Kinofilm „Mutter“ feiert PremiereAnke Engelke erntet in Köln tosenden Applaus

Carolin Schmitz (l.) und Anke Engelke
Copyright: Michelle Magulski
Köln – Tosender Applaus für Anke Engelke in einem cineastischen Experiment in verschiedenen RollenEine Frau in den besten Jahren liegt in der Badewanne und erinnert sich an ihre Mittzwanziger-Jahre: Sex ließ sie über sich ergehen. Ihr gleichaltriger, Freund legte alles flach, was ihm vor die „Flinte“ kam, von der jungfräulichen Türkin bis zu seiner dicken, alten Chefin. Ein wenig fremd kommt einem Anke Engelkes Stimme schon vor. Im nächsten Monolog folgt eine ganz andere Stimmfärbung – und eine andere Geschichte.
Man denkt unwillkürlich an Engelkes Anfänge in der Medienbranche: Sie wurde 1977 von RTL für den Rundfunk entdeckt. Außerdem ist sie eine begnadete Synchronsprecherin (u. a. „Findet Nemo“, „Die Simpsons“). Dann lüftet sich das Geheimnis immer mehr, bis es im Nachspann zur Gewissheit wird. Anke Engelke bewegt ihre Lippen synchron zu den Interviews, die Regisseurin Carolin Schmitz mit acht Frauen zwischen 30 und 75 Jahren geführt hat.
Mütter aus der Mittelschicht stehen im Fokus
Die Absolventin der Kunsthochschule für Medien, Schmitz, hat sich – nach zwei stilistisch außergewöhnlichen Dokumentarfilmen über sechs anonyme Alkoholiker (2010) und die Folgeerscheinungen von Schönheitsoperationen (2011) mit „Mutter“ wieder einer Phänomen-Beschreibung gewidmet. „Die acht Frauen, die ich über Annoncen in Zeitschriften und Werbeblättern und im Bekanntenkreis gefunden habe“, erzählt Carolin Schmitz, „sind alle aus der Mittelschicht und alle Mütter, die gerne Mutter geworden sind. Aus prekären Schichten haben sich keine Frauen gemeldet. Letztlich kam mir das entgegen, weil die Mittelschicht doch sehr vielfältig ist und mit meinen eigenen Erfahrungen korrespondiert.“
Und so begleiten wir Anke Engelke durch ihren tatsächlichen Alltag als Schauspielerin und tauchen in ihren Monologen durch ihre beredte Mimik und differenzierte Gestik in die Stimmen und somit die Charaktere und Lebenswelten uns visuell unbekannt bleibender Frauen ein: unter anderem einer geschiedenen Lehrerin, einer die „offene Beziehung“ praktizierenden Mutter, einer Juristin mit mehreren Kindern. „Auch ich“, erinnert sich Anke Engelke, „habe vor dem Dreh keine Fotos oder persönliche Infos über die Frauen bekommen. Das hätte mich auch nur irritiert.“
Der zweite Auftritt in einem dramatischen Kinofilm
Nach ihrer Hauptrolle in dem Coming-of-Age-Roadmovie „Mein Sohn“ ist “Mutter“ nun der zweite, in dem die Comedy-Ikone Anke Engelke in einem dramatischen Kinofilm überzeugt. „Ist das nun der Anfang eines Rollenwechsels?“ - „Nein“, widerspricht Engelke. „Ich schau nicht so aufs Genre. Mir ist, in dieser Reihenfolge, das „Thema“ des Films wichtig, das Drehbuch, die Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten würde und auch die Zeit, die ich für das Projekt aufbringen müsste. Schließlich habe ich ja auch familiäre Verpflichtungen.“
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Und sie erinnert sich an ihre Gastrollen in niederländischen Kinderfilmen („Dr. Proktors Pupspulver“): „Da ist so viel mehr Wärme und Energie am Set als bei vielen hiesigen Produktionen. Da fühlt man sich einfach wohl.“ Ein Gefühl, das auch im ausverkauften „Odeon“ nach der „Mutter“-Premiere aufkam und für lang andauernden Applaus sorgte - auch für fünf der acht interviewten Frauen, die sich zusammen mit Anke Engelke und Carolin Schmitz einer anregenden Diskussion stellten.
Ab 29.September steht die Hybrid-Dokumentation täglich im „Odeon“ auf dem Spielplan.