Freilaufende Tiere auf dem Gelände des Kölner Großmarkts drohen heimatlos zu werden.
TierschutzDebatte um Katzen auf dem Kölner Großmarkt-Gelände

Wilde Katzen auf dem Großmarktgelände.
Copyright: IG Kölner Großmarkt
Der Großmarkt in der Südstadt wird bald Geschichte sein. Ende des Jahres soll er endgültig geschlossen werden, und viele Händlerinnen und Händler wissen noch nicht, wie es für sie weitergehen soll. Weniger beachtet ist dagegen das Problem einer ganz anderen Gruppe bisheriger Anlieger des Großmarktgeländes. Schätzungen zufolge leben mehr als 150 wilde Straßenkatzen auf Areal. 150.000 Quadratmeter ist es groß, das entspricht gut 21 Fußballfeldern.
Vereine unterhalten Futterstellen
Wenn die ehrenamtliche Tierschützerin Mania Leveringhaus auf dem Gelände unterwegs ist, sieht sie die teilweise erheblich verwahrlosten Katzen kaum. Tagsüber verstecken sie sich, und auch bei Einbruch der Dunkelheit bleiben sie ziemlich scheu. Aber sie freuen sich über jeden Besuch von Leveringhaus und ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern. Auf dem Großmarktgelände haben die Vereine „Straßenkatzen Köln“ und Katzenschutzbund Futterstellen eingerichtet, damit die Katzen nicht verhungern müssen, denn alleine von Abfällen des Großmarktes können sie sich nicht ernähren.
Diese ehrenamtlich betriebenen Futterstellen fallen weg, wenn der Großmarkt geschlossen wird und alle Gebäude abgerissen werden, um das Bauprojekt „Parkstadt Süd“ zu realisieren. Nicht nur die engagierte Tierschützerin macht sich darüber Sorgen. Auch die SPD in der Bezirksvertretung Rodenkirchen treibt die Frage um, wie es mit den Südstadt-Straßenkatzen weitergeht.
In einem Antrag, der am 30. Juni beraten werden soll, fordern sie die Stadtverwaltung auf, die Tiere sicherzustellen und umzusiedeln. Ohne rechtzeitige Maßnahmen drohten die Katzen nicht nur weiter zu verwahrlosen und zu erkranken, sondern auch in umliegende Wohn- und Gewerbegebiete abzuwandern, so die Sozialdemokraten. Tierschutzorganisationen sollen bei der Umsiedlung der Katzen helfen, fordert die Fraktion.
Mania Leveringhaus ist dazu gerne bereit. Sie hat im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Arbeit bereits ein Konzept zur Lösung des Problems entwickelt. „Wir sind in guten Gesprächen mit der Verwaltung“, erklärt Leveringhaus: „Das ist allerdings ein Mammutprojekt, und uns läuft langsam die Zeit davon.“
Eine Sprecherin der Stadt bestätigte, dass es erste Gespräche mit Privatpersonen und Tierschutzorganisationen gegeben habe: „Das Problem der zum Teil verwilderten freilebenden Katzen auf dem Gelände des Großmarktes ist der Stadt Köln bekannt und in Bearbeitung.“
Lösungskonzept „nicht finalisiert“
Man bemühe sich weiterhin, zeitnah Lösungen zu finden. Ein Lösungskonzept habe „noch nicht finalisiert“ werden können. Konkret gehe es aber um die Sicherung, Quarantänisierung, tierärztliche Behandlung sowie der Vermittlung oder Auswilderung der Katzen.
Das ist auch im Sinne der Tierschützerinnen und Tierschützer um Mania Leveringhaus. Womöglich würden auf dem Gelände sogar noch deutlich mehr als die aktuell geschätzten 150 Katzen leben, weil manche Bereiche schwer einsehbar sind. Seit den 1980er Jahren engagiert sich der Katzenschutzbund schon auf dem Gelände. In den vergangenen sieben Jahren sind von dem Verein bereits gut 100 Tiere eingefangen worden. Der Verein Straßenkatzen hat unterdessen weitere 80 Katzen sichergestellt. In Pflegestellen werden diese Tiere medizinisch versorgt und zum Teil auch als Haustiere vermittelt. Andere werden kastriert, gechipt und wieder ausgesetzt.
Katzen halten Mäuse ab
In der Vergangenheit war es bei einigen Händlerinnen und Händlern durchaus nicht unerwünscht, dass sich Katzen auf dem Großmarktgelände aufhalten. Das hielt Ratten und Mäuse ab. „Hartnäckig hat sich aber das Gerücht gehalten, dass kastrierte Katzen keinen Jagdtrieb mehr haben“, erzählt Mania Leveringhaus. Das stimme zwar nicht, habe aber dazu geführt, dass sich die Straßenkatzen recht unkontrolliert vermehrten. Immer wieder muss der Verein auch vernachlässigte Katzenbabys auf dem Gelände retten.
Michael Rieke von der Interessengemeinschaft Großmarkt erklärte auf Anfrage, dass manche Händler sogar „Lagerkatzen“ als Schädlingsbekämpfer einsetzen. Weil die Stadt sich kaum um illegal entsorgten Müll auf dem Gelände kümmere, würden sich Mäuse und Ratten schnell vermehren. Die Fütteraktionen der Tierschützer sieht Rieke mit gemischten Gefühlen - so würden schließlich auch die Schadnager gefüttert: „Aber es gibt auch hier keinerlei Interesse und Bemühen seitens der Stadtverwaltung, um hier zum Beispiel eine symbiotische Regelung finden zu wollen.“
Als befremdlich empfindet es der Händler, dass politisch nun über die Zukunft der Katzen diskutiert werde, es aber nach wie vor keine Konzepte für die Zukunft der Betriebe gebe, die auf dem Gelände zwangsweise geschlossen würden. Manche der Tiere am Großmarkt seien – wie alle streunenden Vierbeiner - krank, berichtet die Tierschützerin. Zum Teil seien es lebensbedrohliche Infektionen, aber auch Wurmbefall, Flöhe, Zecken oder Pilze. Sollte es ein Lösungskonzept für das Großmarktgelände geben, sei deshalb eine intensive medizinische Betreuung unerlässlich.
Nicht einfach, alle Tiere zu finden
Insgesamt werde die Herausforderung vor allem darin bestehen, überhaupt alle Tiere zu finden, so Mania Leveringhaus: „Es ist realisierbar, aber es wird nicht einfach.“ Auf dem weitläufigen Areal gebe es viele Möglichkeiten, wo sich die Katzen verstecken können.
Manche Gebäude seien bereits teilweise abgerissen, andere stünden leer und seien baufällig – durch nicht ganz verschlossene Rolltore könnten die Katzen aber in diese Ruinen eindringen. Gerade junge Mütter und kranke Tiere würden sich gerne in die Dunkelheit von Bauten oder auch schwer zugänglichen Schächten zurückziehen.
Es ist leicht nachzuvollziehen, dass zur Rettung der Katzen auf dem Großmarktgelände viele Abstimmungsgespräche erforderlich sind. An manchen Stellen ist es für Menschen einfach gefährlich. Deshalb bitten die Tierschutzvereine auch ausdrücklich darum, dass niemand eigenständigen Sicherungsaktionen oder Alleingänge auf dem Gelände vornimmt.
Die Arbeit der Katzenschützer wird überwiegend mithilfe von Spenden finanziert. Um öffentliche und auch politische Aufmerksamkeit auf das Problem der wildlebenden Katzen am Großmarkt zu lenken, wurde im Internet eine Petition gestartet. Ein neuer geschützter Ort sei erforderlich, heißt es in dem Text, der schon von fast 11.000 Menschen unterzeichnet worden ist.
Am besten sei die Unterbringung in einem Gebäude. Auch Hallen oder Container seien denkbar, meint Maina Leveringhaus. Allerdings müsse dafür ein Grundstück gefunden werden, und die Zeit dränge. Hinzu kämen die Kosten, die unter anderem Schutzkleidung, tiermedizinische Versorgung, Strom und Wasser umfassen. Für die Zukunft wünschen sich die Tierschützer, dass die Wildkatzen vom Großmarkt entweder an Halterinnen und Halter vermittelt oder an anderer Stelle in kleineren Gruppen wieder kontrolliert ausgewildert werden können.