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Interview

Annette Frier, Eko Fresh, Ricarda Lang
Bettina Böttinger startet ihren Podcast „Zwischen den Zeilen“

Lesezeit 6 Minuten
Jahrelang moderierte Bettina Böttinger den „Kölner Treff“.

Jahrelang moderierte Bettina Böttinger den „Kölner Treff“. 

Am 27. Mai feiert das Format Premiere. Wöchentlich lädt die Moderatorin neue Gesprächspartner ein.

Mit 30 Jahren Talk-Erfahrung und über 5000 Gesprächen gehört Bettina Böttinger zu den versiertesten Moderatorinnen im deutschen Fernsehen. Nach ihrer letzten „Kölner Treff“-Moderation im Oktober 2023 widmet sie sich nun ihrem neuen Podcast, der am 27. Mai Premiere feiert. In „Zwischen den Zeilen“ lädt die Rheinländerin wöchentlich eine prominente Persönlichkeit zu einem offenen und unterhaltsamen Gespräch ein. Im Interview berichtet sie über ihre Vorbereitung und blickt zurück auf die Zeit beim „Kölner Treff“.

Wie ist die Idee zum neuen Podcast „Zwischen den Zeilen“ entstanden?

Ich wollte auch nach meiner Zeit beim „Kölner Treff“ weiter mit den Menschen Gespräche führen, die ich für interessant halte. Schon bei meiner ersten Buchpublikation ging es mir darum, Porträts über Frauen zu schreiben, die tiefer gehen, als dies bei der Sendung in zehn Minuten Gesprächszeit pro Person möglich war. Darum geht es mir auch jetzt in meinem neuen Podcast, in dem ich jeweils 60 Minuten Zeit zur Verfügung habe, um mit einem Menschen zu sprechen und um auf das zu blicken, was hinter den Überschriften und Zitaten wirklich steckt. Deshalb findet der Podcast buchstäblich „zwischen den Zeilen“ statt, wenn ich gemeinsam mit den Gästen die Geschichten hinter den Überschriften aufdecke, Missverständnisse aufkläre und persönliche Perspektiven ergründe.

Damit setzen Sie ihr Talkformat im Fernsehen nun online auf eine neue Art und Weise fort.

Mir waren schon immer Gespräche wichtig, die nicht nur auf der Oberfläche bleiben, die aber trotzdem für den Zuhörer unterhaltsam sind. Wichtig ist es für mich, Menschen mit Haltung einzuladen und mit ihnen zu erkunden, was uns heute in schwierigen und turbulenten Zeiten Halt, Orientierung und Hoffnung gibt.

Wen haben Sie sich für Ihre ersten Gespräche ausgesucht?

Dazu gehört Annette Frier, die ich für eine tolle Schauspielerin und für einen tollen Mensch halte. Genauso wie ich selbst engagiert sie sich für die Initiative #DuUndIchFür Demokratie. Eingeladen zum Gespräch habe ich auch den Kölner Musiker Eko Fresh, der einen interessanten Weg hinter sich gebracht hat und der sich stets für Toleranz und ein gesellschaftliches Miteinander einsetzt. Das gilt auch für die Schauspielerin Cristina do Rego, die schon bei meinem ersten Podcast dabei war. Auch sie setzt sich für Toleranz ein und dafür, dass queere Menschen keine Angst mehr haben müssen, wenn sie sich outen.

Beim Königstag in der Wolkenburg war auch der Astronaut Matthias Maurer ein guter Gesprächspartner.

Matthias Maurer ist ein sehr eloquenter Mensch, der spannend über sich und seine Arbeit als Astronaut spricht. Auch er steht bei mir auf der Liste der Gesprächspartner. Er hat im All zum Beispiel beim Ausbruch des Krieges in der Ukraine selbst erlebt, wie zerbrechlich unsere Welt ist und kann über die Erfahrung berichten.

Bereiten Sie sich auf den Podcast anders vor als auf die TV-Talkshow?

Ich habe mir die Vorbereitung auf den Podcast nicht ganz arbeitsintensiv vorgestellt, wie sie in Wirklichkeit ist. Zum Glück arbeite ich mit einem tollen Producer mit Talkerfahrung zusammen, der mir zum Beispiel bei Cristina ein zwölfseitiges Dossier erstellt hat. Für 60 Minuten Gesprächszeit muss man sehr gut vorbereitet sein. Es wird auch Gäste wie Laura Karasek geben, die beim „Kölner Treff“ schon dabei waren. Dabei wird es jetzt eine ganz andere Ausgangssituation für das Gespräch geben, das alleine durch die Länge viel intensiver ist.

Ist die Länge für manche Menschen nicht ein Problem?

Natürlich zeigen Studien, dass die Aufmerksamkeitsspanne gerade bei jungen Menschen immer kürzer wird, aber es gibt gleichzeitig auch ein Bedürfnis, länger zuzuhören. Deshalb werden Podcasts auch heute sehr gut nachgefragt. Wir haben bereits zwei Folgen für den Start am 27. Mai vorproduziert. Die nächste neue Folge gibt es dann jeweils am darauffolgenden Dienstag. Wir versuchen dabei, alle Bereiche vom Sport, der Musik und der Unterhaltung bis hin zu Politik mit einzubeziehen. Daher haben wir mit Serap Güler und Ricarda Lang auch zwei sehr unterschiedliche Politikerinnen zu uns eingeladen.

Gab es Gäste beim „Kölner Treff“, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

Mit „B.trifft“ gab es in meinen Talkshows im Laufe der knapp 30 Jahre insgesamt mehr als 5000 Gäste. Da fällt es schwer, einzelne Gäste auszuwählen. Toll war für mich zum Beispiel die Begegnung mit dem Pianisten Lang Lang, der sich ganz offen auf unsere Runde eingelassen hat und der viel von sich selbst erzählt hat. Es war bei jeder Runde aufs Neue spannend, wie die Gäste miteinander agieren und welche Dynamik sich daraus entwickelt. Mich als Moderatorin darauf einzustellen, war immer eine große Herausforderung und auch ein kleines Abenteuer. Bei meinem Abschied habe ich mir noch einmal einige Wunschgäste ins Studio eingeladen wie Anne-Sophie Mutter, Guido Maria Kretschmer, Herbert Grönemeyer und Monika Hauser, die sich gegen sexualisierte Kriegsgewalt engagiert. Interessant war in den Runden auch immer zu sehen, wie fließend ernste und unterhaltsame Themen in der Runde ineinander übergehen. Das war bei uns nie ein Störfaktor.

Vermissen Sie manchmal Ihre TV-Sendung?

Der Abschied nach 30 Jahren war eine ganz bewusst getroffene Entscheidung und hat mir den perfekten Ausstieg ermöglicht. Die Sendung hat mich in all den Jahren mit den intensiven Gesprächen mit spannenden Menschen so reich beschenkt. Das war ein Geschenk, das ich mir durch meinen Beruf selbst gemacht habe. Vermisst habe ich das Ganze aber nicht, auch weil ich weiter sehr viel zu tun habe und weil ich es auch genießen kann, nach 30 Jahren den Freitagabend gemütlich zu Hause auf dem Sofa zu verbringen. Aber es bleibt mir weiter als Journalistin wichtig, andere Leute dazu zu bringen, Spannendes von sich und ihrer Arbeit zu berichten. Daher freue ich mich jetzt auch auf den neuen Podcast.

Wie empfinden Sie das, was gerade in der Welt alles passiert?

Wir leben aktuell in sehr verrückten Zeiten, in denen Dinge, die eigentlich immer selbstverständlich waren, nicht mehr selbstverständlich sind. Da hat sich plötzlich sehr viel neu zurechtgerückt. Das hat schon in der Corona-Zeit begonnen und setzt sich jetzt weiter fort. Wir erleben Kriege wie in der Ukraine oder in Gaza. Das, was da gerade unter Präsident Netanjahu an Verbrechen gegen die Menschen passiert, ist für mich schwer auszuhalten. Das gilt aber auch für das Massaker am 7. Oktober in Israel – diese Geschehnisse werde ich mein ganzes Leben lang als großen Schmerz begreifen. Dazu kommt die Zeit der maßlosen Potentaten, wie der klar und kalt kalkulierende Putin oder der größenwahnsinnige Neurotiker Trump, der über eine wahnsinnige Machtfülle verfügen kann, was ihn wirklich gefährlich macht. Da tut es gut, in spannenden Gesprächen mit spannenden Menschen zu erfahren, was wirklich wichtig ist, was einem in dieser Zeit Halt gibt und wofür es sich zu kämpfen lohnt.