„Halbe Preise hätten gut getan“Kölner Osterkirmes findet ohne Familientag statt

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Freizeitvergnügen vor der Haustür: Die Kirmes auf der Deutzer Werft wartet mit attraktiven Fahrgeschäften auf. Das kunterbunte Fahrgeschäft Shake lockt vor allem Jugendliche an. .

Freizeitvergnügen vor der Haustür: Die Kirmes auf der Deutzer Werft wartet mit attraktiven Fahrgeschäften auf.

Weil die Standzeit der Kirmes nach Überschreitung der Freizeitlärmwerte stark begrenzt wurde, können sich die Betreiber den Familientag nicht mehr leisten. Und immer mehr Familien die Kirmes nicht mehr.   

Das Riesenrad war das erste Opfer, und auch der Kibbeling musste dran glauben. „Wir haben nur eine Portion gekauft und uns die geteilt“, sagen Michael und Katja B. Und das Riesenrad ganz ausgelassen. Das hätte die fünfköpfige Familie 36 Euro gekostet. „Das machen wir nicht, , die Kinder wollen ja auch noch andere Karussels fahren.“ Die Familie aus Siegen mag den Standort der Kirmes direkt am Rhein, aber dass der Familientag mit halben Preisen für alle Fahrgeschäfte in diesem Jahr wegfällt, „das merken wir schon“.

Drastischer formuliert das , die ihre beiden Söhne allein erzieht. „Das ist ein Schlag ins Gesicht von Familien.“ Je zweimal dürfen Julian (7) und Patrice (5) fahren, und sich etwas zu essen aussuchen. „Ich habe es mir dreimal überlegt, ob ich überhaupt herkomme. Einfach mal hundert Euro ausgeben, das können wir nicht, da lebe ich mit meinen Kinder fast eine Woche von“, sagt die 38-Jährige. „Aber es sind ja Ferien, und etwas Besonderes wollten wir schon machen.“ „Es fragen viele unserer Besucher und Besucherinnen nach dem Familientag“, sagt Alexander Gillgen, Sprecher der Gemeinschaft Kölner Schausteller.

Wenn wir erklären, warum wir das in diesem Jahr nicht machen können, haben fast alle Leute Verständnis.
Alexander Gillgen, Sprecher der Gemeinschaft Kölner Schausteller

„Aber wenn wir erklären, warum wir das in diesem Jahr nicht machen können, haben fast alle Leute Verständnis.“ Weil Lärmmessungen bei der Herbstkirmes im Vorjahr eine Überschreitung des vom Land NRW festgelegten Wertes für Freizeitlärm ergeben hatten, musste das Kölner Ordnungsamt die Kirmeszeit auf maximal 18 Tage begrenzen (wir berichteten). Deshalb dauert die Osterkirmes in diesem Jahr nur neun statt 16 Tage. „Bei einer so kurzen Spielzeit können wir uns die halben Preise für Fahrgeschäfte am Familientag einfach nicht leisten“, so Gillgen.

Schon schön! finden Jannik, Michael und Katja B. die Kirmes. Sie stehen vor einem riesigen Maikolben-Verkuafsstand.

Schon schön! finden Jannik, Michael und Katja B. die Kirmes.

Verstehen kann das Renate Siebert, die mit ihren beiden Töchter da ist. „Ich bin auch selbstständig, und wenn fast die Hälfte der Einnahmen wegfällt, hat man halt keine Luft mehr.“ Nicht verstehen kann sie dagegen, warum die Schausteller die großräumige Absperrung in Deutz selbst zahlen müssen. „Die Kirmes ist doch etwas für alle Kölner und Kölnerinnen, warum zahlt das nicht die Stadt?“ Auch sie hat ein Budget im Kopf, für das es bei regulären Preisen eben nur den halben Fahrspaß gibt. „Bei der Gummersbacher Pfingstkirmes gibt es die halben Preise noch“, sagt sie. Ihre älteren Tochter hat ihr nächstes Ziel unterdessen schon fest im Blick. „Die Jaguarbahn muss unbedingt sein!“ Gerade fast 50 Euro ausgegeben hat Magdalena Fabry (37), die mit ihrer fünfjährigen Tochter Eva nach der Kita auf die Kirmes gegangen ist. „Wir hatten ein Slush-Eis , eine Zuckerwatte und sind zusammen mit ein paar Karussels gefahren.“ Wie Jaqueline Schumacher findet auch sie: „Gerade in diesen Zeiten hätten halbe Preise unheimlich gut getan.“


Aktuelle Lärmmessung

Im Herbst wurden kontinuierliche Überschreitungen der erlaubten erhöhten Freizeitlärmwerte an Sonntagen (erlaubt: 60 Dezibel) um 11 bis 13 Dezibel festgestellt. An den Werktagen (65 Dezibel) wurde sie um um 3 bis 7 Dezibel überschritten. In der abendlichen Ruhezeit um 10 bis 13 Dezibel. 70 Dezibel ist der Lärmpegel eines Großraumbüros. Auch aktuell wird der Freizeitlärm dauerhaft gemessen, die Ergebnisse werden im Nachgang der Veranstaltung ausgewertet. Die Kirmesbetreiber hatten in den Vorjahren zahlreiche Maßnahmen zur Lärmreduzierung durchgeführt.


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