Unverständnis bei SpaziergängernWarum die Stadt Köln blühende Margeriten abmäht

Lesezeit 3 Minuten
Mit einem speziellen Fahrzeug mäht die Stadt ihre artenreichen Wiesen. Bei Umstehenden löst das auf den ersten Blick teils Unverständnis aus.

Mit einem speziellen Fahrzeug mäht die Stadt ihre artenreichen Wiesen. Bei Umstehenden löst das auf den ersten Blick teils Unverständnis aus.

Passanten sind stark irritiert. Schilder, die die Stadt aufgestellt haben, sollen das auf den ersten Blick unsinnige Vorgehen erklären.

Der Passant mit dem Hündchen hat Fragen. Gerade jetzt, wenn die Margeriten so schön blühen, machen sich vier städtische Traktoren auf der kniehohen Wiese im Deutzer Pyramidenpark zu schaffen. Ein PS-starker Mäher macht die sprießenden Pflanzen in beeindruckendem Tempo kurz und klein.

Was das bitte soll, will der Mann wissen. Und nicht alle bleiben so freundlich wie er. Warum das Amt eine lieb gewonnene Wiese „vernichtet und zerstört“ habe, hatte einmal jemand in einer E-Mail an die Stadt gefragt – gefolgt von wüsten Beleidigungen.

Die Männer in Arbeitskleidung erklären also: Es handelt sich um eine „artenreiche Wiese“, die bietet Schutz und Nahrung für Insekten und Kleintiere – und ein Plus an Natur für Stadtmenschen. Ganz ohne Pflege würden die Pflanzen aber zu sehr verholzen und letztlich verbuschen. Der Blütenstand, der so wichtig ist, ginge verloren.

Mäher schont Insekten und Pflanzen

Daher wird gemäht, erstmals wenn die Margeriten blühen und sich die Pflanzen gut vom Schnitt erholen können, rund drei Monate später meist nochmal. Der extra angeschaffte Mäher ist besonders schonend für Pflanzen und Insekten. Das Schnittgut bleibt einen Tag liegen, damit die Samen zu Boden fallen, dann wird es zu Ballen gepresst. Künftig sollen diese in einer Biogasanlage verwertet werden. Ansonsten bleiben die Flächen sich selbst überlassen.

64 artenreiche Wiesen hat die Stadt seit 2019 angelegt, insgesamt 200 Hektar oder 280 Fußballfelder groß. Gemessen an den aktuell 2800 Hektar Gesamtgrünfläche hat die Stadt das damals gesetzte Ziel von zehn Prozent artenreicher Wiesen nicht ganz erreicht. Mehr sollen aber folgen. Umweltdezernent William Wolfgramm erklärt, warum sie so wichtig sind: „Der Verlust der Biodiversität ist eine der größten Herausforderungen, die wir sehen, zusammen mit dem Klimawandel. Beides bedingt sich gegenseitig.“

Auch „Umackern“ sorgte für Verwirrung

Die Stadt reagiert mit Öffentlichkeitsarbeit auf das teilweise Unverständnis der Menschen. Sie stellt etwa Schildchen mit dem Logo „Stadtgrün naturnah“ auf. Die artenreichen Wiesen sind eine der Maßnahmen unter diesem Label, für das die Stadt sich 2019 zertifizieren ließ und sich aktuell neu bewirbt. Außerdem haben die Grünflächenprofis beim Mähen Flyer dabei. In der Stadt hängen sogar Plakate.

Schon das erste Umwandeln von Grasflächen zu artenreichen Wiesen hatte in den letzten Jahren teils für Verwirrung gesorgt. Dafür muss nämlich erst das dominierenden Gras weg, die Fläche wird also „umgeackert“ – in einem Park ein ungewohnter Anblick. Bis das Saatgut dann endlich blüht, kann es ein Jahr dauern.

Manche sorgen sich auch um Grasfläche zum Picknicken und Sonnen. „Ich kann Sie beruhigen“, sagt Manfred Kaune vom Grünflächenamt. „Wir wollen nicht überall nur artenreiche Wiesen haben.“

Nachtmodus
Rundschau abonnieren