Alexander Moll verwandelte den düsteren Kultschuppen, dessen Wände mit Plakaten von zum Teil obskuren Filmen tapeziert waren, in ein helles, einladendes Café.
„Auf einmal ist hier Party“Filmdose feiert 50-jähriges Jubiläum - Ein Stück Kölner Kulturgeschichte

Alexander Moll hat die Filmdose in ein einladendes Café verwandelt.
Copyright: Meike Böschemeyer
Es waren einmal... zwei Männer mit einem Traum: Sie wollten Filme machen. Aber da man davon auch in den frühen 1970er Jahren nicht leben konnten, verdingten sie sich als Ankleider an der Kölner Oper. Bis ihnen jemand vorschlug: Macht doch eine Kneipe auf. Gesagt, getan: Im Oktober 1975 eröffneten Walter Bockmayer und Rolf Bührmann im Quartier Latäng die „Filmdose“ und legten damit den Grundstein für ein wichtiges Stück Kölner Kulturgeschichte. Heute, 50 Jahre später wird hier an der Kreuzung von Zülpicher und Dasselstraße immer noch Theater gespielt. Die Zügel hat Alexander Moll (69) in der Hand, seines Zeichens ein Urgestein der „Dose“.
Alex Moll war zum ersten Mal Ende der 70er in der Kneipe als Gast. „Ein Freund hat mich mitgenommen, hier an einem der Tische haben wir klargemacht, dass wir eine gemeinsame Wohnung beziehen“, erinnert er sich. Zu dieser Zeit kellnerte er in einem Café und „zwei meiner Kolleginnen waren mit zwei Kellnern der Filmdose zusammen“. Bei einem gemeinsamen Grillabend lernte er Rolf Bührmann kennen, der ihn kurz darauf für seinen Laden abwarb. Als nach einigem Ärger mit dem Finanzamt eine GmbH gegründet wurde, fragten Bockmayer (1948−2014) und Bührmann (1942−2016) Alex, ob er der Geschäftsführer werden wolle – und er sagte zu.

Ralph Morgenstern (2.vl.) in „Cleopatra“.
Copyright: Filmdose
Die Anfangsjahre waren schwer, aber nach und nach sprach sich rum, dass hier gute Stimmung herrschte und wilde Partys gefeiert wurden, inklusive eines Billardtisches, der nicht nur zum Billardspielen benutzt wurde ...
1984 hatte Bockmayer die Idee, im hinteren Teil der Kneipe Theater zu spielen: Die „Geierwally“ mit Samy Orfgen, Dirk Bach und Ralph Morgenstern entwickelte sich zum Riesenhit. Genauso wie die Folgestücke „Sissi Beuteljahre einer Kaiserin“, „Cleopatra und der Fluch der Tempelhuren“ oder „Elvira Die Samenbankmörderin von Burg Gerolstein“.

Walter Bockmayer (l.) 1994 bei einem Casting in der Filmdose.
Copyright: Dziedzic, Jochen
Immer war es brechend voll, an einem Abend so sehr, dass Bockmayer Alex bat, die Leute zu animieren, enger zusammenzurücken. „Wo eigentlich 54 Leute reingingen, konnte ich 63 unterbringen. Die habe ich dann noch begrüßt, ein paar Späße gemacht, solange, dass Ralph irgendwann den Kopf durch den Vorhang steckte und fragte: ‚Wann geht denn endlich das Stück los?’“ Das kam so gut an, dass beschlossen wurde, dass Alex nun jeden Abend ein Warm-up machen sollte.
1994 eröffnete Bockmayer das Kaiserhof Theater, zwei Jahre später in dessen Keller das Theater in der Kaiserdose und Alex Moll bewarb sich selbstbewusst für eine der Rolle in der Neuinszenierung der „Geierwally“. Und wurde zusammen mit Marcos Schlüter (der heute das „Mittelblond“ betreibt) das Zugpferd der schrägen Shows. Unvergessen seine Auftritte als Mutter Funzbroich.
Filmdose in Köln: Moll verwandelte den Laden in ein einladendes Café
Die Filmdose geriet in dieser Zeit aus dem Fokus: Irgendwann boten Bockmayer und Bührmann Moll an, die Kneipe an der Zülpicher zu übernehmen. Zusammen mit einer Partnerin griff er zu und verwandelte den düsteren Kultschuppen, dessen Wände mit Plakaten von zum Teil obskuren Filmen tapeziert waren, in ein helles, einladendes Café und in dem mehr als 20 Jahren auch wieder Theater gespielt wird und wie auch im Scala Theater und im Mittelblond die Tradition von Bockmayer weitergeführt wird. „Walter hat Diversität schon in den 70ern gelebt, sein Motto für die Filmdose: Du darfst hier alles machen!“ Jeder war willkommen, auch ein Durch-und-durch-Hetero-Mann wie Alex Moll, der kein Problem damit hat, sich (auf der Bühne) in Frauenkleider zu schmeißen.
So auch im aktuellen Stück „Völlig losgelöst Das Klimakterium schlägt zurück“. Gespielt wird freitags und samstags. Und auch an anderen Abenden wird die Bühne von den unterschiedlichsten Formaten genutzt. „Wir sind jetzt in einem Veranstaltungsmodus und gucken, dass wir schöne Sachen hinbekommen und Leute kommen, die durch ihre Getränke und ihr Essen den Laden am Laufen halten.“ Die Zeit der wilden Partys ist zwar vorbei, „aber es gibt immer Abende, wo dann auf einmal eine Gruppe eine andere kennenlernt. Und dann legst du drei, vier Nummern auf, die jeder kennt, und auf einmal ist hier Party!“
Der Autor hat Ende der 1980er Jahre als DJ in der Filmdose gearbeitet und war froh über jeden Abend, an dem er nicht „Er gehört zu mir“ auflegen musste.