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BrauchtumsfördererVeedelszöch erholen sich nur langsam - Kritik an Kölner Politik

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Die Schull- und Veedelszöch werden von den Brauchtumsfördern organisiert.

Die Schull- und Veedelszöch werden von den Brauchtumsfördern organisiert.

Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums trafen sich zur Jahreshauptversammlung. Bürgerordnen geht an „Kölner Krätzjer Fest“.

Als das Hämmchenfleisch verspeist ist, was traditionell bei der Jahreshauptversammlung der Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums serviert wird, greift sich Bernhard Conin, der Vorsitzende, das Mikrofon für eine persönliche Erklärung. Es geht ihm um den Umgang der Kölner Politik mit dem Bonner Museumschef Dr. Philipp Hoffmann, der zugleich Geschäftsführer der Brauchtumsförderer ist. Hoffmann hatte sich für die Leitung des Stadtmuseums beworben, seine Vertragsunterzeichnung war nach erfolgreichem Bewerbungsprozedere jedoch am Widerstand der Politik gescheitert. „Wenn jemand als Karnevalsgewächs bezeichnet wird, weil sich jemand ehrenamtlich engagiert, geht das zu weit“, kritisiert Conin (siehe unten).

Veränderte Bewertungen bei Schull- un Veedelszöch

Hinter dem Verein mit seinen 221 Mitgliedern liegen schwierige Zeiten, denn in den Folgen der Pandemie sind die Schull- un Veedelszöch, die am Karnevalssonntag durch Köln ziehen, ein wenig ins Straucheln geraten. In dieser Session rechnen die Verantwortlichen mit rund 6500 Teilnehmenden, vor Ausbruch der Pandemie zogen zum Teil 8000 Jecke durch die Stadt. „Vor allem einige Schulen haben sich noch nicht wieder organisiert und verzichten auf die Teilnahme“, stellt Zugleiter Jörg Schneider fest. Im kommenden Jahr will der Verein deshalb Workshops anbieten, um den Schulen wieder den Karneval näher zu bringen. Dieses Mal haben 45 Schulen und 45 Veedelsvereine ihre Teilnahme zugesagt.

Ohnehin haben sich die Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums zum Ziel gesetzt, die Attraktivität des Zuges zu steigern. Eine Jury soll weiterhin einen Originalitätspreis vergeben und eine Veedelsgruppe mit der Teilnahme am Rosenmontagszug belohnen. Der Kostümpreis wird künftig allein durch den Vorstand vergeben. „Das gesamte Jahr wird in die Bewertung einfließen, wir wollen die Entwicklung der Kostüme, Upcycling und die Wahl der Materialien bewerten“, sagt Dr. Philipp Hoffmann. Neu ist auch, dass keine Seriensiege mehr möglich sind. Die Sieger der beiden Kategorien scheiden im folgenden Jahr automatisch aus der Wertung aus.

Bürgerorden für „Kölner Krätzjer Fest“

Seit Jahren unterstützt der Verein viele Veranstaltungen und Projekte, in denen Brauchtum gelebt wird, neben den Schull- un Veedelzöch veranstalten sie den Sternmarsch am Karnevalsfreitag, Fortbildungen für Lehrkräfte werden finanziert sowie Martinszüge und Karnevalsumzüge in den Stadtteilen. Und am 28. Januar wird in der Philharmonie erneut die karnevalistische Matinee „Fastelovend ferkeet“ gefeiert – Künstlerinnen und Künstler verzichten auf ihre Gage, der Erlös ist für Musikgruppen bei den Veedelszöch bestimmt. Nachdem die Philharmonie dieses Jahr nicht ausverkauft war, hofft der Verein nun wieder auf eine große Nachfrage.

Weil das Brauchtum gleichermaßen Daseinsberechtigung und Selbstverständnis bedeutet, vergibt der Verein traditionell den Bürgerorden. Die Wahl fiel dieses Mal auf das „Kölner Krätzjer Fest“, vertreten durch die Initiatoren Jörg P. Weber, Mica und Helmut Frangenberg. „Kölns Krätzjer sind ein schützenswertes Kulturgut. Das Krätzjerfest zeigt, dass diese Form der kölschen Musik auch fernab von Karneval und Party existiert“, hob Hoffmann in seiner Laudatio hervor.


„Unsägliche Wochen“ für Dr. Philipp Hoffmann

Die Entscheidung der politischen Ratsmehrheit, Dr. Philipp Hoffmann nicht zum Direktor des Stadtmuseums zu bestellen, hat bei den Freunden und Förderern des Kölnischen Brauchtums für Verstimmung gesorgt. „Es waren schwierige und unsägliche Wochen für Philipp Hoffmann und seine Familie. Er wäre die richtige Person für diesen Posten gewesen und hätte die besten Voraussetzungen mitgebracht“, sagte der Vereinsvorsitzende Bernhard Conin in seiner Erklärung. Es folgte ein minutenlanger Applaus.

Im Saal saßen auch die Fraktionsvorsitzenden der großen Kölner Parteien. Bei der Stellenbesetzung hatten sich lediglich CDU und FDP für Hoffmann ausgesprochen. Als sich keine Mehrheit für ihn abzeichnete, hatte Hoffmann seine Bewerbung letztlich zurückgezogen. Sein Ehrenamt als Geschäftsführer der Brauchtumsförderer will Hoffmann fortsetzen. „Wir hatten große Sorge, dass er alle seine Aktivitäten in Köln niederlegt. Er hat uns aber mitgeteilt, dass er weiter machen möchte, da er in Köln noch einiges erreichen will“, sagte Conin. Dr. Philipp Hoffmann hat in Bonn studiert und lebt mit Familie in Köln.