Sanierung oder Neubau?Abriss der Zentralbibliothek am Kölner Neumarkt wird beraten

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Die Zentralbibiliothek in Köln.

Sanierungsbedürftig ist die Zentralbibiliothek in Köln.

Das Gebäude mitten im Kölner Zentrum ist verfallen und ungepflegt. Nun kommt erneut die Frage auf: Abreißen oder sanieren? Das soll jetzt der Kölner Rat entscheiden.

Mehr als ein Jahrzehnt sind mittlerweile vergangen, seit dem der Rat der Stadt Köln die Sanierung der Zentralbibliothek beschlossen hat. Der Vorwurf, dass seit dem nichts passiert ist, ist dabei zugleich richtig und falsch. Denn an dem Bauwerk von 1979 ist mit bloßem Auge seit Jahren keine Veränderung zu erkennen. Das Moos auf der Fassade unterstreicht den ungepflegten Zustand. Aber der Stadtrat hat seitdem mehrfach über die Zukunft des Baus beraten, nach 2012 noch 2015 und 2018. Nun soll im zweiten Sitzungslauf dieses Jahres erneut eine Vorlage kommen, „mit einem Vergleich von Kosten, Dauer und weiteren Vor- und Nachteilen der möglichen Alternativen“ zur Generalinstandsetzung.

Die Ratspolitik entscheidet

Zumindest hat die Verwaltung das auf eine Anfrage zu dem Großbauprojekt geantwortet. Dabei kam erneut die Frage auf: „Wäre ein Abriss und Neubau nicht gegebenenfalls schneller und kostengünstiger als eine Generalinstandsetzung?“ Die Antwort darauf muss der Stadtrat geben. Wenn man dem Zeitplan Glauben schenken mag, dann in der Ratssitzung am 23. März dieses Jahres.

Der Eingang der Zentralbibiliothek.

Der Eingang der Zentralbibiliothek.

Der Termin wird der Grund dafür sein, warum die Beauftragung eines Generalunternehmers mit dem letzten Sachstandsbericht in das zweite Quartal dieses Jahres geschoben wurde. Es soll noch einmal geprüft und beraten werden, ob ein Abriss der Zentralbibliothek in unmittelbarer Nähe zum Neumarkt und ein Neubau an gleicher Stelle – oder auch einer anderen – nicht der klügere Weg sein könnte. Bei der Pressekonferenz zur erneuten Kostensteigerung der Bühnen-Sanierung am Dienstag – die Rundschau berichtete – erklärte Oberbürgermeisterin Henriette Reker, dass die Stadt aus den Fehlern bei der Oper gelernt hätte. Nun kann auch die Politik zeigen, ob sie aus dem Sanierungs-Desaster gelernt hat.

Zahlen können nicht lügen

Beim ersten Beschluss für eine Sanierung im Jahr 2012 gab es eine „grobe Kostenprognose“ der Gebäudewirtschaft über 15,8 Millionen Euro. Drei Jahre später hat der Rat erneut für eine Generalinstandsetzung entschieden. Damals lagen die Baukosten bei 31 435 500 Euro, plus knapp sieben Millionen Euro für die Innenausstattung. Für die Neugestaltung des Innenraums hat es 2015 sogar einen Architektenwettbewerb gegeben. Noch einmal drei Jahre später entschieden die Stadträte erneut: Das Ergebnis blieb gleich, die Summe kletterte auf 57 905 000 Euro.

Der letzte Ratsbeschluss datiert also auf den 27. September 2018. Da war der neue Baudezernent Markus Greitemann gerade wenige Monate im Amt. Der Sauerländer betont seit dem immer wieder, dass die Art, wie die Verwaltung Bauprojekte angeht, sich verändert habe und professioneller geworden sei. Nahezu jede Generalsanierung ist noch einmal von Grund auf neu gedacht worden, bestes Beispiel dafür ist die Sanierung des Römisch-Germanischen Museums, die mit einer drastischen Kostensteigerung im vergangenen Sommer für Aufregung gesorgt hat. Im Juli 2021 folgte also eine weitere Kostenfortschreibung für die Zentralbibliothek. Die neue Summe: 81,15 Millionen Euro.

Noch nicht das Ende der Fahnenstange

Selbst die Spatzen vom Dach sind es langsam Leid, das Lied von drastischen Preissteigerungen im Bausektor und der hohen Inflation zu pfeifen. Eine erneute und deutliche Steigerung der Kosten in den letzten anderthalb Jahren scheint unumgänglich. Besonders, weil die Verhandlungen mit den Generalunternehmern weiterhin laufen. Dazu gehört auch, dass diese das Gebäude analysieren, Proben entnehmen und versuchen, sich ein Bild von dem zu machen, was in dem 44 Jahre alten Bauwerk alles zum Vorschein kommen kann, sobald die Arbeiten beginnen. Das könnte den Preis weiter treiben.

Es ist nicht undenkbar, dass die Kosten für die Sanierung in den dreistelligen Millionenbereich klettern. Damit nähert sich die Prognose dem Betrag an, den die Stadt 2018 für einen deutlich größeren Neubau an gleicher Stelle veranschlagt hat: 145,9 Millionen Euro.

Zentralbibliothek ist kein Denkmal

Entworfen haben den Bau die Architekten Franz Lammersen und Franz Löwenstein. Ersterer baute unweit von der Zentralbibliothek 1967 die Kunsthalle Köln. Sie hatte nach 35 Jahren ausgedient und wurde 2002 abgerissen. Künstler und Architekten protestierten gegen den Abriss der Halle, weil ein Kulturraum verloren ging, aber auch, weil der Bau vielen als wertvolles Denkmal der 60er-Jahre-Architektur galt.

Zur Bibliothek erklärte die Stadt einmal: „Das Gebäude steht zwar nicht unter Denkmalschutz, gilt mit seinen horizontalen Fensterbändern und der Betonfassade jedoch als besonders erhaltenswert.“ Derzeit sprießt das Moos aus der mit hellen und dunklen Flecken übersäten Fassade. Die Tauben haben sich auf dem Dach eingerichtet.

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