Wenn ein neuer Verhandlungstag ansteht, verwandelt sich das Kölner Justizzentrum zu einer Sicherheitszone mit viel Polizei. So auch am Dienstag. Doch zu neuen Erkenntnissen kam es nicht. Wieder einmal.
„Wir drehen uns hier im Kreis“Drach-Prozess in Köln kommt erneut ins Stocken

Köln: Thomas Drach, Angeklagter, wartet auf den Beginn des Prozesses. Der Reemtsma-Entführer ist wegen vier Raubüberfällen auf Geldtransporter angeklagt.
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Die Straßen rund um das Kölner Justizzentrum sind auch an diesem Dienstag von Polizeiwagen abgesperrt, der Straßenverkehr staut sich auf der Luxemburger Straße. Der Grund: Reemtsma-Entführer Thomas Drach (62) kommt um zirka 8.20 Uhr mit dem Hubschrauber ins Kölner Justizzentrum. Im Gebäude und dem näheren Umfeld patrouillieren zum Teil mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizeibeamte. Der für den Prozesstag am Dienstag erwartete Zeuge, der sich im Zeugenschutzprogramm befindet, fährt in einer von drei dunklen Limousinen die Luxemburger Straße herunter. Der ganz normale Wahnsinn, wenn am Landgericht gegen den womöglich bekannteste Schwerverbrecher Deutschlands verhandelt wird.
Doch nach all dem Aufwand, der um das Verfahren betrieben wird, trat der 41. Verhandlungstag unspektakulär auf der Stelle. Drachs niederländischer Mitangeklagter (54) klagte, wie häufiger zuvor, über starke Schulterschmerzen. Wegen der Schmerzen habe er in der Nacht nur eine halbe Stunde schlafen können. Nun sei er so müde, dass er sich nicht konzentrieren, dem Verfahren nicht angemessen folgen könne, wie seine Verteidiger mitteilten.
Sachverständiger fehlte am Dienstag
Im Hausgefängnis wurde der 54-Jährige von einer Notärztin behandelt. Doch die konnte nicht entscheiden, ob der Niederländer verhandlungsfähig war. Der psychiatrische Sachverständige, der für gewöhnlich die Verhandlungsfähigkeit des Niederländers attestiert, fehlte am Dienstagvormittag verhindert. Kurzerhand organisierte das Gericht also eine Psychiaterin aus einem anderen Verfahren am Landgericht. Die stellte fest, der Angeklagte sei „grundsätzlich verhandlungsfähig“, müsse aber zuvor was essen und trinken sowie mit Schmerzmitteln behandelt werden. Der Niederländer war am Morgen in der JVA ohne Frühstück geblieben und saß auf nüchternem Magen im Gerichtssaal. Das passte gut, es war mittlerweile Mittag, das Gericht ging in die Pause.
Danach klagte der 54-Jährige weiter, über Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Schmerzen. Mittlerweile war der etatmäßige psychiatrische Sachverständige zur Verhandlung gestoßen. Auch er wurde mit einer Untersuchung des Angeklagten beauftragt. Der Gutachter kam, im Gegensatz zu seiner Kollegin zu der Auffassung, dass der 54-Jährige — mittlerweile war es 15 Uhr — nicht verhandlungsfähig sei.
Und riet, endlich die schmerzenden Schultern des Angeklagten sachgerecht mit einer Infiltration zu behandeln. Entnervt von dem Hin und Her stöhnte die Staatsanwältin: „Wir drehen uns im Kreis. Das mit den Schmerzen hätte man in der JVA schon längst behandeln lassen können.“ Das Gericht zog sich zur Beratung zurück – und beendete gegen 15.30 Uhr den Verhandlungstag. . Der Zeuge, aus dem Zeugenschutzprogramm, betrat übrigens nie den Saal am Dienstag.