Die Stadt Köln hat den Bauantrag für die geplante Erstaufnahmeeinrichtung an der Riehler Straße zurückgewiesen. Gravierende Mängel machen das Acht-Millionen-Euro-Projekt vorerst unmöglich.
Flüchtlingsunterkunft AgnesviertelBauaufsicht stoppt Umbau der Ex-Finanzdirektion in Köln

Die frühere Oberfinanzdirektion an der Riehler Straße steht seit Jahren leer.
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Die Bezirksregierung Köln hat zunächst keine Genehmigung für den Umbau der früheren Oberfinanzdirektion an der Riehler Straße in eine Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) erhalten. Wie die Rundschau erfuhr, hat das Bauaufsichtsamt der Stadt beim Bauantrag mehrere Verstöße gegen Vorschriften und viele Mängel festgestellt. Der Antrag sei in diesem Form nicht genehmigungsfähig.
Brandschutzmängel im Umbauprojekt
Wie die Rundschau erfuhr, liegen zwei Verstöße vor, die beide den Brandschutz betreffen. Dabei geht es zum einen darum, dass ein zweiter Rettungsweg errichtet werden muss und zum anderen um eine beantragte, aber nicht genehmigungsfähige Abweichung von den Vorgaben für Fenster, die als Rettungswege dienen. Zudem muss das Brandschutzkonzept grundlegend überarbeitet werden. Es fehlen Hydranten und Entnahmestellen für Löschwasser. Es sind weniger Sanitärräume eingeplant als der Brandschutz vorgibt. Allerdings kommt es noch dicker: Bauaufsicht und auch die Brandschutzdienststelle zweifeln an der Eignung desjenigen, der das Brandschutzkonzept erstellt hat. „Der derzeitige Konzeptersteller wird nicht akzeptiert“, heißt es in einem Schreiben der Bauaufsicht, das der Rundschau vorliegt.
In der sechsseitigen Mängelliste wird unter anderem infrage gestellt, wo die großen Lebensmittelmengen gelagert und gekühlt werden sollen, da laut Betriebsbeschreibung zweimal pro Woche Lebensmittel angeliefert werden sollen. In den geplanten Essraum passen 124 Personen, bei Vollbesetzung (544 Personen) der EAE wären mehr als vier Durchgänge nötig, um alle zu versorgen. Dafür würden jedoch vollständige Angaben zur Kantine fehlen.
Die Bezirksregierung hat auf Anfrage der Rundschau die Forderungen der Bauaufsicht bestätigt. „Die Bezirksregierung hat dafür Fristverlängerung beantragt und ist zuversichtlich, diese Nachbesserungen im Oktober erbringen zu können“, erklärt Pressesprecher Dennis Heidel. Kurioserweise verneint die Stadt allerdings auf Anfrage, dass eine Fristverlängerung beantragt worden sei. Somit gilt aktuell die Frist bis zum 20. September.
Kontroverse im Agnesviertel
Das Vorhaben scheidet bereits seit mehr als einem Jahr die Geister im Agnesviertel. Viele Anwohnende sind gegen das Vorhaben, andere sprechen sich dafür aus. Erstaunlich ist, dass auf den bisher drei Informationsveranstaltungen in der Agneskirche von den Anwohnenden genau die Punkte mit Sorge angesprochen wurden, die nun auch die Bauaufsicht bemängelt: Der Brandschutz im Notfall, die Anzahl der Sanitärräume in dem früheren Bürogebäude und die Frage, ob es eine angemessene Unterbringung sei, auch in Bezug auf die Verpflegung und den Freiraum.
Wie die Rundschau Anfang des Jahres berichtete, soll der Umbau des Altbaus an der Riehler Straße rund acht Millionen Euro kosten, durch Beanstandungen der Bauaufsicht könnten die Kosten weiter steigen. Das zum früheren Sitz der Oberfinanzdirektion (OFD) gehörende Hochhaus nebenan soll leer bleiben. Die Frage nach einer aktuellen Kostenprognose blieb unbeantwortet. Die Bezirksregierung erklärt aber, dass das Land an der Errichtung der EAE in der landeseigenen OFD weiter festhalte. Sie soll 2026 ihren Betrieb aufnehmen, ein konkreter Termin sei jedoch nicht nennbar.
Politische Kritik und Forderung nach Umdenken
Einige Politiker sehen das Projekt weiter kritisch. Ratsmitglied Florian Weber (CDU) erklärt: „Monatelang wurde der Eindruck erweckt, die Großunterkunft im Agnesviertel sei fertig durchgeplant und unabwendbar. Die Bauaufsicht hat nun schwarz auf weiß festgestellt: In dieser Form ist der Bauantrag nicht genehmigungsfähig.“
Ralph Sterck, Sprecher für Stadtentwicklung der FDP-Ratsfraktion, sagt: „Diesen Schuss vor den Bug sollte die Bezirksregierung und die dahinterstehende Landesregierung zum Umdenken bringen.“ Der Standort nahe dem problembeladenen Ebertplatz sei ungeeignet. „Es wird Zeit, dass die Verantwortlichen sich und der Öffentlichkeit das Scheitern des Projektes eingestehen. Die aktuell geringen Zugangszahlen und die längere Nutzung der Einrichtung an der Schönhauser Straße geben dem Land die nötige Luft und Zeit, gemeinsam mit der Stadt den Prozess neu aufzusetzen und viel Geld und ungenutzten Raum zu sparen.“
Wie die Rundschau berichtete, plant die schwarz-grüne Landesregierung offenbar, die Zahl der Plätze in Landesflüchtlingsunterkünften zu reduzieren. Grund dafür seien die rückläufigen Asylbewerberzuzüge nach Deutschland. Die Gesamtkapazität soll von 41.000 Unterbringungsplätzen im Landessystem auf nur noch 35.000 (davon 7000 im Standby-Modus) heruntergefahren werden. Köln bliebe dabei mit 8645 Plätzen (6916 aktive Plätze/1729 Standby) der zweitgrößte Standort des Landes hinter Düsseldorf mit 9765 (7812/1953).
