter Assad“.

Sameer Othman beauftragte einen Anwalt, der im 9. Juli 2024 eine Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht einreichte. Darauf reagierte das Ausländeramt am 18. Juli und forderte die Familie auf, erneut rund 20 Schriftstücke beizubringen, weil sämtliche vorliegende Dokumente veraltet waren und zusätzliche benötigt wurden. „Das habe ich innerhalb von zwei Wochen bis Anfang August 2024 gemacht“, sagt Sameer Othman.

Weil es daraufhin keine Reaktion gab, erbat das Verwaltungsgericht Mitte Dezember, Ende Januar und Ende Februar eine Stellungnahme des Ausländeramtes: Als diese ausblieb, setzte es Mitte April 2025 eine Frist von zwei Wochen. Am 30. April 2025, viereinhalb Monate nach der ersten Aufforderung des Verwaltungsgerichtes, forderte das Amt die Familie zum dritten Mal in zweieinhalb Jahren auf, sämtliche Dokumente in aktueller Fassung vorzulegen. Zugleich teilte es mit, dass die ursprünglichen Sicherheitsanfragen für die Erwachsenen jetzt veraltet seien und neu gestellt werden müssten.

Diese Rückstandslage hat sich ab 2024 auch auf die Kommunikation mit dem Verwaltungsgericht ausgewirkt.
Mitteilung der Stadt zur langen Bearbeitungsdauer

Auf Anfrage der Rundschau, warum bei der Bearbeitung über Jahre hinweg Rückmeldungen erst nach vielen Monaten erfolgt seien, verwies das Amt auf ein „zum damaligen Zeitraum bereits erhöhten Antragsaufkommen sowie einer erhöhten Bearbeitungsdauer in umfangreichen Fällen (der Antrag umfasst fünf Antragssteller und Antragstellerinnen)“. Ab 2022 hatten viele Geflüchtete aus Syrien die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllt, die Zahl der Anträge hatte bei gleichbleibendem Personalumfang des Ausländeramtes deutlich zugenommen. Diese Rückstandslage habe sich „ab 2024 auch auf die Kommunikation mit dem Verwaltungsgericht ausgewirkt“. Zugleich hatte die Einführung des neuen Staatsbürgerschaftsrechtes im Juni 2024 zu einer Zunahme an Anträgen geführt und eine zeitaufwendige sukzessive Aufstockung des Personals notwendig gemacht.

Familie will endlich zu Deutschland gehören

Angefragt, ob sich die Familie etwas zu Schulden habe kommen lassen, stellte das Amt schlicht fest: „Da die Verfahrensdauer – in diesem Fall vom Antragsteller unverschuldet – sehr lang war, mussten Unterlagen wiederholt nachgefordert werden, um die Unterlagen aktuell zu halten.“ Lediglich im Frühjahr 2025 war Sameer Othman ein Fehler unterlaufen. Er hatte versäumt, den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse für sich und zwei seiner Töchter rechtzeitig zu stellen - wohl auch, weil die Familie da mit der Finalisierung ihrer Einbürgerungsanträge rechnete. Er stellte diese verspätet und habe die von der Ausländerbehörde nachgeforderten Unterlagen „sodann zügig nachgereicht“, so die Stadt auf Nachfrage.

2000 Euro Anwaltsgebühren hat das Ehepaar nach eigenen Angaben gezahlt, damit ihr Einbürgerungsprozess weitergeht. Die Familie möchte in Deutschland bleiben und endlich ganz dazugehören. Dazu kommt noch ein drängender Grund: Erst wenn sie deutsche Staatsbürger sind, kann die Familie gefahrlos nach Syrien reisen. Sameer und Monna Othman haben ihre Mütter seit zehn Jahren nicht gesehen. „Aber wir gehen nicht ohne alle drei Töchter“, sagt Sameer Othman. „Das wäre für Rahf sehr schlimm. Und meine 85 Jahre alte Mutter möchte die Rahf, die sie zum letzten Mal gesehen hat, als sie vier Jahre alt war, unbedingt wiedersehen.“

Am 30. September werden Sameer, Monna und die beiden jüngeren Töchter Raghed (11) und Hala (7) Othman feierlich eingebürgert. Die 14-jährige Rahf wird dann in der Schule sein. Mitkommen will sie nicht. Sameer und Monna Othman hoffen jetzt inständig nur eines: „Dass die Stadt, sobald die Sicherheitsüberprüfungen für unsere Tochter abgeschlossen sind, ihr so schnell wie irgend möglich einen Termin zur Einbürgerung gibt.“