Schulessen ist für viele Kinder wichtig. Doch nun drohen Vertreuerungen.
VerteuerungEltern müssen für das Schulessen in Köln künftig mehr zahlen

Kinder essen in der Mensa einer Grundschule Mittag.
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Ein kostenfreies Mittagessen forderte unlängst Bundesernährungsminister Cem Özdemir. Der Trend geht in Köln erst einmal nicht dahin, sondern Richtung Verteuerung. „Aufgrund gesetzlicher Änderungen müssen wir die Preise für das Schulessen anpassen“, teilte der Bio-Caterer Biond kürzlich den Eltern des Humboldt-Gymnasiums mit. Zum ersten Februar wird das Essen teurer.
Als Grund gab Biond „gesetzliche Änderungen“ an. Gemeint ist damit die Erhöhung der Mehrwertsteuer von vorübergehend sieben auf jetzt wieder 19 Prozent zum Jahresbeginn. Man komme nicht umhin, die Preise um 12 Prozent anzuheben. So steigt der Basispreis für ein Essen im Abonnement von 4,13 Euro auf 4,60 Euro. Wer sich spontan zum Mittagessen entschließt, zahlt 5,35 Euro statt bisher 4,80.
Mehrwertsteuer-Erhöhung trifft Unternehmen hart
Biond-Geschäftsführerin Jana Fuhrmann-Heise unterstreicht, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer ihr Unternehmen hart treffe. „Nun stehen wir vor der Herausforderung, dass auch andere Faktoren wie die dramatische Zunahme der Produktionskosten – laut Statistischem Bundesamt sind die Nahrungsmittelpreise zwischen Juli 2021 und Juli 2023 um 27,2 Prozent gestiegen – sowie signifikante Erhöhungen in den Bereichen Lohn- und Transportkosten unsere Betriebskosten beeinflussen.“
Die größten Preissteigerungen in den vergangen zwei Jahren waren im Lebensmittel- und Energiebereich. Beides entscheidende Faktoren, um täglich gesunde und leckere Mahlzeiten für Kinder zubereiten zu können. Dass andere Caterer in der Schul- und Kitaverpflegung nachziehen werden müssen, steht zu befürchten.
Bei In Via, einer inklusiven gemeinnützigen GmbH, schlägt die Rücknahme der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung für Speisen nicht zu Buche. „Als inklusiver Betrieb führen wir nur sieben Prozent Mehrwertsteuer ab“, erklärt Geschäftsführerin Renate Claaßen-Zöller. Dennoch gibt auch sie zu bedenken: „Wir können eine Preiserhöhung nicht ausschließen.“ Grund ist in diesem Fall die Lohnerhöhung im AVR-Tarif um rund zehn Prozent, die ab März in Kraft tritt.
Die einzig warme Mahlzeit des Tages für viele Kinder
Rund 40 Schulen beliefert In Via in Köln mit etwa 6500 Mittagessen an jedem Werktag. „Für viele Kinder ist das Schulessen die einzige warme Mahlzeit, die sie am Tag erhalten“, weiß Claaßen-Zöller. „Es wäre toll, wenn Özdemirs Vorschlag eines qualitativ hochwertigen kostenfreien Schulessens umgesetzt würde“, sagt sie. Denn: Gemeinsam gesunde Mahlzeiten einzunehmen, ist weitaus mehr als reine Nahrungsaufnahme. Kinder lernen dabei für ihr weiteres Leben - und sie justieren wichtige Stellschrauben für ihre Gesundheit.
„Schulessen ist eine wahnsinnig wichtige Institution“, bekräftigt auch Tanja Vogt vom Zentrum für alleinerziehende Eltern. Wer Beruf und Kindererziehung unter einen Hut bringen müsse, sei erleichtert und entlastet, wenn es gutes Essen in der Schule gebe. „Kinder von Eltern aus bildungsfernen Schichten können dort viel über gesunde Ernährung lernen“, sagt Vogt.
Bei steigenden Kosten an der Qualität der Nahrungsmittel zu sparen, kommt deshalb für Claaßen-Zöller ebenso wenig wie für Fuhrmann-Heise in Frage. Dabei können die Kinder bei In Via in der Regel unter mehreren Komponenten wählen. „Wenn es Fisch mit Kartoffelpüree und Spinat gibt, könnte ein Kind das Püree beispielsweise durch Nudeln und den Spinat durch einen Möhrensalat ersetzen“, nennt Claaßen-Zöller ein Beispiel.
Personalmangel als Problem
Doch längst nicht an jeder der Kölner Schulen kann das ganze Menü angeboten werden. Bauliche Einschränkungen machen oft einen Strich durch die Rechnung, oder es fehlt das Personal im Offenen Ganztag, um das Mittagessen so zu organisieren, wie es sich Experten wünschen würden. Der „pädagogische Mittagstisch“, an dem Gemeinschaft gelebt und nebenher Essens- und Sozialkultur entwickelt wird, bleibt oft Wunschdenken.
Auch die Stadt hat das Thema auf dem Schirm. Im Juli 2023 endete ein einjähriges Projekt „Verbesserung der Verpflegungsqualität des Mittagessens an Kölner Grundschulen“. Zunächst wurde ein Pilot-Projekt an den 14 Grundschulen im Stadtbezirk Chorweiler durchgeführt. Im Durchschnitt nehmen dort 183 Schülerinnen und Schüler an den Grundschulen im Stadtbezirk am Mittagessen teil, bei einer Gesamtschülerzahl von durchschnittlich 250. Der Essenspreis variierte im Untersuchungszeitraum von 2,00 bis 3,40 Euro.
In einem Leitfaden stellt die Stadt nun Informationen zur Speisenplanung nach dem „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Schulen“ zusammen. Zusätzlich werden Strategien zur Reduzierung der Mehrkosten von Nachhaltigkeitskriterien aufgeführt. „Das Amt für Schulentwicklung stellt gute Beispiele für eine gelungene Schulverpflegung zur Orientierung für andere Schulen zur Verfügung“, hieß es in einer Mitteilung an den Schulausschuss Ende 2023.
Als nächstes will die Stadt die Verpflegungssituation an Förderschulen unter die Lupe nehmen. Von Preissteigerungen ist bisher im Projekt keine Rede. Das Cateringunternehmen sieht das Problem jedoch auf jeden Fall: „Wir sind uns der finanziellen Belastungen bewusst, die Familien aktuell erfahren.“
Biond beliefert in Köln sechs Kitas, zwei Grundschulen und fünf weiterführende Schulen. Die Preise liegen für ein Mittagessen zwischen 3,50€ und 4,10€ bei den Kitas und Grundschulen und 4,60€ bis 5,35€ bei den weiterführenden Schulen.