E-Motor für OldtimerWarum der Kölner Kabarettist Jürgen Becker ein altes Motorrad umgebaut hat

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Jürgen Becker fährt auf dem E-Motorrad am Rhein entlang.

Jürgen Becker fährt jetzt ohne Knattern und Gestank.

Kabarettist Jürgen Becker hat mit Freunden ein 70 Jahre altes Motorrad auf E-Antrieb umgebaut. Damit will er auch zur Lärmreduzierung beitragen.

Beinahe wäre die verrostete Minsk auf dem Schrott gelandet. Die Nachbildung der legendären DKW RT 125 aus den 30er Jahren, die auf der ganzen Welt kopiert wurde, stand eigentlich im Eingangsbereich der Motorradwerkstatt von Frank und Bodo Krull in Wustrow in Mecklenburg-Vorpommern. Dort entdeckte ihr Kölner Freund und Kabarettist Jürgen Becker die 125er Minsk aus Weißrussland, die von der Roten Armee nach Ende des Kalten Krieges in der damaligen DDR zurückgelassen worden war. Auf seinen Wunsch bauten sie das 1955 gebaute Motorrad zuerst zum sogenannten „Custombike“ mit Zweitaktmotor um - bis aus ihm in Köln ein E-Motorrad wurde.

Vor allem das laute Knattern und der Gestank hatten ihn an dem sonst so besonderen Zweirad gestört, sagt Becker. „Dann habe ich gelesen, dass Studenten in Berlin Umbausätze entwickelt haben, mit denen man an einem Nachmittag eine herkömmliche Schwalbe zum E-Mokick umbauen kann.“ Bei der Minsk dauerte der Umbau keinen Nachmittag, sondern ein halbes Jahr. Mehrere Freunde beteiligten sich daran, unter anderem Klaus Mittendorfer, ein pensionierter Kraftwerksingenieur.

Der Aufwand hat sich gelohnt. Internationale Branchenmagazine feiern bereits die Elektrifizierung des historischen Gefährts. Unter „Oldtimer go sexy electric“ findet man bei Youtube sogar einen kleinen Film über es. „Neue E-Motorräder wirken oft steril. Diese Maschine hat einfach ganz viel Charme“, so Becker. Mit dem Einbau eines Elektromotors in den Oldtimer will er aber vor allem zur Lärmreduzierung beitragen. Der Kabarettist sei selbst oft im Bergischen Land unterwegs und kenne das dortige Problem mit dem Motorradlärm. „Da kommt ja nicht nur eines vorbei, sondern an manchen Wochenenden Hunderte“, sagt Becker. „Die müssen einfach leiser werden.“

Der Umbau hat in der Szene aber auch hitzige Diskussionen ausgelöst. Bei vielen Motorradfans, manchmal auch Petrolheads genannt, gehört das Benzin nämlich dazu. „Der Elektromotor ist ja sogar älter als der Verbrenner“, wendet Jürgen Becker ein und argumentiert auch mit der Rockmusik - denn auch dort geht nichts ohne die entsprechende Anzahl an Watt. Ein bisschen E-Gitarre ist deshalb auch an der Minsk verbaut: Den ehemaligen Tank des Custombikes ziert etwa das unverwechselbare „Buchsenblech“ mit dem damals erstmals schräg eingeführten Stromkabel der legendären „Fender Stratocaster“, die schon Jimi Hendrix spielte.

Jürgen Becker selbst ist der Ideengeber. Auch für weitere E-Umbauten: Sein Freund Klaus Mittendorfer bastele derzeit an einem kostengünstigen Umbausatz für die DKW RT 125 und ähnliche Modelle. „Wir wollen damit gar kein Geld verdienen, sondern andere ebenfalls zum Umbau animieren“, so Becker. 100 Kilometer fährt die Minsk, bis sie wieder an die Steckdose muss. Zumindest soll sie das demnächst: In der kommenden Woche steht der entscheidende TÜV-Termin für das 70 Jahre alte Motorrad mit dem neuen E-Motor an. 

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