Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

„Keiner muss erfrieren“Stadt und Träger machen Obdachlosen eine Vielzahl an Angeboten

Lesezeit 3 Minuten
20201130_tb_Obdachlose_Winter_001

In der kalten Jahreszeit ist das Übernachten draußen besonders gefährlich.

Köln – Haben Obdachlose in Köln die Möglichkeit, sich ganztägig in einer Unterkunft der Stadt oder eines Sozialträgers aufzuhalten? Rainer Kippe, Leiter der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM), hatte das am Montag per Pressemitteilung bestritten und die Staatsanwaltschaft Köln aufgefordert, die Stadt wegen Körperverletzung anzuklagen. Er beruft sich dabei auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom Februar, das einen Anspruch von Obdachlosen auf ganztägige Unterkünfte mit Rückzugsmöglichkeiten gegenüber den Kommunen festgestellt hatte. Zu Kippes Vorstoß sagte Ulrich Bremer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln: „Strafanzeigen zu dem Thema sind hier bislang nicht erfasst“. Man werde prüfen werde, ob ein konkreter Fall vorliege.

Die Stadt erklärte auf Nachfrage der Rundschau, dass Obdachlose in Köln, die untergebracht werden möchten oder nur in eine Notunterkunft wollen, auch versorgt werden. „Keiner muss erfrieren. Menschen, die aber nicht mehr in der Lage sind, sich in den angebotenen Einzel-, Zweibettzimmern oder auch Gemeinschaftsunterkünften aufzuhalten oder das ganz ablehnen, können wir nicht zwingen, das zu tun, und wollen das auch nicht“, so Wolfgang Hartung vom Amt für Soziales, Arbeit und Senioren. Man könne den Menschen die Unterkünfte sowie die vielen Kontakt- und Beratungsstellen im Stadtgebiet nur anbieten.

Streetworker auf „Kältegang“

Täglich gehen zudem vier Mitarbeiter des Ordnungsamtes und Streetworker der Träger in ihren „Kältegängen“ zu den bekannten Aufenthaltsorten der Wohnungslosen, um sie auf die Angebote hinzuweisen und spontan Hilfe zu leisten. Zudem hat jeder Bürger die Möglichkeit, über die 24-Stunden-Nothilfe-Hotline 0221/474 555 45 auf Obdachlose in Not hinzuweisen, so Hartung.

Obdachlose kennen die Angebote der Stadt

Monika Kleine, Geschäftsführerin von SKF Köln, hebt hervor, dass durch die Arbeit der Träger und der Stadt der Großteil der obdachlosen Menschen im Kölner Stadtgebiet über die Unterkunftsangebote Bescheid weiß – „ich würde von 95 bis 99 Prozent ausgehen“, so Kleine.

Dennoch bleibe man in Kontakt und mache Angebote, wie man aus der prekären und gefährlichen Lebenssituation herauskomme. „Wer das nicht möchte, für den haben wir niederschwellige Angebote, wo wir die Menschen auch in Ruhe lassen“, so Kleine.

Auch die Sozialdienste Katholischer Männer und Frauen (SKM/SKF) widersprachen den Vorwürfen von Kippe. Gerade in diesem Jahr sind zusammen mit der Stadt zusätzliche Unterkunftsplätze geschaffen worden – 67 Plätze für Männer und 14 für Frauen ohne Wohnung. Zu den kleineren Aufenthaltzelten an verschiedenen Kontakt- und Beratungsstellen gibt es in diesem Winter auch ein großes Wärmezelt vor dem Bürgerhauses Stollwerck für 25 bis 30 Personen. Dort könne man sich morgens von 8 bis 14 Uhr aufwärmen, ein heißes Getränk und eine warme Mahlzeit zu sich nehmen, so Markus Peters, Vorstandssprecher SKM Köln. „Im Grunde teilen wir die Forderung, die Rainer Kippe benennt, nämlich nachhaltigen Wohnraum für alle Kölner zu schaffen“, so Peters.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Stadt sei auch dazu verpflichtet. Aber der Schlüssel dazu ist der Bau neuer Wohnungen. Die Stadt versuche regelmäßig Hotelunterkünfte bei den Betreibern zu akquirieren, um Wohnungslosen Einzelzimmer zu geben, die gerade in der Corona-Krise wichtig sind, um Infektionen zu vermeiden, fügt Wolfgang Hartung hinzu. „Das ist leider ein schwieriges Unterfangen. Ein Großteil der Hotelinhaber ist nicht bereit dazu, obwohl die Hotels leer stehen“. Diese hätten Sorge, dass durch Suchterkrankungen, psychischen Störungen oder Alkoholismus Schäden entstehen könnten. „Auch, wenn wir erklären, dass dies nur auf einen Teil der Obdachlosen zutrifft, haben wir mit unseren Anfragen wenig Erfolg.“