Der Kölner Eigelstein trauert um Michelangelo Petrarca, den beliebten Wirt der Pizzeria „San Remo“.
„Michele“ ist totTrauer um Kult-Gastronom vom Kölner Eigelstein

Michelangelo Petrarca hielt Hof im Restaurant „San Remo“.
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Der Eigelstein trauert um ihren Kult-Italiener von der Weidengasse: „Michele“, wie er im Viertel genannt wird, ist verstorben. Dies teilte seine Familie mit. „Wir müssen leider Abschied nehmen“, heißt es weiter. „Michele“sei „friedlich eingeschlafen“. Eigentlich sollte in diesen Tagen der 50. Geburtstag seiner geliebten Pizzeria „San Remo“ gefeiert werden. Doch angesichts seines schlechten gesundheitlichen Zustandes wurde davon abgesehen.
Kult-Wirt Michelangelo Petrarca von der Weidengasse
Michelangelo Petrarca wurde 1945 in Avellino im Süden Italiens als eines von sieben Kindern geboren. Mit Anfang 20 folgte er zweien seiner Brüder nach Köln. 1975 übernahm er eine Eisdiele im Eigelstein und machte aus ihr ein Kultlokal: Das San Remo auf der Weidengasse. Die Pizzeria ist weit über das Viertel hinaus bekannt, nicht nur wegen des Essens, sondern auch wegen ihres 50er-Jahre-Charmes, dem musealen Wandschmuck und der geschwungenen Freitreppe. Heute führt Sohn Pino hier Regie, während „Michele“ auf seinem Stammplatz neben der Theke Hof hielt. Michelangelo Petrarca wohnte mit seiner deutschen Frau im Eigelstein, wo sonst. „Köln ist für mich das Eigelsteinviertel. Das ist meine Heimat, woanders kriege ich keine Luft. In bin ich hier fast nie rausgekommen, außer mal eine Weile nach Kalk. Aber die Schäl Sick ist nichts für mich“, sagte der Wirt einst in einem Interview mit der „Kölnischen Rundschau“. Über das „San Remo“ ranken sich derweil viele Geschichten. „Michele“ erzählte, dass zur Anfangszeit die Mafia in der Eisdiele aktiv war. Der Laden, den er später übernahm, sei nur eine Tarnung gewesen. „Offiziell war das eine Eisdiele. Unten wurden Hörnchen gefüllt, aber eigentlich nur zur Tarnung. Denn oben wurde Karten gespielt. Der Laden gehörte der Mafia“, sagte Petrarca. Anfang der 80er hätte es sogar eine Schießerei am Eingang gegeben. „Hier im Eigelstein trieben sich zum Beispiel viele italienische Autoschmuggler herum, in dem Geschäft gab es auch Tote“, hieß es weiter.
Lokal gehört fest zum Kölner Eigelstein
Später wurde aus der Eisdiele ein beliebtes Lokal, dass nicht mehr aus dem Eigelstein-Viertel wegzudenken war. Promis gingen in dem besonderen Laden ein und aus. Bilder von Alfred Biolek hängen noch immer an der Wand in dem Restaurant. Besonders die schlichte und schmackhafte Carbonara war bei vielen Kunden beliebt. Gerne erzählen Stammgäste auch von einer ausschweifenden Party nach dem Sieg der Italiener nach einem Fußball-Länderspiel. Die Stimmung soll so ausgelassen gewesen sein, dass Polizisten auf dem Hansaring mit Nudeln beworfen wurden.
Köln ist für mich das Eigelsteinviertel. Das ist meine Heimat, woanders kriege ich keine Luft. In bin hier fast nie rausgekommen.
Auch über die richtige Herstellung des Pizzateiges gab es vom Boss eine klare Meinung: Das gehe nur mit Liebe. „Ich hatte hier Pizzabäcker, die kriegten es einfach nicht hin. Wenn ich denselben Teig knete wie die, wird er bei mir besser als bei denen. Das ist die Liebe, das kann man nicht erklären“, erklärte er. In den vergangenen Monaten war es dann ruhig geworden um den Kult-Wirt. „Michele“ war gesundheitlich schwer erkrankt, wie seine Familie mitteilte. Oft war der Wirt in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr auf den Straßen am Eigelstein zu sehen, besonders in der Corona-Zeit blieb der Chef aus Sorge vor einer Ansteckung daheim.
Nach dem Tod des Patrons wird der Familie viel Anteilnahme zugesprochen. „Mein tiefes Beileid. Was für ein Verlust“, schreibt eine Frau. „Ein Urgestein der Weidengasse. Er wird fehlen, aber nie vergessen sein“, heißt es weiter auf der Facebook-Seite der Pizzeria. „Michele war ein super Typ, an den ich immer wieder gerne denken werde“, schreibt ein Gast.