Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Schock beim VeranstalterKölner Hofflohmärkte dürfen nicht mehr sonntags stattfinden

4 min
Eine Kundin schaut sich einen Flohmarktstand an.

Auslagen vor einem Reihenhaus warten auf Kundschaft.

Das Ordnungsamt streicht Veranstaltern der Hofflohmärkte die Sonntagstermine. Politiker fordern nun kreative Lösungen, um diese beliebten Veranstaltungen zu erhalten.

„Meint ihr das ernst?“ Das sei sein erster Gedanke gewesen, sagt René Götz. Am späten Dienstagnachmittag erhielt der Veranstalter der Kölner Hofflohmärkte eine E-Mail des Ordnungsamtes. Darin wurde ihm mit sofortiger Wirkung untersagt, sonntags Hofflohmärkte zu veranstalten. Die Begründung der Abteilung für „Spezielle Gewerbeangelegenheiten“: Paragraf 3 des nordrhein-westfälischen Feiertagsgesetzes. Der besagt: „An Sonn- und Feiertagen sind alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten verboten, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören, sofern sie nicht besonders erlaubt sind. Bei erlaubten Arbeiten sind unnötige Störungen und Geräusche zu vermeiden. Verboten sind auch Treib-, Lapp- und Hetzjagden.“

Götz hat die sogenannten Hofflohmärkte vor rund 20 Jahren in München eingeführt. Das Prinzip ist einfach: Es gibt jährlich einen festgelegten Samstag oder Sonntag, an dem in einem Viertel Hofflohmärkte stattfinden. Dabei verkaufen Anwohner im eigenen Hof oder Garten auf Privatgrund und das ganze Viertel kann mitmachen. 16 Euro kostet es, sich anzumelden. Dafür werden die Anbieter auf einer Karte markiert, die es online und gedruckt gibt. Es gehe um Nachbarschaft, Miteinander, Nachhaltigkeit und Viertelliebe, sagt Götz.

Seit zehn Jahren in Köln

In die Domstadt exportierte der Münchener Solo-Selbstständige sein Konzept vor zehn Jahren. „Köln war die erste Stadt, wo ich ganz herzliche Gespräche geführt habe. Ich war begeistert von der grundpositiven Stimmung dort“, sagt der 48-Jährige. Ein Viertel nach dem anderen machte mit. „Inzwischen sind es etwas über 40 Stadtteile. Es gibt noch weitere Anbieter neben mir, aber Konkurrenz haben wir nicht“, sagt Götz. Zwischen 50 und 250 Anwohner verkaufen pro Viertelsmarkt.

Während er in München die Hofflohmärkte am Freitagabend und am Samstag organisiert, hätten sich die Kölner dafür ausgesprochen, den Samstag und Sonntag zu nutzen. Von Feiertagsruhe sei nie die Rede gewesen. Stattdessen nutzten Nachbarschaften die lockeren Verkaufsgespräche zum Kennenlernen, Kinder besserten ihr Taschengeld auf und allgemein hatten alle Spaß. „Nun gibt es eine große Verunsicherung“, sagt Götz. Nachdem er die Anweisung des Ordnungsamtes auf Facebook publik machte, wird er dort mit Kommentaren überschüttet. Der Tenor: Die Kölner lieben ihre Hofflohmärkte.

Jetzt ist unklar, ob die sechs Sonntage, die in dieser Saison noch geplant sind, durchgeführt werden können. Auf dem Spiel stehen Agnes-Viertel, Mülheim, Braunsfeld, Raderthal, Deutz und Rodenkirchen. „Ich weiß nicht, was ich denen jetzt melden soll“, sagt Götz betrübt. Er hoffe, dass die Kölner Verwaltung einlenke. 

Ein Lageplan mit Straßen und roten Punkten.

Der Lageplan für den Hofflohmarkt in der Südstadt am Samstag, 30. August. Rote Punkte markieren, wer sich angemeldet hat.

Rückenwind aus der Politik

Vonseiten der Politik kriegt er Rückenwind. Unisono beurteilen die Parteien die Hofflohmärkte als Bereicherung für das Zusammenleben. „Uns ist wichtig, dass solche guten Ideen auch künftig ihren Platz in Köln haben können. Deshalb sollte nun sorgfältig geprüft werden, ob die strenge Auslegung der Rechtslage wirklich zwingend ist oder ob es Spielräume gibt, um die Hofflohmärkte rechtssicher zu ermöglichen“, sagt Bernd Petelkau, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion.

Kölner Politik fordert Verwaltung zu Lösung auf

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Christiane Martin, hebt den sozialen Charakter hervor. „Daher wundern wir uns, weshalb gerade diese Nachbarschaftsevents nicht mit dem Feiertagsgesetz NRW vereinbar sein sollen. Hier muss die Verwaltung rasch für Aufklärung sorgen und einen Weg finden, wie die Märkte auch an Sonntagen weiter stattfinden können.“

Ein Mann mit Kappe.

René Götz veranstaltet seit 2015 Hofflohmärkte in Köln.

Ulrich Breite, Geschäftsführer der FDP-Ratsfraktion, übt scharfe Kritik:„Zu behaupten, ein Hofflohmarkt störe die Sonntagsruhe, ist an Absurdität nicht zu überbieten. Wenn man dieser Logik folgt, dürften bald gar keine Flohmärkte mehr am Sonntag stattfinden. Das ist lebensfremd und kleinlich. Wir erwarten, dass die Stadtspitze das Ordnungsamt sofort zurückpfeift und diese unsinnige Interpretation stoppt.“

SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Joisten erklärt: „Leider droht Köln das nächste kollektive Kopfschütteln.“ Die SPD erwarte, dass erst einmal das Gespräch mit den Betreibern und der Politik gesucht werde. Bisher sei „keine einzige Beschwerde in diesem Zusammenhang bekannt geworden“.

Trotz der Kritik hält die Stadt zunächst an dem Verbot fest. Die Begründung: Man dürfe nicht gegen geltendes Recht handeln. Erst jetzt sei dem Ordnungsamt das Portal „hofflohmaerkte.de“ bekannt geworden. „Der Verwaltung ist bewusst, dass die fast 40 Jahre alte Regelung, die private Hofflohmärkte an Sonntagen verbietet, vielen nicht mehr zeitgemäß erscheint“, teilt ein Sprecher mit. Die Stadt werde „sich unverzüglich an den Landesgesetzgeber wenden, um eine kurzfristige Lösung zu eruieren, die im Sinne des Miteinanders in den Veedeln ist“.