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Kein Käufer in SichtFrüherem Postamt in Kölns Innenstadt droht jahrelanger Verfall

Lesezeit 4 Minuten
Das frühere Postamt an der Nord-Süd-Fahrt ist eine Dauer-Baustelle in der Innenstadt.

Das frühere Postamt an der Nord-Süd-Fahrt ist eine Dauer-Baustelle in der Innenstadt.

Vier Jahre dauert der Umbau des früheren Postamts schon, zwei davon herrscht Stillstand auf der Baustelle. Für Fußgänger gibt es indessen eine gute Nachricht.

Die Zukunft eines der größten innerstädtischen Bauvorhaben wird zunehmend düster. Das frühere Postamt an der Nord-Süd-Fahrt, an dem täglich Tausende vorbeifahren, sollte ein architektonischer Höhepunkt im Zentrum mit Wohnungen und Gewerbeflächen werden. Doch augenscheinlich steht der Bau seit mehr als zwei Jahren still. Nun werfen Nachrichten einer internationalen Razzia bei der Adler Group – unter anderem bei einer Kanzlei in Köln – weiteren Schatten auf das Projekt.

Die Tatsache, dass der Bau nicht vorankommt, betrifft die Kölnerinnen und Kölner dabei nur indirekt. Das Problem für viele Bürger ist jedoch, dass der Fußweg entlang der Ursulastraße seit dem Baustart im Jahr 2018 gesperrt ist. Immer wieder kommt es vor, dass Fußgänger sich auf die viel befahrene Nord-Süd-Fahrt verirren und den schnellen Autos auf der Fahrbahn entgegen kommen.

Mehrfach fragte die Rundschau im Frühjahr bei der Stadt nach, warum der Gehweg gesperrt bleibt, obwohl die Arbeiten ruhen. Die Stadt hatte anfangs erklärt: „Durch die begonnenen Arbeiten ist das Gebäude und die angrenzenden Gehwege auch vor möglichen herabfallenden Teilen zu sichern.“ Warum dies auch bei einem Baustopp gelten sollte, ließ sie unbeantwortet. Zwischenzeitlich hieß es, es handele sich um einen Privatweg. Auf erneute Nachfrage machte die Verwaltung nun eine Kehrtwende und erklärte am Freitag: „Der Gehweg wird im Laufe der kommenden Woche wieder freigegeben.“ Der Gehweg sei öffentliches Straßenland, der Bauherr habe lediglich ein Sondernutzungsrecht.

Eine Baugenehmigung regelt nur den neu zu schaffenden Endzustand
Stadt Köln

Die Historie an Bauherren für das Projekt könnte einer der Gründe dafür sein, dass das einstige Prestigeprojekt nun wie eine verlassene Bauruine wirkt. Denn ursprünglich war das Projekt, für das die Stadt 2018 die Baugenehmigung erteilte, Teil des sogenannten Vertical Village-Konzepts der CG Gruppe von Unternehmer Christoph Gröner. Zwei Jahre später firmierte die Gesellschaft 2020 in die Consus Real Estate AG, die noch im gleichen Jahr in der Adler Group aufging. Und eben dieser Luxemburger Immobilienkonzern – genauer die Tochterfirma Adler Real Estate – steht nun im Fadenkreuz internationaler Ermittler. Laut einschlägigen Medienberichten geht es um den Verdacht der Falschbilanzierung und Marktmanipulation. Es bestehe der Verdacht, dass die Beschuldigten im Zeitraum 2018 bis 2020 mit Scheingeschäften die Preise für Projekte in die Höhe getrieben hätten.

Vor diesem Hintergrund wirkt es, als wenn die Hoffnung für die Bauruine, die Ende des vergangenen Jahres aufkam, im Keim erstickt. Wie die Rundschau berichtete, setzte die Adler Group das frühere Postverteilzentrum – im Erdgeschoss befindet sich mittlerweile wieder ein innerstädtisches Verteilzentrum der Post – im Dezember auf die Verkaufsliste. Bis heute hat sich jedoch kein Käufer gefunden, dass bestätigte eine Sprecherin der Adler Group.

Preis wird nicht kommuniziert

Welche Summe ein Investor für das Projekt aufbringen müsste, verrät Adler nicht. Die Sprecherin verwies auf eine aktuelle Präsentation im Internet. Dort ist „CologneApart“, eins von 16 Projekten auf einer Liste von Vorhaben, die insgesamt 1,407 Milliarden Euro kosten sollen, für die aber keine Angebote eingegangen seien. Aus Branchenkreisen ist ein Preis von rund 60 Millionen Euro zu vernehmen. Experten schätzen den Wert der Immobilie aber eher auf rund 35 Millionen Euro. Möglicherweise sind dort Kosten eingerechnet, die weiterhin trotz des Stillstands anfallen. So kostet allein einer der beiden Turmdrehkrane monatlich einen fünfstelligen Betrag.

Eine Anfrage bei der Stadt ergab lediglich, dass der Verwaltung sozusagen die Hände gebunden sind. Nach der erteilten Baugenehmigung und dem erfolgten Baustart kann die Kommune den Bauherrn nicht dazu zwingen, das Projekt fertigzustellen. „Eine Baugenehmigung regelt nur den neu zu schaffenden Endzustand“, so ein Sprecher. Es gibt nur eine Option: Die Verwaltung könnte das Projekt selbst von Consus/Adler erwerben und fortsetzen. Allerdings mangelt es der Gebäudewirtschaft bekanntlich an Personal, so dass ein zusätzlicher Unternehmer beauftragt werden müsste. Das ist teuer und kann dauern. Angesichts der Umstände droht das 11 000 Quadratmeter große Areal jahrelang still zu stehen und zu verfallen.