Kika-Award16-jährige Leen ist mit ihrem ersten Buch nominiert

In einem Heft hat Leen (16) ihre Gedanken Tag für Tag aufgeschrieben. Daraus ist ihr erstes Buch entstanden.
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Köln – „Angefangen mit dem Schreiben habe ich, als ich mit meiner Familie nach Köln gekommen bin. Das war 2017“, erinnert sich Leen al Scheickh (16). „Ich wollte all das, was ich erlebt hatte, festhalten, damit ich es nicht vergesse.“ Daraus ist ein Buch entstanden, dass vielleicht am Freitag mit einem Award des Kindersenders Kika prämiert wird.
Die 16-Jährige war vor mehr als neun Jahren mit ihren Eltern und ihrem Zwillingsbruder aus Damaskus zunächst in den Libanon vor den Bürgerkriegswirren in Syrien geflohen, nachdem sie im Keller ihres Wohnhauses fünf Tage lang Bombenangriffe erlebten, die Schreie aus den Gefängnissen ihrer Heimatstadt anhören mussten und schließlich ihr komplettes Haus durch einen Granatentreffer verloren.
Deutsche Sprache hat sich Leen selbst beigebracht
Jahrelang saß die Familie in einem libanesischen Flüchtlingslager unter schwierigsten Bedingungen fest – keine Schule für die Kinder, keine Perspektiven für die Eltern. Lesen und Schreiben hat Leen erst in Deutschland gelernt. Zur Schule geht sie erst seit rund drei Jahren wieder. „Ich habe in den Heimen viele Bücher auf Deutsch gelesen und mir so die Sprache selbst beigebracht“, erzählt sie stolz.
Aber zuvor musste die Familie noch eine zum Teil lebensgefährliche Flucht überstehen. Vor etwa dreieinhalb Jahren machten sie sich vom Libanon aus auf den Weg, über die Türkei und von dort mit dem Schlauchboot nach Griechenland und dann weiter über Land nach Deutschland. Auf der Meerüberfahrt kenterte das marode Schlauchboot.
Erlebnisse und Ängste stehen in ihrem Buch
Leen konnte nicht schwimmen. „Wir waren alle für ungefähr zwei Stunden im Wasser, bis Hilfe kam. Ich habe bis heute Angst vor offenen Gewässern, fange an zu zittern, wenn ich zum Beispiel am Rheinufer bin. Dann kommen die Bilder in meinem Kopf wieder hoch“, erzählt sie. Im Winter 2016/17 kamen sie in Lüdenscheid in Deutschland an.
Diese und andere Situationen von der Flucht, den Kriegserlebnissen und ihre Ängste, die sie damals erleben musste, stehen alle in ihrem Buch, das sie „Alles sein – Der schwierige Weg in die Freiheit“ genannt hat. Sie schreibt über Hoffnung, Träume, die Seele, das Leben, natürlich die Freiheit und den Verlust der Heimat. „Es sind Gedanken, die ich fast jeden Tag aus der Erinnerung heraus mit Bleistift in ein Heft geschrieben habe.“
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Dazu kommen eigene Gedichte und Zitate, die sie sich gemerkt oder aus Büchern entnommen hat. „Viel dreht sich bei mir um die Sonne. Ich verbinde sie mit Freiheit. Mal ist sie da und mal geht sie leider unter.“
Die Idee zu ihrem Buch stamme von ihrer Mutter, weil sie sie dauernd beim Schreiben gesehen habe. Unterstützt wurde sie auch von ihrer Flüchtlingsbetreuerin Anna, die für das Mentoring-Programm „Weichenstellung“ arbeitet. Auf deren Seite ist Leens Buch auch zu hören und zu lesen. „Einen Verlag suche ich noch“, sagt sie selbstbewusst. Am Freitagabend geht es mit ihrem Vater aber erst einmal nach Dortmund zum Kika-Award.
Dort ist sie nominiert für die Kategorie „Kika make a change Award“, eine der insgesamt fünf Preis-Kategorien, die jeweils von prominenten Paten an die Gewinner übergeben werden. Und auch wenn sie nicht gewinnen sollte, wird sie weiter schreiben. Ihr zweites Buch ist schon beinahe fertig.www.kika.de/kika-awardwww.weichenstellung.info