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Im SenftöpfchenLucy van Kuhl mit „Auf den zweiten Blick“

Lesezeit 3 Minuten
Lucy van Kuhl vor einem grünen Hintergrund, die Hand in den Haaren.

Lucy van Kuhl kommt ins Senftöpfchen Theater.

Die gebürtige Kölnerin und Musik-Kabarettistin Lucy van Kuhl stellt am Freitag ihr viertes Programm „Auf den zweiten Blick“ im Senftöpfchen Theater vor. Zeitgleich erscheint ihr viertes Album. 

Perspektivwechsel findet sie wichtig: „Den Blick aus einer anderen Ecke“. Was viel mit der eigenen Position zu tun hat, „die man ab und zu hinterfragen sollte. Manchmal ist es nötig, aus der Komfortzone auszubrechen, Neues zu wagen.“ Wie gut das funktionieren kann, dafür ist Lucy van Kuhl alias Corinna Fuhrmann selbst das beste Beispiel.

Innerhalb von sieben Jahren wurde aus der klassisch ausgebildeten Pianistin, die nie einen Ton gesungen hatte, eine überaus erfolgreiche Musik-Kabarettistin mit eigenen Chansons. Freitag stellt sie ihr viertes Programm „Auf den zweiten Blick“ im Senftöpfchen Theater vor. Für die gebürtige Kölnerin eine Doppel-Premiere, am selben Tag erscheint ihr viertes Album. Die elf Stücke darauf bilden die musikalisch-poetische Basis: „Ich finde es wichtig, dass es einen roten Faden gibt.“ Ging es beim letzten Programm um Liebe, so stehen diesmal Gewohnheiten, gewohntes und die Abkehr davon im Mittelpunkt.

„Wenn man, so wie ich, Ende 30 ist, sind viele Dinge nicht mehr ganz so selbstverständlich wie früher. Man spürt mehr Verantwortung für das, was man tut.“
Lucy van Kuhl

Da begegnet man „Deutschen im Urlaub“ wie Uschi und Jürgen, die, egal wo sie sind, meckern müssen: „Nä! Ihr habt kein Kölsch? Nur die Plörre San Miguel?“ Der Rentnerin Frau Schmidt vom Prenzlauer Berg, „die immer schon da war“, aber eines Tages verschwunden ist. Oder einer Frau, die sich statt des täglichen Einerleis zwischen Esstisch und Sofa wünscht: „Ich will dich (mal wieder vermissen).“ Anders leben? Für Paul, der sich Rollenklischees verweigert, lieber „Prinzessin sein“ will, im Märchenschloss mit Ponyhof im Erdgeschoss, als zu raufen.

Auch um Jugend- und Schönheitswahn geht es, um Frauen wie Tina, die davon träumt, immer 30 zu sein. Was in diesem Fall – eine typisch perfide Lucy van Kuhl-Idee – vom lieben Gott erhört wird und sich zum Fluch auswächst. Der zweite Blick geht auch in Richtung einer Lebenszeit, die abnimmt: „Ich bin von alten Menschen umgeben, meine Eltern sind sehr alt, die Menschen, die sie kennen, sind auch alle alt. Das ist eine Welt, die ich kenne. Und wenn man, so wie ich, Ende 30 ist, sind viele Dinge nicht mehr ganz so selbstverständlich wie früher. Man spürt mehr Verantwortung für das, was man tut.“

Musikalisch sind von der Piano-Ballade über munteren Boogie-Woogie und einen Querverweis zur Marseillaise bis hin zu südamerikanischen Klängen, Klezmer- oder Volksmusik-Anleihen keine Grenzen gesetzt. Beim letzten Stück betritt Lucy van Kuhl aber gänzlich neues Terrain: „Hier auf dieser Bühne, hier bei euch im Saal, rappe ich zum allerersten Mal.“

Jede Wette, dass auch das Publikum im Senftöpfchen das cool findet? So wie Eberhardt und Gerda, die im Song mit den Enkelkindern Bushido rappen.

Lucy van Kuhl mit Lorenzo Riessler (Schlagzeug) und Nenad Uskokovoć (Cello): Auf den zweiten Blick, Freitag, 18.11, 20.15 Uhr, Senftöpfchen Theater, Große Neugasse 2-4.

Tickets: (0221) 258 10 58. Am Freitag erscheint auch das Album „Auf den zweiten Blick“, Sturm & Klang (Alive).