Nach Vorabsprachen müssen kleinere Veranstalter in der Session 2026/27 offenbar teilweise auf Top-Künstler verzichten.
Karneval in KölnBuchungs-Chaos trifft kleine Gesellschaften

Bands wie Brings gehören zu den gefragtesten Acts im Kölner Karneval. Die Session ist 2026/27 sehr kurz.
Copyright: Thomas Banneyer
Weil die großen Karnevalsgesellschaften im Literatenstammtisch Absprachen trafen, von denen viele kleine Gesellschaften nichts mitbekamen, müssen die kleineren in der Session 2027 möglicherweise auf Top-Künstler auf ihren Veranstaltungen verzichten. Fragen und Antworten zum Buchungs-Chaos im Kölner Karneval.
Wie arbeitet der Literatenstammtisch?
Der Literatenstammtisch ist ein Zusammenschluss der wichtigsten Karnevalsgesellschaften, darunter auch die meisten Traditionskorps. Früher trafen sich die Literaten, also die Programmplaner der angeschlossenen Gesellschaften, mit Vertretern der Bands, die dann die Auftrittswünsche der Gesellschaften notierten und gegebenenfalls direkt zusagten. Heute stimmt der Literatenstammtisch die Anfragen an die jeweiligen Künstler intern aufeinander ab und übermittelt die Anfragen anderthalb Jahre im Voraus gesammelt. Bei der Abstimmung geht es auch darum, Künstlern attraktive Fahrtrouten zwischen den Veranstaltungen zu bieten. Zu diesem Zeitpunkt liegen den Büros der Künstler die Anfragen des freien Markts und Anfragen von Agenturen vor, dann folgt die Entscheidung, welche Anfragen angenommen und welche abgelehnt werden.
Was war in diesem Jahr anders?
Auf der Jahreshauptversammlung des Literatenstammtischs wurde verkündet, dass die Buchungen um zwei Monate nach vorne verschoben werden – von September auf den 7. und 9. Juli. Entgegengerichtete Aussagen gibt es in der Frage, ob der Vorstand die Mitglieder vor vollendete Tatsachen stellte oder alle Mitglieder die Entscheidung einstimmig beschlossen. Nach der Verkündung machte die Entscheidung in den Gesellschaften die Runde. Hektik brach aus und kaum jemand hielt sich schon vor dem 7. Juli mit Buchungen zurück. Das Problem: Auch wenn sich die Nachricht verbreitete – viele kleinere Gesellschaften bekamen davon nichts mit. Als sie davon erfuhren, war es teilweise schon zu spät. Viele der gefragtesten Bands und Redner waren für die eigenen Veranstaltungstermine in der extrem kurzen Session bereits ausgebucht.
Wie kam es zur Entscheidung des Stammtischs?
Abschließend ist das nicht vollständig zu rekonstruieren. Einige der beteiligten Akteure wollen sich nicht offiziell zu den Vorgängen äußern und sprechen von einer hochkomplexen Situation. Klar ist: In den vergangenen Monaten hatte es unzählige Gespräche gegeben zwischen Literatenstammtisch, Agenturen, Künstlern und Gesellschaften. Das Ziel: ein einheitliches System zu finden, das die Buchung sowohl für die großen Gesellschaften als auch für die kleinen fairer macht.
Die Diskussion ist nicht neu. Denn nicht alle Gesellschaften hielten sich in den vergangenen Jahren an die zeitlichen Vorgaben des Literatenstammtischs für die Buchungsrunden. Das sei in diesem Jahr der Grund dafür gewesen, die Buchungen vorzuverlegen. „Es wurde ohnehin schon gebucht. Der Termin im September wäre dadurch also Makulatur gewesen“, sagt Michael Ströter, der im vergangenen Jahr die Rolle des Baas des Literatenstammtischs übernommen hatte. Der Vorschlag, die offiziellen Buchungstermine vorzuverlegen, sei schließlich aus Band-Kreisen gekommen.

Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees, sagt: „Für 2027 ist das Kind zwar in den Brunnen gefallen“. (Archivbild)
Copyright: Thomas Banneyer
Aus Sicht Ströters liege die Schuld für das Buchungs-Chaos bei allen Akteuren, die an den Buchungen beteiligt sind. Es sei nicht das Ziel gewesen, dass kleinere Gesellschaften unter der Entscheidung leiden. Ströter habe sich nach den Vorgängen dazu entschieden, sein Amt in den kommenden Wochen niederzulegen. „Ich habe das Amt aus Freude daran ausgeübt. Diese Freude ist in den vergangenen Wochen und Monaten abhandengekommen.“
Was bedeutet der Vorgang für die Gesellschaften?
Überrascht von den vorgezogenen Buchungen waren die meisten Gesellschaften, die nicht Teil des Literatenstammtischs sind. Viele konnten aber noch rechtzeitig reagieren. Sowohl Teile der Künstler als auch die in vielen Fällen zwischengeschalteten Agenturen informierten ihre Kunden, so dass bei vielen die Nachricht rechtzeitig ankam, um noch ins Buchungsgeschehen einzugreifen. „Wir wurden rechtzeitig von der Agentur informiert, so dass wir alle unsere Wünsche übermitteln konnten“, sagt etwa der Vizepräsident und Literat der KG Löstige Paulaner, Nick Dohmen.
Auch die KKG Alt-Lindenthal konnte nach der Mitteilung der Agentur noch reagieren. Unabhängig von den Auswirkungen auf die Session 2026/27 sei der Vorgang für die kleinen Gesellschaften allerdings „katastrophal“ und „ein Schlag ins Gesicht für die vielen Ehrenamtlichen in den Gesellschaften“, sagt Literat Thomas ten Thij. Im Buchungsprozess müsse sich dringend etwas ändern. „Wenn zu einem früheren Zeitpunkt gebucht wird, muss das an alle Gesellschaften kommuniziert werden.“
Was sagt das Festkomitee zu den Vorgängen?
„Wir haben die Entwicklung rund um die Künstlerbuchungen für die Session 2027 aufmerksam beobachtet und die Verwirrung und die Nöte vor allem kleinerer Gesellschaften mitbekommen. Der hektische und in Teilen chaotische Ablauf hat selbst professionelle Agenturen an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gebracht – und viele ehrenamtliche Literaten erst recht“, sagt Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn.
„Wir werden die Ergebnisse dieser Buchungsrunde analysieren und versuchen, möglichst viele Beteiligte an einen Tisch zu bekommen. Für 2027 ist das Kind zwar in den Brunnen gefallen, aber das darf kein Modell für die Zukunft sein.“